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Kugelanemometer optimiert Windmessung

Hertzensangelegenheit

1846 kombinierte John Thomas Romney Robinson vier Halbschalen an horizontalen Armen mit einer vertikalen Achse. Fertig war im Prinzip das erste Schalensternanemometer: Pustet der Wind in die Schalen, lässt sich aus der Drehzahl des Sterns die Windgeschwindigkeit ableiten. Bis heute dominiert dieses Messinstrument die Windbranche. Kein anderer Windmesssensor ist etwa bei der Vermessung der Leistungskennlinie zugelassen.

Dabei ist das Schalensternanemometer technisch nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Der größte Konkurrent: das Ultraschallanemometer. Und jetzt kommt noch ein zweiter hinzu. Forscher des Zentrums für Windenergieforschung, Forwind, haben ein Kugelanemometer entwickelt, das ein paar Vorteile gegenüber dem klassischen Mess­instrument verspricht. Es wurde bereits vielfach getestet: im Windkanal, auf der Gondel einer Windturbine und zuletzt ein Jahr auf einer Messstation der Universität Oldenburg. Das Projekt ist abgeschlossen, die Ergebnisse vielversprechend.

„Damit Windenergieanlagen präziser auf die veränderlichen Windbedingungen reagieren können, wollen wir Geschwindigkeitsänderungen so schnell wie möglich messen“, sagt Forwind-Wissenschaftler Hendrik Heißelmann, Entwickler des Kugelanemometers. Im Vergleichstest im Windkanal der Universität Oldenburg detektierte das Schalensternanemometer Windgeschwindigkeitsänderungen mit einer Frequenz von einem Hertz. Das getestete Ultraschallmessgerät brachte es auf 32 Hertz, das Kugelanemometer erreichte etwa 40.

Verschleißfrei: Lager und Dichtungen entfallen

Der größte Vorteil der Entwicklung aber liegt laut Heißelmann in der Wartungsarmut des Systems. „Schalensternanemometer haben Lager und Dichtungen. Sie bieten mechanischem Verschleiß, Sand und Salz Angriffsmöglichkeiten. Das Kugelanemometer arbeitet verschleißfrei.“ Denn es bewegt sich bei maximalem Wind höchstens einen Millimeter.

Dass es dabei trotzdem zuverlässig misst, liegt an einem Laser im Inneren der Kugel. Dessen Strahl verläuft durch das hohle Metallstäbchen, bis er auf eine Art Fotosensor trifft. Jede noch so kleine Auslenkung der Kugel durch den Wind bewirkt eine minimale Verschiebung des Laserpunkts auf dem Sensor. Daraus lässt sich die Windgeschwindigkeit ermitteln. Selbst die Windrichtung lässt sich dadurch messen. „Die Genauigkeit liegt bei bis zu zwei Grad“, erklärt Heißelmann.
Was noch fehlt, ist ein Industriepartner für Produktion und Vertrieb der Technologie. „Preislich können wir den Bereich der Ultraschallmessgeräte erreichen“, prognostiziert Heißelmann. (Denny Gille)

Dieser Artikel ist in der Printausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN von Oktober 2014 erschienen. Gefällt er Ihnen? Holen Sie sich jetzt ein kostenloses Probeabo unseres Magazins.