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Raus aus dem Nachfragetief

Mit dem EEG 2021 hat die Politik einen detaillierten Plan für den Ausbau der Windenergie an Land bis 2030 festgelegt. Dies sollte, so die Absicht, der Branche nach Jahren niedriger Zubauzahlen wieder mehr Planungssicherheit geben. Allerdings zeichnete sich schnell ab, dass die vorgesehenen Ausschreibungsmengen trotz einem gewissen Aufschwung bei den Neugenehmigungen nicht ausreichen, um die gesetzten Ausbauziele zu erreichen. Und so wurde das EEG 2021 bereits im April überarbeitet. Kommt nun also genug Kapazitätszubau zusammen?

EEG 2021: Gesetzgeber reagiert zwei Mal

Mit dem EEG 2021 reagierte der Gesetzgeber erstmalig auf die seit 2018 quasi durchgehende Unterdeckung der Ausschreibungen. So sieht das Gesetz vor, dass bei einer erwarteten Unterdeckung der bevorstehenden Auktionsrunde eine Kürzung des Auktionsvolumens durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) vorgenommen wird. Dies soll dazu führen, dass Unterdeckungen perspektivisch verhindert und Wettbewerb gefördert werden.

Demgegenüber steht die übergeordnete Zielsetzung des Erneuerbare-Energien-Ausbaus, für die ein stärkerer Zubau von Onshore-Wind nahezu alternativlos ist. Dies spiegelt sich auch in der EEG-Novelle aus dem April 2021: Nur vier Monate nach Inkrafttreten des EEG 2021 wurde beschlossen, dass im kommenden Jahr 1.100 Megawatt (MW) zusätzlich ausgeschrieben werden sollen und gekürzte, also nicht bezuschlagte Volumen bereits ein Jahr später (zuvor erst drei Jahre später) erneut in einem vierten Auktionstermin jeweils im Dezember ausgeschrieben werden.

Dabei müsste jedoch vor allem die Angebotsseite adressiert werden, um die höheren Erneuerbare-Energien-Ziele für 2030 überhaupt erfüllen zu können. Also ist es notwendig, die Anzahl an Neugenehmigungen nachhaltig zu erhöhen. Und hierzu gab es zuletzt zumindest positiv stimmende Marktdaten.

Kurzfristiger Genehmigungsaufschwung

Eine Auswertung der monatlichen Neugenehmigungsmengen aus dem Marktstammdatenregister zeigt tatsächlich für 2020 und 2021 eine merkliche Verbesserung der Situation. Dies resultiert hauptsächlich aus der Neugenehmigung der Regionalpläne in Schleswig-Holstein, sowie in einigen größeren Regionen Niedersachsens. Die Grafik (oben) zeigt die monatlichen Neugenehmigungsmengen für die vergangenen drei Jahre. Es ist klar zu erkennen, dass die Neugenehmigungen monatlich stark variieren, jedoch einem Aufwärtstrend folgen. So sticht beispielsweise der März 2021 mit über 800 MW neu genehmigter Leistung positiv heraus. Die gestrichelten Linien zeigen aber den Anstieg im Jahresdurchschnitt: Wurden 2019 im Mittel nur rund 155 MW neue Windleistung pro Monat genehmigt, waren es 2020 rund 260 MW und 2021 von Januar bis Mai immerhin 285 MW.

Durch neu verfügbare Regionalpläne mit Vorranggebieten und eine bessere Rechtsgrundlage wurde somit die genehmigte Windkapazität deutlich erhöht. Doch reicht dies auch für die Deckung der kommenden Ausschreibungsrunden aus – oder ist es nur ein kurzes Strohfeuer?

