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Ein Leben für die Windkraft

Nicole Weinhold

Als unabhängiges Ingenieurbüro ist Idaswind schon lange in Entwicklung, Design und Optimierung von Turbinenkonzepten tätig. Konstrukteur Thorsten Spehr ist ein Pionier in der Windbranche.

Wie sind Sie zur Windkraft gekommen?

Thorsten Spehr: Ich habe seit 1982 in Berlin an der TU Luft- und Raumfahrtechnik studiert, habe dann relativ schnell gemerkt, dass ich nicht so viel mit dem Thema am Hut hatte. Professor Gasch hat sich dort schon damals mit Windkraft beschäftigt. Ich habe dann mit ihm und einem weiteren Studenten zusammen eine praktische Vorlesung aufgebaut, die seine Windkraftvorlesungen ergänzte. Wir haben also den praktischen Teil für die Studenten angeboten, er hat mehr den theoretischen Teil gemacht.

Irgendwann haben wir im Keller in der Uni eine halbfertige Windkraftanlage gefunden – mit Zeichnungen dazu. Wir haben gleich gesagt: die bauen wir zu Ende. Aufgestellt haben wir sie an einem einsamen Bauernhof bei Hildesheim. Ein Jahr lang ist sie sehr gut gelaufen, bis sie im Sturm kaputt gegangen ist. Die Windkraftanlage hat mich so begeistert, dass ich mich 1986 um einen Praktikumsplatz bei Südwind bemüht habe. Am Ende des Praktikums fragten die mich, ob ich nicht Lust habe, dort bei Südwind zu arbeiten. Ich wollte zunächst mein Studium abschließen, habe dort aber nebenbei schon gearbeitet. Nach Abschluss des Studiums 1987 habe ich dann Vollzeit für Südwind gearbeitet.

Ist es wahr, dass man bei Südwind kein festes Aufgabengebiet hatte?

Thorsten Spehr: Unter anderem gab es anfangs den sogenannten rotierenden Vertrieb, weil wir alle begeisterte Techniker waren und keiner richtige Lust hatten, Anlagen zu verkaufen. Deshalb sollte jede Woche ein anderer den Vertrieb machen. Dass das nicht sonderlich erfolgreich war, kann man sich vorstellen. Das wurde dann sehr schnell geändert.

Wie kam es zur Gründung von Idaswind?

Thorsten Spehr: Im Mai 1996 ist Südwind in die Insolvenz gegangen, wurde von Investoren übernommen, die eine neue Südwind gemacht haben, mit der wir aber nicht zufrieden waren. Wir fragten dann die Muttergesellschaft von Nordex, ob man nicht etwas zusammen machen könne. Die sagten: Okay. Kommt nach Rerik, da bauen wir eine gemeinsame Ingenieursabteilung auf. Das haben wir auch gemacht. Das war aber auch nicht das Richtige. Dann haben drei Leute von dem ehemaligen Südwindteam die Fühler ausgestreckt. Es gab schon zu Südwindzeiten Kontakt zu Suzlon. Die sagten: Wir brauchen neue Anlagen, könnt ihr etwas organisieren? Wir haben bei Nordex gekündigt und 1999 Idaswind gegründet. Dann haben wir u.a. für Suzlon Anlagen konstruiert, aber auch Ingenieurdienstleistungen für GE durchgeführt.

Was für Anlagen waren das für Suzlon?

Thorsten Spehr: Mit Idaswind haben wir für Suzlon Anlagen entwickelt – 1 MW, 1,25 MW, 2,1 MW, 600 kW. Suzlon wollte dann Idaswind kaufen, um eine eigene Entwicklungsabteilung zu haben. Dem Verkauf haben wir nach langer Diskussion zugestimmt. Wir wurden verpflichtet, für eine gewisse Zeit für Suzlon zu arbeiten. Aber auch das entwickelte sich nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Also haben wir 2008 Idaswind zurückgekauft.

Was war das Problem bei Suzlon?

Thorsten Spehr: Als wir die Zusammenarbeit mit Suzlon begannen, habe die mit zehn Leuten die ersten Anlagen gebaut. Dann wurden es in zwei Jahren 15.000 Leute. Weil man da überlegt hatte, man will Weltmarktführer sein. Bei so hohen Zielen und so einer Personalsteigerung wäre der Aufbau einer angemessenen Struktur der Firma notwendig ­gewesen. Diese wurde aber nicht ausreichend realisiert. Es war das totale Chaos. Uns war klar, das geht nicht gut. Und was man heute so hört, stimmt das wohl.

