Warum die Kombination von Solar, Wind und Speicher für Betreiber zum Gamechanger wird.
Nicole Weinhold
Im Heilbronner Land nimmt die Energiewende Gestalt in einer neuen Dimension an. Mit dem Energiepark Gundelsheim ist ein Projekt gestartet, das zeigt, wie die Zukunft der regenerativen Stromerzeugung aussehen kann: Solarenergie, Windkraft und Speichertechnologien greifen an einem Standort ineinander und bilden so ein miniaturisiertes Bild des Energiesystems von morgen. Für Planer und Betreiber von Regenerativanlagen verdeutlicht dieses Vorhaben, welche Effizienzgewinne die intelligente Kopplung verschiedener Technologien für Wirtschaftlichkeit, Netzstabilität und Nachhaltigkeit bereithält.
Als erster Baustein ging Mitte September der Solarpark Gundelsheim ans Netz. Mit einer installierten Leistung von 58 Megawatt handelt es sich um die zweitgrößte Photovoltaikanlage Baden-Württembergs. Schon dieser Teil allein könnte rechnerisch rund 30.000 Haushalte versorgen. Doch in Gundelsheim endet die Vision nicht mit der Fläche von 110.000 Modulen. Zwei Windenergieanlagen sind bereits genehmigungsreif, hinzu kommt ein neuartiger Hybridspeicher, der das Zusammenspiel von Sonne und Wind ergänzt.
Mehr als die Summe der Teile
Das Konzept lautet: Effizienz durch Verbindung. Für Planer interessant ist, dass sich Solar- und Windstrom nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich gegenseitig ergänzen. Beide Technologien teilen sich Infrastruktur wie das Umspannwerk und reduzieren somit Netzanschlusskosten. Hinzu kommt die Möglichkeit, die wetterabhängige Volatilität durch Batteriespeicher auszugleichen.
Nach Einschätzung von EnBW eröffnet diese Kombination neue Spielräume bei der Vermarktung. Betreiber könnten ihren Strom dann flexibler und gezielter ins Netz einspeisen. Dadurch steigt nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern auch der ökonomische Nutzen. Der Konzern verweist auf das Potenzial zur Netzstützung, das aus der direkten Kopplung von Windkraft und Speicher entstehe, und sieht höhere Erlöse im Vergleich zum reinen Einzelbetrieb.
Das Gundelsheimer Projekt reicht technologisch jedoch noch darüber hinaus. Im dortigen Speicher werden Natrium-Ionen-Batterien mit gebrauchten Modulen aus Audi-E-Tron-Fahrzeugen gekoppelt. Die Lithium-Ionen-Akkus der Autos überzeugen durch schnelle Lade- und Entladefähigkeit, während Natrium-Ionen-Technik mit Verfügbarkeit von Rohstoffen, stabiler Leistungsabgabe und vergleichsweise geringen Kosten punktet. Das Fraunhofer ISE hat ein Energiemanagementsystem entwickelt, das diese beiden Technologien nahtlos integriert und nun erstmals im Großmaßstab im Feld erprobt wird. Deutschland- und europaweit ist dies nach aktuellem Stand der größte Betriebseinsatz von Natrium-Ionen-Batterien.
Für Betreiber ergibt sich hier ein klarer Nutzwert: Hybridspeicher vereinen unterschiedliche Stärken und schaffen durch Resilienz im Betrieb eine technologische Absicherung gegen Preisschwankungen in einzelnen Märkten. Zudem eröffnet die Zweitverwertung von E-Auto-Batterien ökologischen wie ökonomischen Mehrwert – Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz werden so in konkrete Betriebsvorteile übersetzt.
Die Kopplung von Photovoltaik, Windkraft und Speicher reduziert Netzkosten, schafft Flexibilität und stabilisiert Erlöse.
