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Bionik-Windturbinenflügel

Leise durch die Strömung wie ein Buckelwal

Schon 2008 schrieben deutsche Wissenschaftsmedien über den Pilotwindpark auf der kanadischen Insel-Provinz Prinz-Edward-Island. Neu errichtete Turbinen hatten dort Flügel verpasst bekommen, deren Oberfläche mit knubbeligen Erhebungen die Luftströmungen von Zischgeräuschen reinigen sollten. Vereinfacht gesagt: Durch diese sogenannten Tuberkel verändern sich die an jedem Windturbinenflügel entstehenden Verwirbelungen und vor allem die Strömungsabrisse so durch die physikalische Umleitung, dass sie mehr Auftriebskraft auf die Rotorblätter entwickeln. Dabei nimmt das typische Zischen an den Rotorblättern ab. Es entsteht durch den Strömungsabriss in der Mitte des Flügelprofils. Die Tuberkel sollen diesen Strömungsabriss also abmildern. Abgeschaut ist das Prinzip von den Buckelwalen. Auf deren Flossenvorderkanten finden sich die Erhebungen, die an Riesenpickel erinnern mögen. Buckelwale machen in der Wissenschaft und nun auch die Forscher in der Windkraft durch eine außergewöhnliche Agilität im Wasser auf sich aufmerksam. Offenbar hilft ihnen dabei auch die durch Tuberkel strömungsoptimierte Flossenoberlfäche.

Bionik nennt sich das Prinzip, Strukturen aus der Natur für technologische Komponenten zu übernehmen. Offenbar soll schon 2004 ein Biologieprofessor in Großbritannien auf die Idee gekommen sein, die Buckelwal-Tuberkel für die Windenergie einzusetzen. Frank Fish von der West Chester University hatte damals schon sein Unternehmen Whale Power gegründet. Dieses hatte schließlich die ersten Testanlagen auf Prince Edward Island errichten lassen.

Die 2013 gegründete Ingenieursgesellschaft TEG GmbH aus München will der Rotorblatt-Hautbehandlung nun zum Durchbruch verhelfen. Besser: der Tuberkel-Technologie im Unterschied zu alternativen Bionik-Forschungen, die zum Beispiel nach dem Vorbild von Haifischschuppen die Komponenten-Außenhaut an sich aufraut. Die an der Vorderkante der Rotorblätter platzierten Tuberkel hingegen verändern die Topografie der Profile ein wenig und sorgen für eine sogenannte "signifikante strömungsmechanische Optimierung". Bei der Windenergiemesse in Hamburg Wind Energy Ende September präsentiert TEG die Ergebnisse einer zweijährigen Entwicklungsphase. In dieser hatte TEG nicht nur die Tuberkelmethode neu kalkuliert sondern inzwischen sogar an einem Rotorblatt einer Zwei-Megawatt-Turbine eines deutschen Windenergieanlagenherstellers getestet.

Eine von den kanadischen Pionieren noch erhoffte Leistungssteigerung durch diese Innovation dürfte allerdings ausbleiben. Berechnungen und Tests bei TEG haben dies wohl ergeben. Dafür reduziere sich die Last aus der Windanströmung auf die Rotorblätter und auf die weiteren Hauptkomponenten im Triebstrang dahinter, erklärt ein Sprecher für TEG. Dies verlängere die Lebenszeit der gesamten Anlage "um mehrere Jahre".

(Tilman Weber)