„Irgendwann haben wir im Keller in der Uni eine halbfertige Windkraftanlage gefunden – mit Zeichnungen dazu. Wir haben gleich gesagt: die bauen wir zu Ende.“

Was macht Suzlon heute?

Thorsten Spehr: Die haben sich wieder komplett auf Indien zurückgezogen, wobei das Geschäft dort stockt. Und sie spielen auch auf dem Weltmarkt keine Rolle mehr.

Dann kam Tembra…

Thorsten Spehr: Nachdem wir Idaswind zurückgekauft hatten, wollten wir nicht mit derselben Firma weitermachen. Das hätte eventuell Probleme mit Suzlon gegeben, weil wir versprochen hatten, die Firma nicht so schnell zu reaktivieren. Dann haben wir also Tembra gegründet und die Konstruktionsarbeiten fortgesetzt, unter anderem mit China und Korea. Die koreanische Firma Hanjin war auch schon zu Idaswind-Zeiten unser Kunde.

Dann kam ein Riesenauftrag der Firma Prokon. Die hatten sich entschieden, selbst Anlagen zu produzieren.

Da ist nicht viel draus geworden…

Thorsten Spehr: Nein. Prokon ist dann ja in die Insolvenz gegangen. Da wurden wir in den Strudel hineingerissen. Zwei Prototypen sind aufgestellt worden und wir bekamen noch viel Geld von Prokon. Aber dann war das Unternehmen insolvent. Das war also einer der Gründe, weshalb Tembra aufgeben musste. Schließlich haben wir gesagt: wir machen mit Idaswind weiter.

Was war das für ein Turbinendesign für Prokon?

Thorsten Spehr: Wir sprechen immer mit dem Kunden darüber, was der haben will. Das sind sehr unterschiedliche Anlagen, auch von der Leistungsklasse her. 100 kW bis sechs MW. Direkt getrieben mit drei Megawatt bei Prokon, mit Getriebe bei Hanjin. Stall oder Pitch. Das haben wir alles gemacht. Jede Anlage ist unterschiedlich.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Hanjin?

Thorsten Spehr: Korea hat ja schon einiges gemacht: Samsung, Hyundai, andere Firmen…

Daewoo Shipping hatte sich 2009 Dewind geschnappt…

Thorsten Spehr: Die sind auch nicht mehr aktiv. Jetzt gibt es drei Firmen - Doosan, Unison, Hanjin - die etwas machen. Hanjin hat vor vier Jahren ein großes Forschungsprojekt an Land gezogen von der Regierung - Entwicklung einer 4,2-MW-Anlage mit weiter entwickeltem Softwarekonzept, sodass man die Anlage über die Software standort-optimieren kann. Diese Anlage steht jetzt in der Halle bei Hanjin, bis auf die Rotorblätter. Wir haben sie mit allen Komponenten getestet. Im Frühjahr wird sie aufgestellt.

„Wir gehen auch nicht von 20 Jahren Lebensdauer aus, sondern schauen: Wieviel von der Lebensdauer ist schon verbraucht? Es gibt Standorte, an denen die Anlage auch 30 oder 40 Jahre laufen kann.“

Eine intelligente Steuerung, die die Anlage befähigt, an jedem Standort sicher zu laufen?

Thorsten Spehr: Genau, sonst ändert man ja die Hardware, z.B. die Turmhöhe und/oder den Rotordurchmesser. Wir lassen die Hardware immer gleich. Wir gehen auch nicht von 20 Jahren Lebensdauer aus, sondern schauen: Wieviel von der Lebensdauer ist schon verbraucht? Es gibt Standorte, an denen die Anlage auch 30 oder 40 Jahre laufen kann. Oder man lässt sie gedrosselt laufen, wenn der Wind sowieso nicht so gut ist, um sie zu schonen, und lässt sie bei gutem Wind umso mehr Energie erwirtschaften.

Spannend. Nach dem Motto: Eine Anlage, die wenig Turbulenz um sich hat, wäre in der Lage fünf oder sechs Jahre länger zu laufen.

Thorsten Spehr: Ja. Jeder Betreiber muss die Kosten für die erzeugte Energie betrachten. Dabei müssen alle Faktoren während der Lebensdauer mit berücksichtigt werden, wie z.B. auch die Wartungskosten. Die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde sollten so weit wie möglich gesenkt werden. Das fanden die Koreaner auch ganz gut.

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