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Kommentar Klimaziele contra Kohle

1.380 geplante Kohlekraftwerke gilt es zu verhindern

Beim Blick auf diese Liste kann einem mulmig werden: Indien plant neue Kohlekraftwerke mit mehr als 60 Gigawatt (GW), in China sind es noch mehr. Insgesamt sind derzeit weltweit 1.380 Kohlekraftwerke mit zusammen 672 GW in Planung. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Urgewald und 28 weiteren NGOs, das heute veröffentlicht wurde.

In 59 Staaten treiben Unternehmen und Investoren den Bau klimaschädlicher Kohlekraftwerke voran. Zwar stieg der Ausbau der Erneuerbaren 2017 auf einen Rekordwert, aber gleichzeitig ging der Kohlekraftwerksausbau ungebremst voran. Mit 672 GW würde Kohleleistung um 33 Prozent steigen. Der weltweit größte Kraftwerksplaner ist dabei Chinas National Energy Investment Group (NEI), die Kraftwerk mit 37,8 GW plant. Auf Platz 2 liegt die China Huadian Corporation mit 25 GW gefolgt von der indischen National Thermal Power Corporation (NTPC) mit ebenfalls 25 GW an Kohlekraftwerken in der Pipeline. Während diese Unternehmen bereits riesige Kohlekraftwerksparks betreiben, haben 28 Prozent der 120 größten Planer bisher noch keine Kohlekraftwerke gebaut. Zu den Planern gehören sehr unterschiedliche Firmen, so etwa die Texhong Textiles Group in Vietnam, die 2 GW in ihrem Industriepark plant, oder die kanadische Kupferbergbau-Firma First Quantum Minerals, die Kohlekraftwerke in Panama und Botswana plant.

Die Analyse der NGOs hat bizarrerweise ergeben, dass nicht der Energiebedarf der größte Treiber für den Bau der Kraftwerke ist, sondern die Planer sind gleichzeitig Kohleminenbesitzer. Ihnen geht es darum, ihre abgebaute Kohle verfeuern zu können. 46 der 120 größten Kohlekraftwerksplaner sind auch Kohleproduzenten. Sie bauen in Staaten wie Tansania, Mosambik oder Botswana Kohlekraftwerke, um den Kohleabbau zu fördern. Von den 59 Staaten mit Kohlekraftwerksplänen haben 11 weniger als 600 MW an Kohlekraftwerksleistung und 16 haben gar keine Kohlekraftwerke. Das ist besonders erschreckend, denn es zeigt, dass die Entwicklung der weltweiten Energieversorgung zweieinhalb Jahren nach dem Klimabkommen von Paris in die falsche Richtung geht. Statt dass sich entwickelnde Staaten ihren steigenden Energiebedarf gleich von Anfang an auf erneuerbare Energien ausrichten, werden sie von den Investoren und Kohleproduzenten in die grundfalsche Richtung gelenkt - in die Abhängigkeit von der Kohle.

Für China zeichnet sich ebenfalls ein durchwachsenes Bild ab - einerseits ist die Volksrepublik Weltmeister bei der Installation von Photovoltaikanlagen und Windkraftparks, aber gleichzeitig ist sie auch größter Investoren in Kohlekraftwerke weltweit: Mit 260 GW entfällt ein Drittel der geplanten Kraftwerkskapazität auf chinesische Firmen. Derzeit baut die Volksrepublik Kohlekraftwerke mit zusammen 60 GW in 17 Ländern. Fast 20 Prozent der geplanten Kohlekapazität entstehen außerhalb Chinas. Auch die Japaner bauen außerhalb des Heimatlandes zahlreiche neue Kohlekraftwerke: von den 37 geplanten GW, entstehen 22 außerhalb Japans.

Die NGOs beklagen, dass Afrika als junger Energiemarkt für die veraltete Kohlkraftwerkstechnologie herhalten muss, statt dass die Staaten saubere Energien aufbauen können. Die NGOs richten sich mit ihrer Untersuchung vor allem an den Bankensektor, denn ohne Finanzierung sind solche Kohlekraftwerksplanungen auch nicht möglich. So haben sich im vergangenen Jahr große Investoren wie die Allianz, Axa und Generali mit neuen Unternehmensrichtlinien verpflichtet, Investitionen in die Kohle auszuklammern.

Diesem Beispiel müssten noch viel mehr Unternehmen folgen, damit die Klimaschutzziele von Paris umgesetzt werden können. In vier Tagen erscheint der neue Report des Weltklimarates IPCC, der die Chancen für das Aufhalten der Erderwärmung um 1,5 Grad beleuchtet. Das Ziel ist ambitioniert, es ist aber der Tatsache geschuldet, dass zahlreiche Küsten- und Inselstaaten bereits bei mehr als 1,5 Grad Erwärmung untergehen werden. Die Lage ist für Millionen Menschen dramatisch. Daher ist es unverantwortbar, dass in dieser Größenordnung weiter auf die Kohle gesetzt wird. Staaten in der Entwicklung sollten stattdessen Unterstützung bekommen, damit sie ihre Versorgung von Anfang an auf Erneuerbare ausrichten. Die Geschäftemacherei mit der Kohle gehört verbannt.

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
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