Rückschlüsse aus der Mai-Auktion

Rückschlüsse auf diese Frage lassen die Ausschreibungsergebnisse vom 1. Mai 2021 zu: Die Auktionsrunde wurde als erste Runde durch die BNetzA nach der neuen Regelung des EEG aufgrund einer zu erwartenden Unterdeckung von 1.500 MW auf 1.243 MW gekürzt. Trotzdem wurden letztlich nur 1.110 MW bezuschlagt, zusätzliche 51 MW wurden aufgrund von Formfehlern ausgeschlossen. Trotz Kürzung kam somit eine Unterdeckung zustande. Zwei Dinge sind erwähnenswert: Erstens nahmen an der Mai-Auktion rund 120 MW an bereits verfallenen, weil 2018 schon einmal erteilten und danach nicht eingelösten Zuschlägen teil. Diese Projekte stellen somit für die Erreichung der Klimaschutzziele bilanziell keine neuen Leistungen dar. Zweitens haben von den 1.215 MW neu genehmigten Projekten seit dem letzten Gebotstermin am 1. Februar 2021 nur rund 900 MW an der Mai-Auktion teilgenommen. So hat also aus dem Topf der teilnahmeberechtigten Projekte mit bereits erteilten Genehmigungen ein Anteil von rund 25 Prozent die Mai-Auktion nicht genutzt. Mögliche Gründe hierfür sind mutmaßlich offene Klageverfahren, die eine Umsetzung der Genehmigung in Gebote verzögern.

Durch die erneute Unterdeckung der Mai-Runde und die immer noch überschaubaren Neugenehmigungsmengen, ist nach aktuellem Stand davon auszugehen, dass die Auktionsrunde zum 1. September von der BNetzA wieder gekürzt wird. Gibt es also aus dem Zwiespalt zwischen der Schaffung von Wettbewerb in den Auktionen durch Reduzierung der Ausschreibungsmengen und der notwendigen Erhöhung der Ausbauziele überhaupt einen Ausweg?

Drei Stellschrauben bieten sich an

Eine Lösung kann hier nicht allein im Ausschreibungsdesign liegen, sondern muss die Angebotsseite in den Blick nehmen. Als entscheidende Stellschraube ist die weitere (rechtssichere) Ausweitung von Vorranggebieten in den Regionalplänen zu nennen. In einigen Regionen zeichnen sich bereits gute Entwicklungen ab.

Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Bereitschaft der Bundesregierung, eine Förderung für die Umrüstung von Drehfunkfeuern für die Flugsicherung zu gewähren – auch wenn der erwartete Effekt mit rund 700 MW im Hinblick auf die Gesamtziele überschaubar ist, zumal weiterhin pauschale Abstände von 15 Kilometer zu diesen Anlagen für Windparks gelten sollen. Abstände von 5 bis 10 Kilometer sind im europäischen Ausland bereits heute Standard.

Weitere Bewegung ist im Bereich Repowering notwendig, um eine möglichst große Anzahl an alten Windenergieanlagen mit neuen Anlagen ersetzen zu können und einen Netto-Rückbau zu vermeiden. Hier gilt leider immer noch: Ein Repoweringprojekt ist genehmigungsseitig meist schwieriger umzusetzen als eines auf der grünen Wiese.

Fazit und Ausblick

Zusammengefasst: In den von Enervis im Detail erfassten Daten zu laufenden Genehmigungsverfahren ist in den letzten Monaten durchaus ein positiver Trend zu verzeichnen. Es zeigt sich, dass die Genehmigungs-Pipeline für die kommenden Jahre wieder anwächst.

Doch auch diese erwarteten Angebotsmengen werden mittel- bis langfristig nicht ausreichen, um die erhöhten Ausschreibungsvolumina sowie die Nachholbedarfe aus kurzfristigen Überträgen und aktuellen Unterdeckungen beziehungsweise Kürzungen zu decken. Hierzu sind weitere Maßnahmen notwendig. Bildlich gesprochen: Den Wasserhahn weiter aufzudrehen, wenn die Leitung trockenfällt, hilft nicht.

Zunehmende Neugenehmigungen nach Marktstammdatenregister der letzten Jahre

Grafik: enervis energy advisors

Zunehmende Neugenehmigungen nach Marktstammdatenregister der letzten Jahre
Fritz Halla
Berater

enervis energy advisors

Nicolai Herrmann
Partner, beide: enervis energy advisors

enervis energy advisors

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