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Entlastung für das schwächste Glied

Im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung in der Windenergie wurde das Projekt ReStroK ins Leben gerufen. Es befasst sich mit der Reduktion der Stromgestehungskosten von Onshore-Windenergieanlagen. Im Rahmen dieses Projekts wurde am Center for Wind Power Drives (CWD) untersucht, inwiefern Aussagen über die verbleibende Restlebenszeit einer Windkraftanlage und ihrer Komponenten aus den Scada-Daten abgeleitet werden können. Supervisory Control and Data Acquisition – kurz: Scada – bezeichnet ein IT-System zur Überwachung und Steuerung technischer Prozesse und zeichnet Statusmeldungen von Anlagenzustand und Fehlern, sowie wichtige Betriebsparameter wie beispielsweise Drehzahl und Windgeschwindigkeit auf. Es hat sich herausgestellt, dass es in Anbetracht des aktuellen Forschungsstands bisher noch nicht möglich ist, aus diesen Daten quantitative Aussagen über eine verbleibende Zeitspanne bis zum Anlagenausfall abzuleiten. Allerdings können die Anlagen untereinander verglichen und Aussagen getroffen werden, welche zum momentanen Zeitpunkt die höchste Gesamtschädigung aufweist und daher am wahrscheinlichsten zuerst ausfällt. Hierfür wird der momentane Degradationszustand einzelner Komponenten simuliert und daraus resultierend eine Systemdegradationskennzahl der Windkraftanlage berechnet. Die Degradation bezeichnet die aktuelle Schädigung eines Bauteils, die sich mit zunehmender Betriebszeit und einhergehender Belastung durchweg erhöht.

Damit diese aktuelle Schädigung bestimmt werden kann, ist zunächst zu ermitteln, welche Faktoren einen Einfluss nehmen. Das können sowohl Umwelteinflüsse wie beispielsweise die Windgeschwindigkeit oder anlagenbezogene Faktoren wie die Rotordrehzahl oder das Drehmoment sein. Fehlende Parameterdaten wurden dabei mithilfe physikalischer Gleichungen aus den vorhandenen Daten abgeleitet.

Wie in Abbildung 1 zu erkennen, werden im nachfolgenden Schritt die auf den Rotor wirkenden Lasten simulativ ermittelt. Dafür wird zunächst ein zeitlich und örtlich aufgelöstes dynamisches Windfeld modelliert und anschließend an das Simulationstool FAST übergeben. FAST steht für Fatigue, Aerodynamics, Structures and Turbulence und ist ein physikbasiertes Werkzeug zur Simulation des dynamischen Verhaltens von Windenergieanlagen. Es wurde am National Renewable Energy Laboratory (NREL) der USA entwickelt und steht als Open-Source-Anwendung zur freien Verfügung. Mit Hilfe des generierten Windfeldes sowie einiger Betriebsdaten können somit die Kräfteverteilung und die Biegemomente am Rotor dynamisch ermittelt werden.

Rotorlast auf Komponenten aufgeteilt

Um die Schädigung der einzelnen Bauteile abzuleiten, muss die ermittelte Rotorlast auf die einzelnen Komponenten des mechanischen Triebstrangs (Abbildung 2) aufgeteilt werden. Der Triebstrang bezeichnet dabei die leistungsübertragenden drehenden Komponenten vom Rotor über das Getriebe bis hin zum Generator.

Aus dieser Lastverteilung kann auf die Teilschädigungen der Bauteile und ihrer Lagerungen geschlossen werden. Abschließend wird daraus die sogenannte Degradationssystemkennzahl der jeweiligen Windenergieanlage bestimmt, was den erwähnten Vergleich der Anlagen untereinander ermöglicht.

In Abbildung 3 ist die Systemdegradation dreier Windkraftanlagen für den Windpark Wegberg beispielhaft dargestellt. Eine sprunghafte Minderung der Degradation weist auf einen Komponentenaustausch hin. Das neu eingesetzte Bauteil weist bisher keine Schädigung auf, wodurch auch die Systemdegradation schlagartig abnimmt. Wie zu erkennen ist, sind zwei Anlagen weniger stark degradiert als die Dritte. Ist der Windparkbetreiber zum Beispiel aufgrund von Netzüberlastung gezwungen, die Einspeiseleistung zu verringern, hilft dies bei der Entscheidungsfindung in der Auswahl der abzuschaltenden Anlagen. Bisher wurden mangels fehlender Daten meist die ältesten Anlagen abgeschaltet. Wird nun der Degradationszustand mitbetrachtet, kann dies zu wirtschaftlichen Vorteilen durch eine Reduzierung der Ausfallraten und einer daraus folgenden Reduktion der Stromgestehungskosten für den Windparkbetreiber führen. 

Autor: Björn Zacharias,Research Associate, CWD, RWTH Aachen

RWTH Aachen

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