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Erleuchtung inbegriffen

Nicole Weinhold

Der Beginn der Pflicht für eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung (BNK) wurde dreimal vertagt. Nun sollen bis Ende 2023 alle Bestandsturbinen umgerüstet sein, sodass ab 2024 ein nächtliches Blinken nur noch dann zu sehen sein wird, wenn sich ein Flugzeug oder Hubschrauber einem Windpark nähert. Wer seine Anlagen bis dahin nicht umgerüstet hat, muss hohe Strafen zahlen: Zwei Euro pro Kilowatt und Monat werden dann fällig. Das macht immerhin 4.000 Euro pro Monat an Strafgeldern für eine Zwei-Megawatt-Anlage. Jetzt wird es also ernst. Die Frage ist: Gelingt es Herstellern und Betreibern, rechtzeitig umzurüsten, oder kommt es erneut zu einer Verschiebung des Starttermins?

Thomas Herrholz, CEO von Dark Sky, gibt sich noch ansatzweise optimistisch: „Wir haben bislang noch offene Kapazitäten bis Ende 2023.“ Für größere Anbieter könne es aber eine Herausforderung sein, alle Projekte zeitgerecht abzuschließen, insbesondere auch mit Blick auf die notwendigen Zustimmungen der Luftfahrtbehörden und bei sehr komplexen Projekten.

„Eine Herausforderung ist, dass wir Personal brauchen, das die Systeme installiert.“

Christian Hammer, CTO Lanthan Safe Sky

Mit einem sogenannten Passiv-Radar von Parasol sind bisher etwa 350 Windenergieanlagen an 15 Passiv-Radar-Standorten ausgerüstet. Marvin Friedrichsen, COO und Co-Owner von Parasol: „Ich sehe eine Fristverschiebung mit gewissen Rahmenbedingungen als sinnvoll und notwendig an. Wir befinden uns mit dem Bundesverband Windenergie in enger Abstimmung zu diesem Prozess und werden einen guten Vorschlag unterbreiten.“ Jonas Lesch, Projektleiter BNK bei WPD Windmanager, erklärte noch im November, dass sie zwar über 200 Anlagen technisch bereits vollständig ausgerüstet hätten, aber bislang nicht alle erforderlichen Genehmigungen zum „Dunkelschalten“ vorlägen. Zudem müssten viele weitere Anlagen umgerüstet werden.

Christian Hammer, CTO von Lanthan Safe Sky, sagt, die BNK-Anbieter müssten sich den Herausforderungen stellen. Dazu gehöre es auch immer wieder, die Bevölkerung und die Behörden abzuholen. „Eine weitere Herausforderung ist dabei, dass wir Personal brauchen, das die Systeme installiert.“

Einen anderen Engpass beschreibt Yannic Micke, Key Account Manager Wind Germany bei Weidmüller. Das Jahr 2022 war geprägt von Lieferkettenproblemen. Lanthan Safe Sky liefert die Kerntechnologie, also die Verkehrsdetektion. Weidmüller ergänzt das um Industrialisierung und Verbindungstechnologie. Micke spricht von „Fertigungsleuten, die wegen Corona wegfallen“. Das habe eine Rolle gespielt. „Wir hatten das Thema mit dem Suezkanal. Wir hatten die Flutkatastrophe im Ahrtal, wo einer der wichtigsten Lieferanten von uns sitzt.“ Der sei von heute auf morgen weggefallen. Dann habe es noch eine Cyberattacke gegeben, die Weidmüller für kurze Zeit stillgelegt hat. Die Ursachen für Verzögerungen in der Lieferkette sind also zahlreich.

„Wenn BNK in andere Länder kommt: Ist es sinnvoll, alte Anlagen nachzurüsten?“

Petrit Vuthi, Innovationsmanager, CC4E

Behörden als Bottleneck

Ein weiterer Flaschenhals sind nach wie vor die Behörden. Christian Hammer erklärt, die Luftfahrt habe eine ganz andere Denke: „Wir mussten lernen, damit umzugehen. Bei der Erstellung von Unterlagen hätte die Luftfahrt stärker einbezogen werden sollen.“ Jeder BNK-Anbieter komme mit individuellen Inhalten. „Das führt dazu, dass die Behörden, auch wenn sie willig sind, mit einer schwierigen Situation konfrontiert sind.“

Jonas Lesch gibt zu bedenken, dass der bürokratische Aufwand enorm hoch ist. Der Gesetzgeber hat eine BNK-Pflicht erlassen, ohne die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Anfangs sei versucht worden, die Behörden einzubeziehen. „Aber dadurch dass die Landesluftfahrtbehörden föderal organisiert sind, gibt es kein einheitliches Vorgehen. Das sorgt für viele Unklarheiten, die teilweise noch immer bestehen und sich erst nach und nach abbauen.“ Lanthan-CTO Hammer sagt, zusammen mit der Baumusterprüfstelle habe seine Firma einen Mechanismus gefunden, der zu kurzen Durchlaufzeiten führt. Dadurch habe Lanthan schon 500 Windturbinen dunkel. „Die Zeit zwischen Installation und genehmigter Aktivierung des BNK-Systems ist schon für mein Dafürhalten sehr kurz.“

Petrit Vuthi, Innovationsmanager am Competence Center für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW, hat das Thema Akzeptanz am Forschungsprojekt X Radar untersucht. Das Forschungsprojekt hat in verschiedenen Projektgebieten Anwohner befragt und insgesamt viel Zustimmung für BNK erhalten. Den meisten Befragten war das Thema allerdings völlig fremd. Nachvollziehbar auch: Die Menschen in der Stadt empfanden das Blinken als nicht so störend wie die auf dem Land. Fest steht aber, dass BNK ein Akzeptanzvorteil ist. So erklärt Lesch, WPD werde BNK freiwillig umsetzen. Hammer berichtet zudem von großem Interesse in Ländern, wo es keine Pflicht gebe: „Ein erster Windpark in den Niederlanden hat bereits vergangenes Jahr BNK freiwillig umgesetzt.“

Vuthi fragt in dem Zusammenhang: „Wenn BNK in anderen Ländern kommt: Ist es sinnvoll, alte Anlagen nachzurüsten, oder sollte man lieber seine Kapazitäten darauf konzentrieren, neue Anlagen auszustatten, in denen die entsprechenden Schnittstellen schon vorhanden sind?“ So lasse es sich vermeiden, wie in Deutschland die Einführung immer wieder nach hinten zu verschieben.

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