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Netzstudie II

dena beweist erneut ihre Parteinahme gegen dezentrale Erneuerbare Energien

Die Deutsche Energie-Agentur hat heute die Ergebnisse ihrer Netzstudie II vorgestellt. Dort hat die dena die Frage untersucht, welche Auswirkungen die verstärkte Einspeisung von Windenergie auf das Höchstspannungsübertragungsnetz hat. Darin wird auch die Frage behandelt, wie sich der Netzausbau im Zeithorizont 2020/25 entwickeln muss, damit die Integration der erneuerbaren Energien deutlich gesteigert werden kann. Der bis 2020 notwendige Ausbau im deutschen Höchstspannungsnetz wird in der zweiten Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena-Netzstudie II) in der sogenannten Basisvariante auf 3.600 km beziffert. Er bezieht sich auf die derzeit übliche Übertragungstechnologie mit 380-kV-Drehstrom-Freileitungen, den Autobahnen unter den Stromtrassen.

Alternativ zu ausschließlich neuen Freileitungen ist laut der dena-Netzstudie II auch die Ausrüstung bestehender Trassen mit Hochtemperaturseilen eine Möglichkeit, den Ausbaubedarf massiv zu reduzieren: Statt 3.600 km würden dann nur noch 1.700 km neue Leitungen benötigt. Hochtemperaturseile können bei gleicher Dimensionierung deutlich mehr Strom transportieren.

Die neuen Stromautobahnen werden unter anderem für die Anbindung von Onshore-Windparks im Osten und Norden Deutschlands und von geplanten Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee an die Verbrauchsregionen in Süd- und Westdeutschland benötigt. Für diese Strecken kommt mittelfristig auch eine komplette Erdverkabelung mit der neuen spannungskontrollierten Gleichstromtechnologie, VSC (Voltage Source Controlled) in Betracht. Diese Kabeltechnologie zieht nach den Berechnungen der dena jedoch deutliche Mehrkosten nach sich, die aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vertretbar seien. Die VSC-Kabeltechnologie sei verlustärmer im Vergleich zur konventionellen Drehstromübertragungstechnik und mit drei- bis viermal höheren Kosten zu realisieren. Für den Durchschnitthaushalt beliefe sich der monatliche Mehraufwand auf 1 bis 2 Euro. Dieser ließe sich durch mehr Wettbewerb am Strommarkt kompensieren. Nach Ansicht der DUH ist es ein Skandal, dass der Handel an der Leipziger Strombörse seit einem Jahr ohne behördliche Aufsicht stattfindet und Insidergeschäfte gesetzlich nicht verboten sind (siehe FAZ-Bericht vom 22..11.2010). Dem Marktmissbrauch und der Manipulation der Strompreise sei damit Tür und Tor geöffnet. Wer über Kosten klage, müsse nach Ansicht der DUH vor allem hier ansetzen.

Der Bundesverband WindEnergie begrüßt hingegen grundsätzlich die Feststellung, dass sich die zukünftige Netzstruktur aufgrund geänderter Erzeugungs- und Nachfragestrukturen grundlegend ändern müssee.
Allerdings springe die Fokussierung der dena-Netzstudie II auf eine nationale Betrachtung viel zu kurz. "Netzausbau ist heute keine rein nationale Aufgabe mehr, sondern eine europäische Verpflichtung. Seit letzter Woche kennen wir die Vorstellungen der EU-Kommission einer künftigen europäischen Energieversorgung", sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie. "Diese Anforderungen aus Brüssel müssen in ein strategisches Konzept für die Weiterentwicklung des Stromnetzes in Deutschland einfließen. Deutschland braucht eine schlüssige, EU-konforme Strategie für den Ausbau der inländischen Netze, der Speicher und der Grenzkuppelstellen, die über den Tag hinaus Bestand hat."

Der notwendige Netzumbau ist bereits seit der dena-Netzstudie I (2005) bekannt. Nicht nur der verstärkte Ausbau der Windenergie, sondern im gleichen Maße auch neue Kohlekraftwerke in Küstennähe machen neue Stromtrassen vom Norden Deutschlands in die Ballungszentren notwendig. Die Liberalisierung der Energiemärkte 1998 hatte nicht dazu geführt, dass in die Netzinfrastruktur in Deutschland investiert wurde. Ganz im Gegenteil: Seit nunmehr fast 30 Jahren wurde der Netzausbau von Politik und Energiewirtschaft vernachlässigt. Umso größer ist die Herausforderung heute.

Für die Windenergie kommt es darauf an, neben dem zweifellos notwendigen Ausbau der Stromnetze auch die heute bereits verfügbaren Netztechnologien wie Hochtemperaturleiterseile und Netzmanagementmaßnahmen (Temperaturmonitoring von Freileitungstrassen) zu nutzen. "Gerade der technologische Fortschritt muss in einem Industrieland wie Deutschland berücksichtigt werden und würde die Bevölkerung von Baumaßnahmen entlasten. Wenn die bestehenden Freileitungen mit Hochtemperaturseilen und Temperaturmonitoring optimiert werden, brauchen wir nur halb so viel neue Stromtrassen. Das erhöht die Akzeptanz für den Netzumbau bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort", betonte Albers.

Es bleibt weiterhin fraglich, warum die dena ihre öffentlichen Verlautbarungen so indifferent und tendenziell verfasst. Ein Eingehen der Studie auf den notwondigen Trend zu Dezentralisierung mit Kleinanlagen für Solar- und Windenergie sowie die Auswirkungen auf den Bedarf an Trassen bleibt die Studie schuldig. Das erscheint fast hilflos. Es ist denkbar, das handfeste Interessen dahinter stehen. (jw/pi)