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Ökostrom in der Nahwärme

Sven Ullrich

Solrød ist eine mittelgroße Kommune auf der Insel Sjælland. Sie liegt nur wenige Kilometer südlich der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Für die Wärmeversorgung vieler Haushalte ist die Solrød Fjernvarme zuständig.

Der kommunale Energieversorger betreibt ein Nahwärmenetz, an das etwa 5.000 Haushalte angeschlossen sind. Durch die steigende Zahl der Haushalte, die nach und nach ebenfalls an das Nahwärmenetz angeschlossen werden, wächst auch der Energiebedarf, der von Solrød Fjernvarme gedeckt werden muss.

Nahwärme dekarbonisieren

Das ist erst einmal für sich genommen noch nichts Besonderes. „In Dänemark sind 66 Prozent der Haushalte an ein Nahwärmenetz angeschlossen“, erklärt Sofie Lambrechtsen Larsen, Marketingleiterin und Unternehmenssprecherin von Aalborg CSP.

Das Unternehmen aus Nordjütland hat zusammen mit Solrød Fjernvarme in Solrød ein Pionierprojekt umgesetzt, um die Nahwärme zu dekarbonisieren. Schließlich soll der Nahwärmesektor in Dänemark bis 2030 komplett fossilfrei werden, wie Sofie Lambrechtsen Larsen betont. „Die meisten der Nahwärmekraftwerke sind auch schon auf dem richtigen Weg, fossilfrei zu werden, indem sie verschiedene erneuerbare Energielösungen wie Solarthermie, Wärmepumpen und solarthermische Speicher miteinander kombinieren“, sagt sie.

Wärmepumpe speist ins Netz ein

Dies ist auch der Ansatz in Solrød. Aalborg CSP hat in eine bestehende, 2.569 Quadratmeter große solarthermische Anlage eine riesige Luft-Wasser-Wärmepumpe integriert. Die Wärmepumpe liefert ihre Wärmeenergie direkt in das Nahwärmenetz. Sollte dort der Bedarf nicht ausreichen, um die produzierte Wärme abzunehmen, lagert sie die Energie in einem schon vorhandenen Wärmespeicher mit einem Fassungsvermögen von 1.250 Kubikmeter zwischen. Dort wird auch die zeitweilig überschüssige Wärme der Solarthermieanlage eingespeichert.

Deshalb ist die Wärmepumpe auch direkt neben der Solaranlage und dem Wärmespeicher installiert – weit weg von den Wohnhäusern. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass die Geräusche durch die Evaporatoren und Kompressoren der Wärmepumpe die Anwohner nicht stören.

Niedrige Strompreise nutzen

Die Großwärmepumpe hat eine Leistung von 1,2 Megawatt. So viel Strom kann sie aus dem Netz ziehen. Doch wie viel sie tatsächlich benötigt, richtet sich nach dem Wärmebedarf im Netz. Dieser hängt wiederum von vielen verschiedenen Faktoren ab. Neben den Außentemperaturen, der Luftfeuchtigkeit und damit dem Wärmeverbrauch spielt hier unter anderem die solare Einstrahlung eine Rolle.

Wenn die Solarthermie die Wärmeversorgung übernehmen kann, steht die Wärmepumpe still. Schließlich schickt die Sonne keine Rechnung, der Stromproduzent allerdings schon. Denn die Wärmepumpe bezieht ihre Antriebsenergie aus dem Stromnetz. „In Dänemark bedeutet dies einen großen Anteil von 60 bis 80 Prozent, die aus regenerativen Energiequellen stammen“, weiß Sofie Lambrechtsen Larsen.

Windstrom in der Wärme

Aus diesem Grund spielen auch die Strompreise eine Rolle für den wirtschaftlichen Betrieb der Wärmepumpe. An dieser Stelle kann sie einen Vorteil für das dänische Energiesystem ausspielen. Denn wenn die Strompreise niedrig sind, bedeutet dies, dass die erneuerbaren Energien in Dänemark jede Menge Strom produzieren. Hier geht es vor allem um die Windkraft, die in dem Land üppig ausgebaut ist und schon 2022 immerhin 55 Prozent der Stromversorgung gestemmt hat.

