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EU-Stresstest Reaktorsicherheit

Harte Zeiten für Kernkraft

Zwar seien die gefundenen Mängel in beinahe jedem Reaktoren zahlreich, sagen die Umweltschützer bei Greenpeace, da allerdings jeder Staat allein für die Sicherheit seiner Meiler und damit auch für die Tests zuständig ist, hätten die Untersuchungen der Kraftwerke eine stark unterschiedliche Qualität. Einige Greenpeace-Experten haben die Untersuchungen noch einmal wissenschaftlich analysiert und kamen zu dem Schluss, dass unter anderem das deutsche Kernkraftwerk Grundremmingen schneller als geplant und das Schweizer AKW Mühleberg sofort abgeschaltet werden müsste.

Solch weitreichende Konsequenzen hat der Stresstest allerdings nicht. Vielmehr gibt er Empfehlungen, welche Sicherheitseinrichtungen in den Kernkraftwerken nachträglich installiert werden sollten: Demnach müssen unter anderem bei 121 Kraftwerken Erdbebenmessgeräte installiert werden, 32 würden spezielle Filter benötigen, die es erlauben, den Druck im Reaktor ohne Gefahr für die Umgebung abzulassen und 24 Anlagen fehlte bisher ein redundanter Kontrollraum. Insgesamt, berichten mehrere Medien einheitlich, wären zwischen zehn und 25 Milliarden Euro für die Umrüstung der Kraftwerke nötig.

Versicherbar durch Haftungsgrenze

Zusätzlich zu ihren Empfehlungen will die Europäische Kommission bis 2013 ihre Gesetzgebung für nukleare Sicherheit aktualisieren. Auch die Grenzwerte für radioaktiv kontaminierte Lebensmittel sollen angepasst werden. Zu guter Letzt plant die Kommission eine Pflichtversicherung für Atomkraftwerke einzuführen. Damit würde laut Oettinger auch die Vollkostenrechnung der Atomenergie „ehrlicher“ – bislang galten Atomkraftwerke als nicht versicherbar, da die volkswirtschaftlichen Kosten einer nuklearen Katastrophe so hoch wären, dass kein Versicherer dafür die Haftung übernehmen würde. Dieses Problem soll nun mit Haftungsobergrenzen bewältigt werden. Dennoch würden die Kosten für Atomstrom durch eine zusätzliche Versicherung stark ansteigen – mit dem Nebeneffekt, dass der Preiswettbewerb der einzelnen Energieformen untereinander dadurch weit mehr den Gesetzen eines freien Marktes gehorcht.

Das könnte am Ende auch dazu beitragen, dass einige Bauvorhaben für neue Meiler zwischen 2012 und 2020 noch einmal überdacht werden. Gut ein Dutzend neue Kraftwerke sollen in sieben EU-Staaten entstehen – darunter laut dem Lobbyverband World Nuclear Association vier in Großbritannien und je zwei Frankreich, Polen, Rumänien und der Slowakei.

Sicherheit bei Neubau nicht selbstsverständlich

Und höchste Sicherheitsstandards sind selbst bei den neuen Projekten nicht zwingend zu erwarten: So haben zuletzt die Energielandesräte der Bundesländer in Österreichs zwei geplante Neubauten in den Nachbarländern Tschechien (AKW Dukovany) und Slowakei (AKW Mochovce) untersuchen lassen. Bewertet wurden dabei Erdbebensicherheit, Widerstandsfähigkeit gegen terroristische Angriffe, bauliche Schwachstellen und Notfallpläne. „Die Ergebnisse der Studien sind mehr als beunruhigend“, sagt Stephan Pernkopf, Energielandesrat Niederösterreich. Im AKW Mochovce würden sowjetische Druckwasserreaktoren (Typ WWER-440/213) errichtet, die laut Pernkopf zu den weltweit unsichersten gehörten.

(Denny Gille)