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„Über 200 Verträge mit 110 Eigentümern mussten neu abgeschlossen werden“

Ihr Projekt Elster in Sachsen-Anhalt gehört zu den größten Repowering-Vorhaben in Europa, die bislang umgesetzt wurden. Geben Sie uns ein Gefühl für diese Dimension!

Thomas Winkler: Wir ersetzen dort 50 Enercon E-40 durch 16 leistungsstärkere modernere Anlagen. Die installierte Gesamtleistung steigt so von 30 auf stattliche 105,6 Megawatt. So wird der Windpark nach seiner geplanten Inbetriebnahme im dritten Quartal 2024 jährlich rund 235 Gigawattstunden Strom generieren – genug, um rund 150.000 Menschen mit sauberer, bezahlbarer und regional erzeugter Energie zu versorgen. Im Vergleich zu konventionell erzeugtem Strom spart der Windpark jährlich in etwa den Jahresausstoß von umgerechnet 86.000 Mittelklassewagen bei einer Fahrleistung von jeweils 12.000 Kilometern.

Mit dem feierlichen Spatenstich am 4. Mai begann nun die Bauphase. Es ist sehr erfreulich, dass auch viel Prominenz aus der Politik beim Termin war, insbesondere Professor Doktor Armin Willingmann, der Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt. Das vermittelt uns Anerkennung und Unterstützung sowie Motivation für die nächsten Projekte.

Klingt, als hätte Repowering große Bedeutung für das Umsetzen der Energiewende…

Thomas Winkler: Auf alle Fälle! Durch das Repowering des Windparks Elster wird ungefähr sechs Mal mehr Menge an erneuerbarer Energie erzeugt. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Anlagen im Windpark signifikant, das Windparkareal wird um rund ein Drittel kleiner.

Wird die VSB Gruppe demnach in Zukunft verstärkt auf Repowering-Projekte setzen?

Thomas Winkler: Repowering ist ein entscheidendes Instrument zur Erreichung der deutschen und europäischen Klimaziele. Aufgrund verbesserter Wirtschaftlichkeit und hoher gesellschaftlicher Akzeptanz sind Repowering-Vorhaben für uns als Projektierer sehr attraktiv. Dieses Potenzial hat VSB frühzeitig erkannt und die entsprechenden strategischen Weichenstellungen vollzogen. Schließlich findet dieses Leuchtturmprojekt nicht zufällig unter dem Dach der VSB statt. Natürlich haben wir auch viele andere Repowering-Projekte in der Pipeline.

Was waren und sind beim Elster-Repowering die größten Herausforderungen – und auch die Besonderheiten?

Thomas Winkler: Klar ist, dass man so ein Mammutprojekt nicht in wenigen Monaten über die Bühne bekommen kann. Ganz im Gegenteil. Die ersten Ideen für das Repowering-Projekt Elster reichen fast zehn Jahre zurück. Über 200 Verträge mit rund 110 verschiedenen Eigentümern mussten neu abgeschlossen werden. Wir haben im Rahmen der bauvorbereitenden Artenschutzmaßnahmen für den Rückbau der Altanlagen nicht weniger als 1.200 Zauneidechsen in eine neue Heimat umgesiedelt. Es wurden über 2000 externe „Experten-Stunden“ für Erfassungen verschiedener Arten aufgewendet. Wir werden eine Fernsteuerung für die Bundeswehr realisieren, damit diese bei Manöverübungen in der Nähe des Windparks die Anlagen vorübergehend abschalten kann. Es wurden Lieferverträge mit Siemens Gamesa und Max Bögl abgeschlossen, sodass wir Windenergieanlagen und Türme zum ersten Mal getrennt voneinander direkt bei den Herstellern eingekauft haben. Wir werden ein automatisiertes System zur Erfassung der Landmaschinen entwickeln und implementieren, das sicherstellt, dass die Windenergieanlagen während verschiedener landwirtschaftlicher Arbeiten auf den Windparkflächen automatisiert abschalten. Und wir haben in einem dreijährigen Verhandlungsprozess mit rund 300 Altkommanditisten von drei Betreiber-KGs, die zwischendurch immer wieder ihr eigenes Repowering-Projekt umsetzen wollten, das Eigentum an den 50 Altanlagen erworben.

Was muss geschehen, dass der Ausbau der Erneuerbaren generell schneller verläuft?

Thomas Winkler: Ganz dringend ist die Überarbeitung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Nachdem wir für einige Themen wie genug Flächen für die Windenergie mit unseren Argumentationen erste richtige Entscheidungen der Bundesregierung in Gang gesetzt haben (siehe Zwei-Prozent-Ziel für Windparks an Land als Flächenpotenzial), müssen wir an die nächste große Baustelle: das zeitaufwändige Genehmigungsverfahren selbst.

Nehmen wir zum Beispiel die Widrigkeiten beim Elster-Repowering: Es mangelt auf Seiten der Behörden noch immer an der dringend notwendigen Digitalisierung. Wir mussten sage und schreibe 70 prall gefüllte Ordner und 53 USB-Sticks händisch als Antrag bei der Genehmigungsbehörde einreichen. Als großes Hemmnis erweist sich auch immer wieder der große Kreis an Trägern öffentlicher Belange. Beim Elster-Repowering waren 53 Gemeinden, Behörden, Verbände beteiligt. Hier müssen wir Kanäle bündeln.

Thomas Winkler,
Geschäftsführer, VSB Neue Energien Deutschland GmbH

Foto: VSB Gruppe