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Politik am Wendepunkt

In der Psychologie heißt es, es dauere 66 Tage, bis das Gehirn ein neues Verhalten „akzeptiert“ und sich von einer alten Gewohnheit verabschiedet hat. Man muss also diesen Zeitraum durchstehen, will man bestimmte Angewohnheiten ablegen – etwa das Rauchen aufgeben. Die Deutschen sind zum ganz überwiegenden Teil bekennende Klimaschützer – nur mit der Umsetzung hapert es. Am Ende hat jeder gute Gründe, warum er oder sie gerade nicht weniger fliegen oder Fleisch essen kann. Die Pandemie hat gezeigt, dass Veränderungen möglich sind, wenn es sein muss. Die Klimakrise ist letztlich nicht weniger gefährlich. Ein Umdenken und entschlossenes Abstreifen alter Gewohnheiten ist also überfällig. Auch in der Politik. Denn dort verhält es sich nicht anders als in der Bevölkerung. In der Vergangenheit hat sie gebetsmühlenartig betont, man wolle das Klima schützen.

Ziele und Maßnahmen

Die Umsetzung ist derweil katastrophal gescheitert. Zu viele lieb gewonnene Gewohnheiten waren da, von denen man sich nicht verabschieden wollte: Die Automobilindustrie mit ihren Arbeitsplätzen und ihren Verbrennermotoren. Die Landwirtschaft mit ihren preiswerten Fleischprodukten für jede Mahlzeit. Der Kohlestrom – sauber aus der Steckdose... Die alte Regierung hatte ob der Klimaproblematik also lieber den Kopf in den Sand gesteckt. Die neue Ampel weiß derweil genau, worum es geht und wie groß die Erwartungen an sie sind. Klimaminister Habeck hat hier einen guten Aufschlag geliefert im Spannungsfeld zwischen Fridays for Future und konservativen Kreisen. Jetzt muss die Regierung zeigen, dass sie die Ziele mit klugen Maßnahmen unterfüttern und umsetzen kann. In 66 Tagen sollte hier eine deutliche Abkehr von den Gewohnheiten der Vorgängerregierung sichtbar sein.

Rechnen kann Habeck dabei mit guter Unterstützung vonseiten der Wirtschaft. Hersteller von Regenerativtechnologie sehen in unserem diesjährigen Trendreport gute Chancen für ein kräftiges Wachstum. Vor allem, wenn es gelingt, die bisherigen Hürden endlich aus dem Weg zu räumen. Zwei Prozent der Landesfläche für die Onshore-Windkraft – so lautet nur eines der alten Versprechen, die der neue Klimaminister nun einlösen will. Was Windturbinenbauer und Windparkplaner jetzt erwarten, hat unser Autor Tilman Weber für Sie recherchiert. | 38

Auch Vertreter der Solar- und Speicherbranche gehen einheitlich von einem kräftigen Wachstum in diesem Jahr aus. Ein Ausbauziel auf 200 Gigawatt bis 2030 und eine Solarpflicht für Gewerbe-Neubauten sind dabei erste Schritte. | 54

Eigenstromerzeugung mit PV und Speicher wird bei steigenden Energiepreisen nun über den Häuslebauer und Autarkiefan hinaus auch ein Thema fürs Gewerbe. Denn hier lässt sich inzwischen bares Geld sparen, wie wir anhand eines Beispiels aufzeigen. | 64

Günstiger, weil schneller, ist auch die Inspektion von Windkraft-Rotoren geworden. Denn Monitoring-, Prüfungs- und Wartungsfirmen greifen inzwischen immer häufiger auf die Unterstützung durch Drohnen zurück. Sie machen Schwachstellen und erste Schäden am Material in kürzester Zeit und sogar KI-gesteuert ohne menschliches Zutun sichtbar. Lesen Sie dazu unser Special in diesem Heft. | 24

Unterm Strich kann man sagen, dass die Regenerativbranche immer ausgefeiltere Technologien anbietet, um den Ausbau der Erneuerbaren zu unterstützen. Eine Hürde blieb derweil für viele Planer bestehen: Die Akzeptanz durch die Menschen vor Ort. Diese steigt gleich deutlich, wenn der regionale Versorger selbst aktiv wird. Ein gutes Beispiel dafür sind die Stadtwerke München, die schon lange an ihrer Klimabilanz feilen. Jetzt schauen sie auf die Wärme. | 18

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

Nicole Weinhold,
Chefredakteurin Erneuerbare Energien

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