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Fraunhofer ISE entwickelt neues Konzept für solarthermische Turmkraftwerke

Mit einem ganz neuen Konzept treiben die Forscher des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) die Effizienz von konzentrierenden solarthermischen Turmkraftwerken (concentrated solar thermal power – CSP) nach oben. Dazu haben sie zunächst das Wärmeträgermedium ausgetauscht, mit dem die eingesammelte Hitze der Sonne in den Speicher transportiert wird. Bisher werden hier Salzschmelzen verwendet. Der Nachteil: Diese können nur bei Temperaturen bis zu 600 Grad Celsius genutzt werden. Steigt die Temperatur darüber hinaus, zersetzen sich die speziellen Thermosalze.

Neuer Wärmeträger für höhere Temperaturen

Je höher die Temperatur ist, desto höher ist aber auch die Effizienz des gesamten Kraftwerks. Deshalb haben die Forscher des Fraunhofer ISE in Freiburg einen Wärmeträger genommen der aus Festkörpern besteht Damit sind Betriebstemperaturen von mehr als 1.000 Grad Celsius möglich.

Die Wärmeträger werden dabei ähnlich wie in einem Karussell durch den Receiver gefahren und direkt aufgeheizt. Der Speicherhersteller Kraftblock aus dem saarländischen Sulzbach hat dazu neuartige keramische Receiverelemente entwickelt. Diese sind hitzebeständig und können viel Wärme speichern. Zudem werden sie umweltfreundlich aus Recyclingmaterial hergestellt Das senkt auch den Preis für das Wärmeträgermaterial im Vergleich zu den teuren Thermosalzen.

Die Forscher haben das Keramikmaterial als Wärmeträger ausgiebig getestet und ausgemessen. So konnten sie das Verhalten des Materials unter hochkonzentrierter Solarstrahlung bewerten. „Das nächste Ziel ist, das Material des Receivers weiterzuentwickeln, sodass die Energie tiefer ins Innere des Körpers geleitet wird“, sagt Gregor Bern, Gruppenleiter Konzentrierende Systeme und Technologien am Fraunhofer ISE.

Alles in einer Komponente kombiniert

Außerdem haben sie in dem neuen Receiver den Festkörperwärmeträger mit dem Empfänger der Sonnenstrahlen und dem Speichermaterial in einer Komponente kombiniert. Dadurch können die Freiburger Forscher die Kosten für den Bau solcher Kraftwerke senken. Zudem vermeiden sie so die Verluste bei der Wärmeübertragung und die Begrenzung des Durchflusses des Wärmeträgermediums, die typische für die herkömmlichen Rohrreceiver sind. Dadurch senken die höheren Temperaturen, die auch bei fluktuierender Sonneneinstrahlung besser gehalten werden, die Kosten der solarthermischen Stromerzeugung.

Wärmeverluste reduzieren

Ein Problem bei Turmkraftwerken sind die Verluste durch die abstrahlende Wärme. Diese treten bei hohen Temperaturen und einer starken Konzentration von Sonnenlicht auf und verringern die Effizienz. Denn die Luft rund um den Receiver erreicht Temperaturen über 600 Grad Celsius. Die Temperatur der Umgebungsluft liegt typischerweise aber in einem Bereich um die 30 bis 40 Grad Celsius. Beim Vorbeiströmen am Receiver nimmt die kühlere Luft dessen Wärme auf, die dann für die Stromerzeugung verloren geht. Deshalb haben die Forscher eine Möglichkeit gesucht, die verschiedenen Luftschichten zu trennen. Die erste Idee war, Fenster aus Quarzglas zu nehmen. Diese gibt es allerdings nicht in der erforderlichen Größe.

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Deshalb haben die Forscher die Idee einer Luftwand getestet. Diese wird von starken Düsen an der Öffnung des Receivers gebildet und trennt die Luft rund um den Receiver von der Umgebungsluft. „Zu dieser Lösung gab es bisher nur Simulationen. Aber die Technologie ist bisher noch nie im Kraftwerksbereich demonstriert worden“, erläutert Moritz Bitterling, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projektteam des Fraunhofer ISE.

Luftwand ausgiebig vermessen

Das haben die Freiburger Forscher jetzt geändert. Sie haben eine Teststation im Realmaßstab aufgebaut und dieses mit etwa 50 Temperatursensoren versehen. Den 600 Grad heißen Receiver haben sie mit Heizelementen simuliert. Für das Projekt hat der Industriepartner Luftwandtechnik eigens ein Luftwandsystem für die Hochtemperaturanwendung ausgelegt und im Teststand installiert. Mit diesem Test konnten die Forscher dann die Abstrahlungsverluste mit und ohne Luftwand und die für das Erreichen von 600 Grad Celsius nötige Heizleistung messen. Hier konnten sie auch austesten, wie die Betriebsparameter wie der Winkel der Luftwanddüsen und die Austrittsgeschwindigkeit der Luft optimal ausgelegt werden sollten. Das Ergebnis: Mit optimaler Einstellung der Betriebsparameter konnten die Wärmeverluste des Receivers durch Abstrahlung um 30 Prozent reduziert werden.

Neue Spiegel vermessen

Die Freiburger Forscher unterstützen aber auch die Weiterentwicklung der Turmkraftwerke selbst. Hier geht der Trend hin zu kleineren Einheiten, die nicht mehr mit den bisherigen Parabolspiegeln, sondern mit sogenannten Stellio Heliostaten ausgestattet sind. Das sind fünfeckige segmentierte Spiegel, die auf einem Pfosten stehen und das Sonnenlicht auf den Solarturm werfen. Gemeinsamt mit SBP Sonne wollen sie die Kosten für solche Anlagen durch ein optimiertes Design des Pylons senken. Dieser soll an die Anforderungen kleiner Turmkraftwerke angepasst werden. Dei Aufgabe des Fraunhofer ISE in diesem Verbundprojekt ist es, die Heliostaten mittels 3D-Laserscanning zu vermessen und das Verfahren für eine schnelle Vermessung von Heliostaten im Feld zu testen. Bisher haben die Freiburger mittels deflektrometrischer Vermessungen der Spiegeloberflächen im Labor analysiert, wie sich diese unter bestimmten Belastungen verformen.

Gesamtsystem simuliert

Aus allen diesen einzelnen Komponenten haben die Forscher am Ende ein Gesamtkonzept erarbeitet. Dieses besteht aus dem Receiver mit Festkörperwärmeträger und Luftwand und den optimierten Stellio Heliostaten, die in ein solarthermisches Kraftwerk integriert wurden. Dafür haben sie zusätzlich untersucht, welcher Kraftwerksprozess sich am besten für eine Kopplung der einzelnen neu entwickelten Komponenten eignet und wie die Wärme von den Festkörpern an den dahinterliegenden Prozess eines Dampfturbinenkraftwerks übertragen werden kann.

Am Ende haben sie das Gesamtsystem wurde mit einem Simulationstool modelliert, untersucht und anschließend ökonomisch bewertet. So konnten die bestehenden technischen und ökonomischen Modelle erweitert und die optimale Auslegung und Betriebsführung eines Kraftwerks mit den neuen Komponenten ermittelt werden. (su)