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Windenergie Rheinland-Pfalz/Hessen

Grünen-Landesministerin erneuert Forderung nach regionalisierten Ausschreibungen

Höfken sagte beim Energietag der Transferstelle Bingen: „Wir brauchen umgehend eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG: Bei der Windenergie muss die Regionalisierungskomponente eingeführt werden, damit südliche Bundesländer im Ausschreibungsverfahren nicht das Schlusslicht bilden. Zudem ist eine deutliche Erhöhung des Ausbauvolumens für die regenerative Stromerzeugung notwendig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.“ Der Bund müsse nun dringend seine Hausaufgaben erledigen, deutete die Ministerin mit dem Grünen-Parteibuch ihre Ungeduld mit den Verhandlungen über die nächsten Schritte der Energiewende innerhalb der großen Regierungskoalition aus SPD und CDU/CSU im Bund an. Die TSB ist ein an der Hochschule Bingen angesiedeltes Zentrum für das Setzen von Impulsen zur Energiewende für Wissenschaft, Gewerbe und Industrie, Kommunen und öffentliche Einrichtungen. Ihr Energietag ist eine Traditionsveranstaltung für den Wandel in der Energieversorgung, die nun zum 21. Mal tagte.

Die schwarz-rote Koalition in Berlin hatte in ihrem Koalitionsvertrag vom März das Ziel festgehalten, mit Sonderausschreibungen für Windenergie und Photovoltaik jeweils für 4.000 Megawatt (MW) an zusätzlicher Erzeugungskapazität neue Vergütungsrechte auszuschreiben. Dies soll die ab 2019 sonst erwarteten Einbrüche im Ausbaugeschäft der Windkraft ausgleichen.

Der Hintergrund: Das 2017 eingeführte EEG-Ausschreibungssystem sieht für Windkraft und Photovoltaik jeweils jährliche Ausschreibungen für Volumen von 2.800 MW und 2.000 MW vor. Die Ausschreibungen erhöhten Wettbewerb und Unsicherheit in der Projektierung bisher allerdings viel stärker als erwartet. Grund ist nicht nur, dass in den Auktionen von Vergütungstiteln für eine 20-jährige Laufzeit nur diejenigen Projektierer einen Zuschlag erhalten, die am wenigsten für die von ihren geplanten Windparks einmal eingespeiste Kilowattstunde (kWh) verlangen und sich somit prinzipiell zu unterbieten versuchen. Zusätzlich hatte eine unklare Regelung zur Förderung von Bürgerwindparks noch im gesamten ersten Jahr 2017 die Windbranche verunsichert. Denn diese Bürgerwindregel hatte dazu geführt, dass teils mit Kniffen zu Bürgerwindparkgesellschaften designte Projektträger herkömmliche Projekte zu Billigstpreisen ins Ziel brachten. Die dahinter stehenden professionellen Projektierungsunternehmen drückten mit ihren Geboten allerdings die kWh-Preise für Netzanschlüsse in den kommenden zwei Jahren in nicht rentable Bereiche. Erst in der Erwartung auf künftige Windturbinentypen mit noch größeren Rotoren in fünf Jahren lassen sich diese Bürgerprojekte als wirtschaftlich kalkulieren. Süddeutsche Projekte kamen dabei aufgrund ihrer höheren logistischen Kosten und der geringeren zu erwartenden Einnahmen im gesamten vergangenen Jahr fast gar nicht zum Zuge. Auf Baden-Württemberg war kein einziger Zuschlag für Windturbine gefallen, in Bayern waren es kaum mehr als eine Handvoll Zuschläge. Auch für das starke Windenergieausbauland Rheinland-Pfalz ließen sich nur noch wenige Zuschläge bilanzieren.

Die Forderung nach einer Regionalisierungskomponente ist indes nicht neu. Schon 2015 hatten mehrere Bundesländer einen Entschließungsantrag im Bundesrat für eine solche Komponente in den Ausschreibungsregeln formuliert und beschließen lassen. Sie sollte dem in der Gesetzgebung befindlichen Auktionssystem eine Mindestmenge von Vergütungstiteln in Süddeutschland sichern. Die vom Bundesrat unterstützte Komponente sah vor, dass für die Nordhälfte und für die Südhälfte eine Mindestmenge an Projektierungsvolumen zugesichert werden sollte. Darüber hinaus sollten weitere Erzeugungsvolumen außerdem auch noch unabhängig vom Standort der Anlage vergeben werden, um den Wettbewerb der regionalen Gebiete in Deutschland um die Windkraft aufrecht zu erhalten. Allerdings hatten die EEG-Reformierer der damaligen Vorgänger-Großen-Koalition den Bundesrats-Antrag nicht berücksichtigt. 2017 hatten aber sowohl Baden-Württemberg als auch Rheinland-Pfalz ihre Forderungen nach einer Regionalisierungskomponente erneuert.

Fast zeitgleich hatten die Landesverbände des Bundesverbands Windenergie (BWE) für Rheinland-Pfalz und Hessen auf einem gemeinsamen Branchentag neue Forderungen für eine Absicherung des weiteren Windparkausbaus in beiden Bundesländern erhoben. An die Bundesregierung sowie an beide Landesregierungen gerichtet betonte BWE-Hessen-Landespräsident Joachim Wierlemann am Mittwoch auf dem Branchentag: „Wir brauchen jetzt in erster Linie Kontinuität. … Das Land Hessen und die Bundesrepublik müssen jetzt neue Vorrangflächen und höhere Ausschreibungsmengen zur Verfügung stellen.“ Die BWE-Landespräsidentin Sandra Hook forderte vor allem an die Adresse der Landesregierung in Mainz gerichtet – im Hinblick auf das 2017 von dieser erneuerte Landesentwicklungsprogramm: „Rheinland-Pfalz muss zu seiner alten Stärke zurückfinden. Mit dem Ausschluss großer Flächen durch pauschale Abstände und zusätzliche Schutzgebiete, können wir keinen nennenswerten Zubau sichern.“ Beide Länder, Hessen und Rheinland-Pfalz hatten allerdings bei den Anschlüssen von Windparks ans Netz im ersten Halbjahr 2018 im Bundesvergleich noch überdurchschnittlich gut abgeschnitten.

Der neue Landesentwicklungsplan hatte die Mindestabstände für neue Windparkprojekte zu Siedlungen auf 1.000 Meter Abstand erhöht. Außerdem hatte die Landesregierung damit neue Ausschlussgebiete für Windparks definiert. Dadurch sind laut BWE statt wie bisher 1.365 Gemeinden nur noch 876 Kommunen in der Lage, Windvorrangflächen für neue Vorhaben auszuweisen.

Zu dieser Forderung ließ Höfken keine weiteren Aussagen vom Donnerstag auf dem rheinland-pfälzischen Energietag der Transferstelle Bingen verbreiten. Der hessische Energie-Minister Tarik Al-Wazir erklärte auf dem Windbranchentag für Hessen und Rheinland-Pfalz derweil, dass auch er gerne eine Regionalisierungskomponente in den Ausschreibungen unterstützen möchte:  „Wir kommen … bei der Energiewende im Rekordtempo voran. Damit das so weitergeht, muss die Bundesregierung beim EEG dringend nachsteuern. Denn sonst wird der Ausbau nur noch an der Küste stattfinden.“

(Tilman Weber)