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Ein Auge in der steifen Brise

Gerade im Offshore-Bereich stellen Wartung und Instandhaltung eine besondere Herausforderung dar – allem voran bei den Rotorblättern der Anlagen. Neben hohen Kräften aufgrund der Drehbewegung, die an der Spitze eines Blattes eine Geschwindigkeit von bis zu 400 Kilometer pro Stunde erreichen kann, sind sie ganzjährig den Elementen ausgesetzt. Inspektionen und Wartungsarbeiten sind daher wichtig, aber auch teuer.

Jahrelange Erfahrung mit der Wartung und Instandhaltung von Offshore-Windparks hat die Omexom Renewable Energies Offshore GmbH. Der auf den gesamten Lebenszyklus von Offshore-Anlagen spezialisierte Industriedienstleister kennt das Bündel an Herausforderungen: von der umfassenden und langwierigen Planung über die damit verbundenen Kosten bis hin zu den Risiken für die in luftiger Höhe arbeitenden Techniker. So beträgt etwa die Standzeit einer einzigen Windturbine bei einer herkömmlichen Inspektion zwischen sechs und zwölf Stunden. Bei einem täglichen Ertrag von im Schnitt 10.000 Euro entstehen damit Verluste zwischen 2.500 und 5.000 Euro – ohne Berücksichtigung der Kosten für die Dienstleistung selbst. Unterstützt durch verschiedene Stakeholder und Innovationsförderprogramme von Vinci und Vinci Energies entwickelte Omexom Offshore daher die Lösung „Observaero“: Sie kombiniert die Vorteile von Drohnen mit der automatisierten Bilderkennung mittels Künstlicher Intelligenz (KI).

Statt Menschen die Rotorblätter direkt vor Ort zeitaufwändig und unter persönlichen Risiken inspizieren zu lassen, kommen mit hochauflösenden Kameras ausgestattete Drohnen zum Einsatz. Dank der fortgeschrittenen Technologie gelingt es, den Rotorstern innerhalb von etwa einer halben bis einer Stunde abzufliegen. Die dabei gemachten Aufnahmen werden anschließend einer KI vorgelegt, die auf den Bildern der Rotorblätter Auffälligkeiten vorselektiert und kenntlich macht. Blattexperten werten die Bilder final aus. Wie sieht der Vorgang im Detail aus und welche Technik steckt dahinter?

Inspektion – buchstäblich wie im Flug

Auch Drohnen und ihre spezialisierten Piloten müssen an eine Anlage heran. Die Anfahrt erfolgt wie bei den meisten regelmäßigen Arbeiten im Windpark per Crew Transfer Vessel (CTV). Der Clou: Während bei der herkömmlichen Methode die Seilkletterer einen ganzen Arbeitstag zur Inspektion benötigen und ein Sicherungsschiff vorgehalten werden muss, kann der Drohnenflug innerhalb der zuvor genannten kurzen Zeit erfolgen. So kann eine Drohne innerhalb des Zeitfensters des für einen Tag gebuchten Schiffs gleich mehrere Windturbinen abfliegen und inspizieren, was die Effizienz deutlich hochskaliert.

Nach Abschluss des Drohnenflugs erfolgt ein kurzer Quality-Check des Bildmaterials, bevor der Rotorstern der nächsten Anlage abgeflogen werden kann. Das Team von Omexom überträgt später die auf der Drohne gespeicherten Bilddaten auf die Plattform Observaero, um diese von einer künstlichen Intelligenz analysieren zu lassen. Der Algorithmus, auf dem die KI basiert, hat sich bereits in der Bild-
erkennung im Straßenbau und der Kohleindustrie bewährt. Für die Aufgabe im Windkraftanlagen-Bereich war allerdings zunächst ein Initialtraining nötig, bei dem der KI Bilder von Rotorblättern vorgelegt wurden, bei denen Fachpersonal Schäden zuvor nach streng abgestimmten Regeln manuell markiert hatte. So lernt die KI Muster entsprechender Schäden wiederzuerkennen. Auch während der praktischen Arbeit läuft das Training kontinuierlich weiter. Denn mit jeder neuen Aufnahme lernt die KI hinzu – auch bei nicht oder unzutreffend erkannten Schäden, die – nachträglich korrigiert – wieder in das Training eingespeist werden.

Registriert die KI Mängel, markiert sie diese auf den Aufnahmen. Nach dem Human-in-the-Loop-Ansatz sichten anschließend Blattexperten von Omexom die Bilddaten, überprüfen die KI-Markierungen und erstellen einen Inspektionsbericht, den sie an die jeweiligen Kundenansprechpartner weiterleiten. Zusätzlich zum Inspektionsbericht erhält der Kunde auch Zugang zur Observaero-Plattform, um sich die markierten Bilder selbst anzusehen und weitere Schritte optimal planen zu können.

Die Lösung hat ihre praktischen Fähigkeiten bereits bei mehreren Nordsee-Windparks von verschiedenen Betreibern unter Beweis gestellt.

Mehr Flexibilität für Prüfungen, der deutlich geringere Aufwand, die höhere Effizienz und schließlich die dadurch reduzierten Ertragsausfall- und Service-Kosten ermöglichen gemessen an einer einzelnen Windenergieanlage Einsparungen von rund 0,5 Prozent ihrer Jahresproduktion – oder zwei Tage der vollen Produktionskapazitäten. Um die hochwertige Qualität der Inspektionsergebnisse sicherzustellen, hat Omexom das Verfahren einer Validierung unterzogen und dieses Validierungsprogramm zudem von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle bestätigen lassen. Diese kommt zu dem Schluss, dass das Verfahren von Omexom nicht nur mindestens gleichwertige Ergebnisse zu der traditionellen Seilzugangsmethode liefert, sondern auch die Anforderungen der zuständigen Behörde, des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH), erfüllt. W

Eine Reihe von Nordseewindparks wurde bereits erfolgreich per Drohne inspiziert.

Foto: Omexom Renewable Energies Offshore GmbH

Eine Reihe von Nordseewindparks wurde bereits erfolgreich per Drohne inspiziert.
Lennart Reepschläger,
Projektmanager Observaero, Omexom Renewable Energies Offshore GmbH

OBSERVAERO

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