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Vorbeugend ­warten

Sven Ullrich

Die Betriebsführung von größeren Solaranlagen und Solarparks gehört in professionelle Hände. Es hat sich inzwischen bei vielen Investoren herumgesprochen, dass der tägliche Blick auf den Generator durch geschultes Fachpersonal Gold wert ist.

Sicherlich kostet dieser tägliche Blick Geld. Doch eine längerfristige Ertragsminderung, weil ein Fehler an der Anlage zu spät erkannt wird, kann enorme Folgen haben. Auch wenn die meisten Solaranlagen in der Regel problemlos laufen, sind Störungen nicht ausgeschlossen.

Dabei sind es nicht nur die Module, die Ärger machen können. Viel entscheidender sind Stecker, Anschlüsse und vor allem die Wechselrichter. Denn die Leistungselektronik hat jede Menge zu tun, um den variierenden Gleichstrom aus dem Modulfeld in stabilen und netzkonformen Wechselstrom umzuwandeln und dabei auch noch Informationen und Anweisungen aus dem Netz umzusetzen.

Das bedeutet viel Arbeit für den Wechselrichter, was im Betriebsführungskonzept mit berücksichtigt werden sollte. Denn auch wenn die Geräte qualitativ hochwertig sind, halten sie kaum 20 Jahre durch. „Häufig gehen die Relais kaputt. Diese sind für eine bestimmte Anzahl von Schaltzyklen ausgelegt. Im Laufe der Zeit kann der Kontakt festbrennen, und dann schaltet das Relais nicht mehr”, weiß Dennis Logemann, Geschäftsführer von Hilker Repair. Aber auch andere Bauteile gehen schon vor dem Ende der Laufzeit der Solaranlage kaputt. Wackelkandidaten sind hier vor allem Kondensatoren und Bipolartransistoren – abgekürzt IGBT.

Logemann hat schon in das Innere von vielen defekten Wechselrichtern geschaut. Denn das Tochterunternehmen von Hilker Solar in Rahden hat sich auf die Reparatur der Leistungselektronik auf Bauteilebene spezialisiert. Das ist noch ziemlich exotisch in der Branche. Denn bei einem Defekt werden immer noch häufig die Wechselrichter einfach ausgetauscht. So zumindest sehen es die Pläne für die finanzielle Rückstellung zur Instandhaltung vieler Solaranlagen vor.

Ersatzbeschaffung am Zweitmarkt

Dies ist zwar die einfachste Variante. Doch abgesehen davon, dass dies nicht nachhaltig ist, birgt der einfache Austausch zusätzlichen Risiken. Wenn in einem Solarpark viele Stringwechselrichter verbaut sind und einige davon gehen kaputt, muss Ersatz her. Bei älteren Geräten ist das nicht unproblematisch, weil es diese am Markt nicht mehr gibt.

Einfach ein neues Gerät einzusetzen, ist in der Regel nicht möglich. Denn die Anlagensteuerung und die gesamte Kommunikation innerhalb der Anlage ist auf die ursprünglichen Wechselrichter abgestimmt. Die Lösung heißt dann, sich auf die Suche nach Ersatz zu machen. Das geht natürlich: Über einen Zweitmarkt für Photovoltaikkomponenten, wie ihn beispielsweise Second Sol im thüringischen Meinigen betreibt.

Anlage neu zertifizieren

Wird der Betreiber dort nicht fündig, muss er in den sauren Apfel beißen und neue Wechselrichter einbauen lassen. Das ist preisintensiv. Denn zur neuen Leistungselektronik muss auch die gesamte Steuerung und Kommunikation innerhalb der Anlage und zum Netz neu ausgelegt und installiert werden. Alternativ kann der Betreiber des Solarparks aber auch alle Wechselrichter tauschen. Dann muss er aber auch Geräte abbauen, die noch funktionieren.

In beiden Fällen handelt es sich aber in der Regel um einen groben Eingriff in die Anlage. Das bedeutet, es muss ein neues Anlagenzertifikat erstellt werden, was zusätzlichen Aufwand bedeutet. Denn nur mit diesem Zertifikat kann der Anlagenbetreiber – oder der ihn vertretende Betriebsführer – nachweisen, dass die neue Steuerung und Kommunikation netzkonform ist und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Erst wenn dieses Zertifikat vorliegt, darf der Betreiber seinen Generator wieder an das Stromnetz anschließen.