Perspektiven für Wasserstoff und Flexibilität im System
Die Frage, ob Speicherlösungen damit die Alternative zum stockenden Hochlauf von Wasserstoff seien, beantwortet EnBW mit einem Sowohl-als-auch. Der Konzern betont, dass er parallel auch die Entwicklung von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff vorantreibt, allerdings vorerst selektiv an Standorten mit entsprechender Nachfrage- und Infrastrukturperspektive. Entscheidende Faktoren seien Standortqualität, Projektgröße und das regulatorische Umfeld. Bis diese Voraussetzungen flächendeckend erfüllt seien, rücke die enge Kombination von Wind, Solar und Batteriespeichern in den Vordergrund.
Für die Betreiberpraxis heißt das: Speicherprojekte spielen längst eine zentrale Rolle in Hybridparks, während Wasserstofflösungen in dafür geeigneten Regionen schrittweise ergänzt werden. Systeme wie in Gundelsheim liefern damit eine Blaupause für den Übergang von heutigen Strukturen zu einer künftigen dekarbonisierten Energieversorgung.
Kommunen profitieren indirekt
Die Gemeinde Gundelsheim selbst ist über Gewerbesteuer und Pachteinnahmen an den Erträgen beteiligt. Eine direkte Bürgerbeteiligung am Solarpark wurde zwar nicht umgesetzt, EnBW hat jedoch signalisiert, dass künftige Windenergieanlagen über die Kommunalabgabe nach Paragraf 6 EEG Gemeindeeinnahmen sichern können. Für Planer und Kommunen bedeutet dies: Beteiligungskonzepte entwickeln sich zunehmend projektbezogen und folgen derzeit stärker gesetzlich etablierten Mechanismen.
Modell für kommende Hybridparks
Das Gundelsheimer Projekt zeigt, was für Planer und Betreiber in den nächsten Jahren entscheidend sein wird – die intelligente Kombination. Während jede Technologie für sich allein Stärken aufweist, entfaltet sich ihr größter Nutzen im Verbund. Die Kopplung von Photovoltaik, Windkraft und Speicher reduziert Netzkosten, schafft Flexibilität und stabilisiert Erlöse. Hybridlösungen mit Zweitverwertung von Fahrzeugbatterien sowie der Einsatz neuer Speicherchemien wie Natrium-Ionen machen die Entwicklung zudem zukunftsfest.
Wer regenerative Projekte plant oder betreibt, findet in Gundelsheim ein anschauliches Beispiel dafür, welche Richtung der Markt einschlägt: weg von der singulären Erzeugung, hin zu integrierten Energieparks.
Die Nutzwerte sind messbar – technologische Resilienz, ökonomische Stabilität und ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen. Für die Praxis der Projektentwicklung eröffnet sich damit eine klare Perspektive: Technologiemix ist nicht länger ein Möglichkeitsszenario von vielen, sondern wird zum Schlüssel der nächsten Ausbaustufe der Energiewende.
1. Der Solarpark erzeugt in den Solarzellen elektrischen Gleichstrom.
2. Wechselrichter wandeln den Gleichstrom in Wechselstrom (Niederspannung) um.
3. Der Solarpark ist an das Hochspannungsnetz angeschlossen. Trafos transformieren daher zuerst auf Mittelspannung.
4. Über das Umspannwerk in Neckarzimmern erfolgt die Transformation auf Hochspannung und die Einspeisung ins allgemeine Stromnetz.
5. Der Batteriespeicher speichert über Lithium-Ionen-Zellen (wie in Handys und Laptops) und neuartige Na-Ionen-Zellen die Energie aus dem Solarpark.
5a Die Zellen befinden sich in 2nd-Life-Fahrzeugbatterien, die innerhalb der Container in Regalen (Racks) gestapelt sind. Ebenso sind die Na-Ionen-Zellen in Batteriepacks eingebaut und in Racks gestapelt.
5b Für den sicheren Betrieb befinden sich im Container auch Wechselrichter, Steuereinheiten und Klimageräte.
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