Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Siemens Gamesa, Vestas

Führende Turbinenbauer finanziell unter Druck – Gigawattwindpark mit SG 14-236

Zuerst musste Windturbinenhersteller Siemens Gamesa am Donnerstag vergangener Woche eine „negative Entwicklung der Störungsrate bei spezifischen Komponenten“ einräumen. Bei einer Überprüfung der installierten Anlagenflotte habe Siemens Gamesa diese Entwicklung entdeckt. Die Komponentenfehler führten so zu höheren Gewährleistungs- und Reparaturkosten, als vorher erwartet, teilte der bei Windparkinstallationen im Meer führende Windturbinenkonzern als wichtiges Ergebnis einer vorläufigen Bilanz des letzten Geschäftsquartales im vergangenen Kalenderjahr mit. Siemens Gamesa bilanziert das Schluss-Kalenderjahresviertel allerdings traditionell als erstes Geschäftsquartal des jeweiligen Gesamtjahres, in diesem Fall also des Geschäfts-Gesamtjahres 2022/2023.

Beim Ebit, dem sich aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ergebenden Gewinn oder Verlust, habe sich somit eine Belastung von 472 Millionen Euro ergeben. Das Ebit-Minus insgesamt betrug gemäß der vorläufigen Bilanz 760 Millionen Euro. Auch ein geringerer Umsatz sei dafür verantwortlich, notiert das Unternehmen. Dieser betrug ungefähr wohl zwei Milliarden Euro nach 1,8 Milliarden im ersten Quartal ein Jahr zuvor und 2,3 Milliarden Euro im ersten Quartal 2020/2021.

Siemens Gamesa arbeitet derzeit in einem Mistral genannten Effizienz- und Kostensenkungsprogramm daran, das Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen wie nicht zuletzt auch der Fertigung auf mehr Wirtschaftlichkeit zu trimmen. Außerdem soll Mistral auf negative Rahmenbedingungen reagieren wie Inflation, steigende Rohstoff- und Komponentenpreise, Lieferkettenschwierigkeiten auch infolge der Anti-Pandemiemaßnahmen im Komponentenlieferland China und Investorenzurückhaltung aufgrund des Ukrainekrieges. Auch die technischen und womöglich organisatorischen oder logistischen Schwierigkeiten bei der Einführung der Großanlagenplattform für Windparks an Land 5X musste Siemens Gamesa angehen. Bei der Markteinführung der 5X-Plattform sei das Unternehmen nun aber sowohl bei der Anlagenmontage als auch bei den Windparkerrichtungen dem Plan wieder voraus.

Bei den Bestellungen vermeldet Siemens Gamesa einen Auftragseingang von 1,6 Milliarden Euro. Dabei erziele das Unternehmen zunehmend höhere Verkaufspreise, der durchschnittliche Verkaufspreis für Windenergieanlagen an Land erreichte einen Wert von wieder 0,95 Millionen Euro pro Megawatt (MW) Erzeugungskapazität der Turbine.

Eine Woche vor der Vorab-Bilanz hatte indes Energiekonzern RWE angekündigt, die zu Tests für die Markteinführung vorbereitete Siemens-Gamesa-Meereswindturbine SG 14-236 und damit die zusammen mit einer Vestas-Turbine bald größte Windenergieanlage der Welt im dänischen Nordseewindpark Thor zu verbauen. Die Ankündigung betrifft den bis auf weiteres größten dänischen Offshore-Windpark mit einem GW Erzeugungskapazität, für den RWE in einer Ausschreibung den Zuschlag am 1. Dezember 2021 erhalten hatte. Die Planungen sehen einen Netzanschluss bis 2026 vor.

Eine Woche nach Siemens Gamesa musste am Freitag auch Vestas hohe Gewährleistungen und ein negatives Quartalsergebnis vorankündigen. Die gestiegenen Kosten beträfen Reparaturen und Upgrades, also Verbesserungen an Anlagen durch Einbau aufgebesserter Bauteile. Speziell für die bisher größte Offshore-Windenergieanlage der Dänen, die V174, hätten sich auch weniger Aufträge als geplant ergeben, was die Wirtschaftlichkeit angreife und diese Plattform mit 95 Millionen Euro belaste.

Verzögerungen zudem bei einigen Projekten am Ende des Quartals und einzelne nicht näher von Vestas benannte weitere „Ereignisse“ hätten schließlich für das Gesamtjahr dazu geführt, dass die Ebit-Marge für 2022 dann mit minus acht Prozent ausfiel. Vestas hatte hierfür im November noch ein minus von fünf Prozent vorausgesehen. Die Jahresumsätze blieben knapp unterhalb der 14,5 Milliarden Euro, die als Minimum der Vorgabe von Anfang November von 14,5 bis 15,5 Milliarden Euro gegolten hatten. Ursprünglich waren für das Jahre 2022 Umsätze von 15 bis 16,5 Milliarden Euro als Ziel gesetzt.

Allerdings kann auch Vestas auf eine sich allmählich wieder erhöhende Profitabilität und auf zunehmend bessere Preise pro installiertem Megawatt verweisen. So habe das Unternehmen im Schlussquartal bei den Bestellungen 1,15 Millionen Euro pro MW erzielt – und im Gesamtjahr im Schnitt von 1,07 Millionen Euro – 1,04 Millionen Euro pro MW für die Windenergieanlagen an Land. Dies komme einem Acht-Prozent-Plus beim Anlagenverkaufswert gleich.

Für das neue Geschäftsjahr 2023 dämpft Vestas nun die Erwartungen weiter Bestenfalls 15,5 Milliarden Euro sieht die Vorausschau nun als Jahresumsatz vor. Doch bei einem schlechteren Verlauf könnte das Unternehmen eventuell auch nur 14 Milliarden Euro einspeisen, so lautet nun der Ausblick, noch einmal knapp 500 Millionen Euro unterhalb des Umsatzes von 2022. 2021 hatte der Umsatz noch tatsächlich 15,6 Milliarden Euro betragen. Die Ebit-Marge visiert Vestas nun bei im schlechten Fall minus zwei Prozent und bestenfalls bei drei Prozent an. Immerhin sollen die Investitionen mit einem Volumen von einer Milliarde Euro stattfinden, ein Niveau, das schon für 2022 vorgesehen war. Vestas hatte vergangenes Jahr aber voraussichtlich nur rund 760 Millionen Euro in die Zukunft des Unternehmens gesteckt.