Baugruppen werden getauscht

Viele Wechselrichterhersteller haben schon auf die Herausforderung reagiert. Sie achten bei der Entwicklung der Geräte darauf, dass sie reparabel sind. Doch weiterhin setzten sie darauf, im Falle eines Defekts ganze Baugruppen auszutauschen. Doch diese sind in der Regel nicht ganz billig, so dass sich fast ein Neukauf lohnt. Zudem werden ganze Platinen ausgetauscht, nur weil ein einziger Kondensator oder ein Relais defekt ist.

Um diesen Aufwand und vor allem das damit verbundene Risiko zu minimieren, rät Moritz Nüsperling an, die Betriebsführung anders zu denken und die Wechselrichter vorbeugend zu warten. Der Sachverständige aus Köln betreibt zusammen mit der Hilker-Gruppe eine Prüffabrik, in der Wechselrichter, Speicher und Komponenten für die Elektromobilität durchgecheckt und repariert werden. Oft geht es da um äußere Schäden wie Blitzeinschläge. „Doch nur etwa die Hälfte der Wechselrichter, die in Rahden geprüft werden, sind Versicherungsschäden. Die andere Hälfte sind Geräte aus laufenden Solaranlagen, die im Rahmen einer vorbeugenden Wartung überarbeitet werden”, weiß Moritz Nüsperling.

Auf Herz und Nieren prüfen

Die Wartung fällt üblicherweise im Winter an. Denn dann erzeugt die Solaranlage ohnehin nicht allzu viel Strom, so dass der Ertragsausfall gering ist. Der Betriebsführer meldet zuvor den Auftrag an. Dann muss er Handwerker beauftragen, die Wechselrichter zu demontieren. Die gesamte Transportabwicklung organisiert Hilker von Rahden aus, was die Hürde für den Betreiber senkt. Die Wechselrichter werden auf stabilen Papppaletten nach Rahden gebracht, wo sie der Mitarbeiter am Waren-eingang zunächst auf äußere Schäden hin prüft und eventuell reinigt. Danach geht es an die Prüfung des Innenlebens. Bei einer Wartung werden sämtliche Verschleißteile eines Wechselrichters erneuert beziehungsweise überarbeitet. So ist sichergestellt, dass das Gerät wieder lange, bestenfalls bis zum Lebensende der Anlage funktioniert.

Ausfall einplanen

Danach wird der Wechselrichter noch einmal einem zweieinhalbstündigen Leistungstest unterzogen. Dazu nutzt das Team in Rahden entweder die eigene Solaranlage auf dem Dach oder eine künstliche Gleichstromquelle. Übersteht der Wechselrichter diesen Test klaglos, wird er wieder verpackt und zur Anlage zurückgeschickt. Dort kann ihn der mit der Wartung beauftragte Installateur wieder montieren und anschließen.

Dies klingt zwar aufwändig und viele Betreiber von Solarparks scheuen sich davor. Doch die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen. Denn nicht selten gehen die Wechselrichter unter voller Last kaputt. Dann muss Ersatz in einer Zeit beschafft werden, in der die Anlage eigentlich viel Solarstrom produzieren muss. Mit der vorbeugenden Wartung kann der Zeitraum des Ertragsausfalls besser eingeplant werden. Nämlich dann, wenn ohnehin nicht viel Sonnenstrom produziert wird.

Aufbereitung ist preiswerter

Zudem steht angesichts der aktuell schwierigen Liefersituation auch von Leistungselektronik die Frage im Raum, ob überhaupt schnell Ersatz zur Verfügung steht. Bei einer vorbeugenden Durchsicht und Aufbereitung kann die Dauer des Ausfalls der Geräte planbar begrenzt werden. Dennis Logemann gibt den zeitlichen Aufwand mit etwa zehn Werktagen an – abhängig von der Auftragslage.

Auch die Kosten sprechen für eine vorausschauende Wartung oder im Falle eines Defekts für eine Reparatur, die Hilker Repair ebenfalls anbietet. Denn diese Wartung ist mit 350 bis 600 Euro preiswerter als ein Neukauf. „Damit spart man im Vergleich zur Neuanschaffung zwischen 50 und 70 Prozent der Kosten”, sagt Dennis Logemann.

Er geht davon aus, dass viele Betreiber von großen Solaranlagen aus der Boomzeit zwischen 2009 und 2012 demnächst genau vor dieser Entscheidung stehen. Denn die gängige Lebenszeit der Wechselrichter ist dann abgelaufen, und die Betreiber und Investoren sollten sich jetzt entscheiden, ob sie tauschen oder aufbereiten wollen.

Eine Aufbereitung von Wechselrichtern, bevor sie kaputt sind, ist preiswerter als die Beschaffung von Neugeräten.

Foto: Hilker Repair

Eine Aufbereitung von Wechselrichtern, bevor sie kaputt sind, ist preiswerter als die Beschaffung von Neugeräten.

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