Findet der Windstrom zum Produktionszeitpunkt keinen Abnehmer, sinken aufgrund des Überschusses die Strompreise. Dann springt die Wärmepumpe an. Der Vorteil ist, dass die Windkraft nicht abgeregelt werden muss. Der Wärmespeicher bietet einen zusätzlichen Puffer. Auf diese Weise geht der Strom nicht verloren, der zum Zeitpunkt der Produktion nicht verbraucht wird, was bei der Umstellung des Energiesystem auf volatile Erzeuger immer wichtiger wird.

66 Prozent der ­dänischen Haushalte sind an die Nah­wärmeversorgung angeschlossen.

Sonne und Wind kombiniert

Auch die Kombination mit der Solarthermie hat Vorteile. Denn die Solarenergie und die Windkraft ergänzen sich sehr gut: Scheint die Sonne, kann die Solarthermie übernehmen. Ist die Sonneneinstrahlung geringer, steigt in der Regel das Windaufkommen, wodurch der Anteil der Erneuerbaren im System wächst.

Die Großwärmepumpe in Solrød hat inzwischen ihren Testbetrieb mit Bravour bestanden und gezeigt, dass sie den Anforderungen von Solrød Fjernvarme entspricht. Sie hat sogar einen höheren COP-Wert geliefert als vorher angenommen. Der COP – Coefficient of Performace – ist ein Effizienz­wert von Wärmepumpen und gibt das Verhältnis von Wärmeleistung und der dafür aufgebrachten elektrischen Leistung an. Der COP einer solchen Großwärmepumpe ist höher als der kleiner Wärmepumpen, weshalb sich Solrød Fjernvarme für diese Variante entschieden hat und nicht für den Bau kleiner Wärmepumpen in den einzelnen Haushalten.

Umweltschonendes Kältemittel

Auch die Nutzung des vorhandenen Zwischenspeichers hat einen Vorteil, wenn die Bedingungen für den Betrieb wie niedrige Strompreise trotz höherer Außentemperaturen und niedrigeren Wärmebedarfs gut sind. Dann kann die Wärme in der Nacht verwendet werden, wenn es kälter wird.

Doch ein hoher COP war nicht die einzige Anforderung, die Solrød Fjernvame an die Wärmepumpe gestellt hat. Denn auch das Kältemittel sollte möglichst umweltfreundlich sein. So verwendet die neue Wärmepumpe in Solrød CO2 als Kältemittel.

Kohlendioxid als Kältemittel

Sie kommt also ohne umweltbelastende halogenisierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) und ohne ebenfalls umweltschädliches Hydrofluorolefin (HFO) aus, die in der Vergangenheit regulär als Kältemittel in Wärmepumpen eingesetzt wurden. „Diese Gase werden mit der Zeit in per- und polyfluorierte Alkylverbindungen – PFAS – umgewandelt. Diese fluorierten Treibhausgase sind problematisch für die Umwelt, da sie zur globalen Erwärmung beitragen. Sie gelten auch als potenziell schädlich für den Menschen, da sie im Verdacht stehen, eine Vielzahl von Krankheiten auszulösen“, erklärt Sofie Lambrechtsen Larsen. Zudem gilt CO2 als sehr effizientes Kältemittel.

Dass CO2 als Kältemittel eingesetzt wird, war auch eine Mitentscheidung von Aalborg CSP. Der Projektierer hat zudem die Wärmepumpentechnologie so gewählt, dass sie den Anforderungen in der Solrød Fjernvarme entspricht. Schließlich kann Aalborg CSP eine breite Palette von Wärmequellen abdecken, die neben Außenluft auch industrielle Abwärme, Abwasser oder sogar flüssige Biomasse umfasst. In Solrød fiel aufgrund der Gegebenheiten vor Ort die Entscheidung auf Außenluft als Wärmequelle.  W

Die meisten Nahwärme­kraftwerke sind auch schon auf dem richtigen Weg, fossilfrei zu werden, indem sie verschiedene erneuerbare Energielösungen wie Solarthermie, Wärmepumpen und solarthermische Speicher miteinander kombinieren

Sofie Lambrecht­sen Larsen, Aalborg CSP

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