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Unkonzentrierter Chef: Heiß auf den nächsten K(l)ick

Auf einen Blick:

  • Alltag: Ständige Unterbrechungen stören die Konzentration.
  • Problem: Digitale Medien haben ein extremes Suchtpotenzial.
  • Lösung: Regeln für den Umgang mit dem Smartphone festlegen.

von Heiner Siefken

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in diesem Text um Sie geht, ist enorm. Spüren Sie ihn etwa nicht, diesen Sog, den das Smartphone und die sozialen Medien haben?

Professor Alexander Markowetz denkt hauptberuflich darüber nach, wie sich unser Leben entwickelt. Kein kleines Thema: „Die Veränderung von allem.“ Eine Veränderung ist längst passiert, das zeigt der Titel eines Buches, das Markowetz geschrieben hat: „Digitaler Burnout.“ Untertitel: „Warum unsere permanente Smartphone-Nutzung gefährlich ist.“

Die Sucht nach allem, was digital ist und auf Bildschirmen gezeigt wird, ist besonders perfide, die Betroffenen können das Suchtmittel kaum meiden. Dass Handwerksunternehmer im und mit dem Netz und sozialen Netzwerken arbeiten, ist der Normalfall, sie organisieren ihren Betrieb und ihre Mitarbeiter mit dem Smartphone in der Hand.

Chefs kleiner Betriebe sind besonders gefährdet

Ein Unternehmer, der unter einer Digitalsucht leidet, habe kaum eine Wahl, sagt Markowetz im Gespräch mit handwerk.com: „Der geht jeden Morgen zurück in sein Hochrisikoumfeld.“ Das sei dann so, als würde man einem Alkoholiker einen Thekenjob verschaffen.

Innerhalb großer Unternehmen sei es vergleichsweise einfach, die Grundregel für eine rücksichtsvolle Kommunikationskultur umzusetzen: „Leute, ab sofort machen wir uns gegenseitig nicht mehr verrückt.“ Der größte Teil der Kommunikation kleiner Betriebe finde dagegen nach außen statt, sagt Markowetz.

„Bitte senden Sie mir nur noch zusammenhängende E-Mails und nicht alle zwei Stunden Gedankenhäppchen in Whatsapp. Schicken Sie mir nicht alle zwei Stunden irgendeinen Mist, der Ihnen gerade durch den Kopf geht.“ Im Büro sei so eine Ansage noch denkbar, seinen Auftraggebern könne ein Handwerksunternehmer aber keine „Kommunikationsetikette“ vorschreiben, verdeutlicht Markowetz: „Da ist der Chef dem Wahnsinn des Kunden ein Stück weit ausgeliefert.“

Die permanente Belohnung lockt

Am Ende des Tages sei die vertane Zeit nicht einmal das größte Problem. Es sei die extreme Zahl der Unterbrechungen, die einen Unternehmer mürbe machen.

Von morgens bis abends zwischen völlig unterschiedlichen Aufgaben hin und her zu wechseln, sei eine extreme Anforderung: „Nach jeder Unterbrechung müssen wir das hervorholen, an dem wir eigentlich arbeiten wollen. Und bevor ein Gedanke wirklich präsent ist, zieht die Unterbrechung etwas anderes nach vorne.“ Man arbeite permanent, komme aber in keinem der Handlungsstränge voran.

Aus Markowetz‘ Sicht sind wir unbedarft in eine Falle gelaufen, wir alle, keiner hat das Risiko erkannt. Was das Smartphone und das Internet so verführerisch mache, sei die extrem kurze Zeit zwischen Impuls und Belohnung. Impuls: Das Auto, die Kamera, das Werkzeug – der Gedanke an das Produkt, das man sich kaufen möchte. Die Belohnung folgt auf einen Klick: In Millisekunden geht’s los, nach wenigen Sekunden ist der Youtube-Schnipsel oder das Produktvideo schon wieder vorbei.

Lösung: Struktur und Selbstdisziplin

Wie kann ein Unternehmer den digitalen Burn-out verhindern? „Er muss seinen Alltag defragmentieren, er muss ihn in längere zusammenhängende Sinneinheiten zurücküberführen“, sagt Markowetz.

Man stelle sich zwei Chefs vor. Der eine arbeitet eine Stunde am Stück mit dem Smartphone, der zweite 60 mal 1 Minute lang über den Tag verteilt. „Beide haben 60 Minuten mit ihrem Telefon verbracht, aber der zweite Unternehmer hat es geschafft, seinen Tag völlig zu zersäbeln Nicht ganz so gut für die Aufmerksamkeitsspanne“, sagt Markowetz.

Die gute Nachricht: „Wir sind nicht verdammt, für unser Verhalten können wir Regeln festlegen.“ Obwohl ein Handwerksunternehmer die Kommunikationsetikette nicht immer durchsetzen kann, obwohl er weder auf das Smartphone, noch auf das Internet verzichten kann, hat er die Wahl.

Während er ein Angebot schreibt, kann er sein Telefon ausschalten. Oder er blockiert die Datennutzung an seinem Smartphone, damit Whatsapp ihn nicht permanent nervt. „Wir tun so, als müssten wir permanent erreichbar sein. Aber stimmt das?“

Hundertmal am Tag die E-Mails checken. Allein das sei eine gute Anleitung für den Weg in die komplette Überforderung.

Gegenargument: Der Chef muss ständig erreichbar sein. Wirklich?

Jetzt könnten Sie entgegnen, dass Kunden, die Ihnen Nachrichten schicken, eine schnelle Reaktion erwarten. Und vielleicht glauben Sie sogar, dass der Laden stillsteht, wenn Sie nicht umgehend auf Fragen der Mitarbeiter reagieren. Wirklich? Rennt der wichtige Kunde gleich zur Konkurrenz, wenn er ausnahmsweise etwas warten muss? Und sind Ihre Leute auf der Baustelle derart hilflos?

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wenn von 10 Anfragen eine wichtig wäre, hätten Sie 9 Fragen beantwortet, auf die Sie später hätten reagieren können. Das wären 9 vermeidbare Unterbrechungen. Sie müssten neunmal gedanklich wieder das nach vorne ziehen, woran Sie gerade gearbeitet haben. Und bei der einen wichtigen Anfrage stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Mitarbeiter eine eigene Lösung findet oder die Pause vorzieht oder sich das Problem von selbst erledigt.

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