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Auf ein Wort: Koalitionsvertrag

Windparks: Ampel auf Grün, doch die Straße ist voller Löcher

Auch im neuen Bundestag sind Juristen wieder überdurchschnittlich stark vertreten. Dennoch finden die unzähligen Windenergie-Altverfahren, die bei Gerichten und Behörden anhängig sind, im Koalitionsvertrag keinerlei Erwähnung. Wenn die Verfahren im Sinne des Windkraft-Ausbaus gelöst würden, könnte der Klimaschutz in kürzester Zeit einen gewaltigen Sprung nach vorne machen: die dort „schlummernde“ Leistung liegt im Bereich von mehreren tausend Megawatt und wäre – da die Verfahren weit fortgeschritten sind – auch sehr schnell verfügbar. Vermutlich ist den neuen Regierenden und ihren Zuträgerinnen und Zuträgern das Problem auch nicht bewusst.

Neue Gesetze rückwirkend anwenden

Um die schlummernde Leistung zu wecken, müssten die kommenden legislativen Änderungen in ihrem Anwendungsbereich (sachlich und zeitlich) für begonnene nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren (es sind vornehmlich immissionsrechtliche Genehmigungsverfahren) vorschreiben, dass die begünstigenden Vorschriften zugunsten des Antragsstellers rückwirkend ab Antragseinreichung gelten. Etwaig zu stellende Anträge von Gesetzes wegen als gestellt gelten (gesetzliche Fiktion) und Verwaltungsverfahren, die schon mindestens ein Jahr andauern, spätestens innerhalb von sechs Monaten entschieden werden müssen. Bei einer ablehnenden Entscheidung müsste die Genehmigungsbehörde eigenständig begründen, warum das Vorhaben nicht mittels Nebenbestimmungen genehmigungsfähig ist.

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Gerade für die Standorte, deren Planung vor vielen Jahren mit Anlagen erfolgte, die schon lange nicht mehr Stand-der-Technik sind, wäre es wünschenswert, wenn der Typenwechsel auf einen neueren WEA-Typ ermöglicht würde. Das würde zwar nicht die Zahl der installiert Anlagen erhöhen, wohl aber den Stromertrag weit überproportional steigern.

Fällt das EEG bis 2030 weg?

Wenn der Kohleausstieg wie „idealerweise“ geplant bis 2030 gelingt, dann müssen sich die Projektierungs-Unternehmen auf eine Beendigung der festen Vergütung für Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030 einstellen.

Dennoch: Auch wenn sich der Blick jetzt auf die Konkretisierungs-Lücken richtet, geht der Koalitionsvertrag in die richtige Richtung und trägt deutlich die Stempel Energiewende und Klimaneutralität. Gut ist, dass der erwartete Bruttostrombedarf für 2030 auf 680-750 TWh hochgeschraubt wurde und zu 80 % aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden soll. Die Ampel-Parteien stärken damit den Ausbau von Wind- und Solarenergie.

Viele gute Vorsätze im Ampel-Vertrag

Dazu sollen Dachflächen für Solarenergie bei gewerblichen Neubauten verpflichtend, bei privaten Neubauten im Regelfall genutzt werden. Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV soll gestärkt werden, um das Ziel von insgesamt 200 GW Photovoltaik bis 2030 zu erreichen. Für die Windenergie sollen zwei Prozent der Landesfläche ausgewiesen werden. Repowering-Vorhaben sollen ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sein und der Konflikt zwischen Windenergieausbau und Artenschutz durch „innovative technische Vermeidungsmaßnahmen“ entschärft werden. Die Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren sollen kurzfristig reduziert werden. Bei der Ausweisung von Tiefflugkorridoren soll der Windenergieausbau verstärkt berücksichtigt werden.

Die neue Bundesregierung will zudem dafür sorgen, dass Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-Solaranlagen finanziell angemessen profitieren, dies soll auch bei Bestandsanlagen möglich sein. Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis soll beendet und ab 2023 in den Haushalt übernommen werden.

Alle Praktikerinnen und Praktiker der Energiewende wissen, wie sehr es dabei auf die Umsetzungsdetails ankommt. Gerade in den Bundesländern – ob Baden-Württemberg oder Sachsen – klaffen Regierungsanspruch um Umsetzung oft viel zu weit auseinander. Die Koalitionäre müssen liefern. Denn die Branche steht schon in den Startlöchern.

Autor: Martin Maslaton, www.maslaton.de

Der Autor unserer Kolumne „Auf ein Wort“, Martin Maslaton, ist Rechtsexperte für erneuerbare Energien. 

Maslaton

Der Autor unserer Kolumne „Auf ein Wort“, Martin Maslaton, ist Rechtsexperte für erneuerbare Energien.