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Kommentar: Keine Mehrkosten durch weniger Kohlestrom

Tunnelblick auf Kohlen und Kosten: Die Irrwege der Leitmedien

Stollen TunnelLicht im StollenDer Tunnelblick der Medien zum Strompreisthema braucht ein paar erhellende Gedanken. Foto: Bernd Kasper / pixelio.de

Man mag nicht darauf gewartet haben, aber hier kommt endlich der unfehlbare Beleg, dass Kohleenergie einfach unverzichtbar ist: Schaltet man nur zehn Kohlemeiler ab, steigen die Börsenstrompreise dadurch um 0,17 bis 0,5 Cent pro Kilowattstunde.

Wow.

Das ist mal eine Schlagzeile wert. Hier die Vorschläge aus der Tagespresse:

„Strom könnte wieder teurer werden“, n-tv

„Aus für zehn Kohlekraftwerke könnte Strompreis erhöhen“, Handelsblatt, FAZ

„Kohle-Aus würde Strompreis treiben“, Sächsische Zeitung

Leider hat sich bei der Verbreitung dieser Recherche der Nachrichtenagentur dpa niemand die Mühe gemacht einmal nachzudenken, was das eigentlich bedeuten soll.

Denn in den letzten Jahren war der Börsenstrompreis deutlich niedriger als noch 2008. 2014 wird er laut Fraunhofer ISE sogar nur halb so hoch sein. Und was ist in dieser Zeit mit den Verbraucherstrompreisen passiert? Sie stiegen! Kontinuierlich, Jahr für Jahr (siehe hier, Seite 46).

Was wäre nun die Folge, wenn der Börsenstrompreis steigt? Eine Senkung der EEG-Umlage. Schließlich sorgt sie für den Ausgleich zwischen den niedrigen Grünstromerlösen an der Börse und der höheren Festvergütung an EEG-Strom. Normalisieren sich die Preise im Stromhandel, sorgt das für Entspannung bei der Umlage.

Klar, es ist nicht zwingend gesagt, dass die Energieversorger nicht doch versuchen würden die Steigerung der Handelsstrompreise an die Verbraucher weiterzugeben. In dem Fall muss man ihnen endlich einen Riegel vorschieben, etwa mit der Begründung: Wenn ihr schon eine Halbierung der Börsenstrompreise nicht auf der Rechnung des Stromkunden abbilden konntet, verfahrt bei leichter Börsenstrompreissteigerung wenigstens genauso!

Kommentar Denny GilleSunMedia Weniger Kohle: drei Fliegen mit einer Klappe

Hintergrund der Berechnungen zur Börsenpreisentwicklung mit weniger Kohlestrom ist eine Diskussion zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium, ob man zehn Gigawatt aus Kohlekraft stilllegen könne, um die Emissionsziele 2020 zu erreichen. Tatsächlich wären die Ziele so wohl zu erreichen. Das klingt insgesamt nach einem guten Tausch: alte Kohlekraftwerke weg und dafür kommt man mit den Emissionen auf Kurs, senkt die EEG-Umlage und würde endlich das Problem der massiven Stromüberkapazitäten loswerden.

Denn allein im letzten Jahr hat Deutschland netto unfassbare 22,8 Milliarden Kilowattstunden Strom exportiert. Die Leitungen sind zum Bersten voll. Und nicht immer lässt sich der Überschuss ins Ausland abschieben. Um dem Stromüberschuss im Land irgendwie Herr zu werden, verzichtete man daher allein 2012 komplett auf die Produktion von 380 Millionen Kilowattstunden Windstrom. Die Anlagen wurden einfach abgeschaltet.

Das zeigt doch wie dringend eine Normalisierung der Stromerzeugungskapazitäten ist. Und wie sich das für eine Energiewende gehört – die offiziell noch immer politisch gewollt ist – müssen eben nicht Grünstromanlagen gedrosselt, sondern fossile Kraftwerke abgeschaltet werden.

Doch die Bundesregierung und ihr Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel geben sich eher widerspenstig als einsichtig, wenn es um die Abschaltung der Kohlekapazitäten geht. Teile der SPD, wie Hannelore Kraft in NRW oder Dietmar Woidke in Brandenburg werden gar nicht Müde zu betonen, wie elementar wichtig die Kohle ist – für Energiewende, Klimaschutz und weiß der Teufel noch was.

So kühne Meldungen zur Rolle der Kohle an niedrigen Strompreisen wie sie die Tagespresse voreilig verbreitet haben, sind der Kohlelobby eine willkommene Rückendeckung.

(Denny Gille)