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Fachaufsatz

Digitalisierung: Offene Standards für die Smart City

Der Wechsel des Menschen vom Jäger und Sammler hin zu Sesshaftigkeit und Aufteilung von Arbeit oder Handel war unter anderem davon geprägt, das Leben sicherer und bequemer zu machen. Der Begriff der Daseinsvorsorge wurde in dieser Zeit entwickelt und ist auch heute noch ein zentrales politisches Anliegen. Dieses Ziel wurde in den nachfolgenden industriellen Revolutionen weiter getrieben. Und auch heute ist es wieder Pate bei der aktuell stattfindenden digitalen und der anstehenden Revolution durch künstliche Intelligenz. Betrachten wir die Vision des intelligenten Lebens der Zukunft, in der uns immer mehr Maschinen Arbeit abnehmen und unsere Bequemlichkeit steigern, so steht die Frage im Raum wie weit diese Gezeitenwende sinnvoll und gestaltbar ist. Dabei sind wir gefordert, nicht nur den technischen oder den ökonomischen Blick - neue Infrastrukturen und Technologien bedeuten Geschäfte - im Fokus zu haben. Stattdessen sollten wir auch die soziale Seite gepaart mit der ökologischen Sicht und damit die reale Wertschöpfung im Blick zu haben: Was nützt es uns langfristig? Wie schaffen wir höchste Effizienz bei niedrigstem Ressourceneinsatz?

Alles auf einer Datenplattform

In der intelligenten Stadt sind alle Handlungsfelder wie Mobilität, Energie und Gebäude, Infrastruktur per Telekommunikation vernetzt und digital auf einer kommunalen, Handlungsfelder-übergreifenden Datenplattform (kHD) integriert. Diese sollte idealerweise auf offenen Standards basieren, um Interoperabilität zu anderen Systemen und Datenplattformen zu gewährleisten und gleichzeitig Herstellerabhängigkeiten zu vermeiden. Zum einen können dadurch unterschiedliche Systeme miteinander kommunizieren, beziehungsweise untereinander gesteuert werden, Daten zentral gesammelt und gleichzeitig weiterverarbeitet werden.

Dieser integrierte Datenraum stellt eine Spielwiese für die unterschiedlichen Technologien der Datenanalyse und der künstlichen Intelligenz dar. Ist der Datenraum zum Beispiel mit einem Ortsbezug versehen, gründet sich das System auf geostandardbasierten Daten und kann auch visuell mit Kartenausschnitten zwischen der Quartiers-, der kommunalen oder urbanen Ebene unterschieden werden. Auf einem solchen System kann dann idealerweise der Status des energieautarken Systems mit entsprechenden Kennzahlen nachvollzogen werden. Diese können etwa mit KI auch mit dem aktuellen elektrischen Verkehr kombiniert und zum Beispiel Energiebedarfe vorhergesagt oder in Echtzeit gesteuert werden.

Hamburg als Beispiel

Die offene urbane Plattform der Stadt Hamburg integriert und visualisiert bereits eine Vielzahl von Datensätzen. Und KI-basierte Datenplattformen steuern den Verkehr in chinesischen Metropolen wie Hangzhou. Aufgrund der Digitalisierung müssen neue aber auch bestehende Quartiere auf dem Land und in der Stadt in Zukunft wieder stärker von Anfang an integriert gedacht werden. Dies bedingt, nicht nur bei der energetischen Planung mögliche Bedarfe zum Beispiel nur anhand von Wohn- oder Gewerbegebäudezahlen durchzuführen, sondern die Einbeziehung auch von sozialen Elementen wie demographischem Wandel und ökologischen Elementen wie maximal ressourcenschonender Einsatz von Grünstrom. Bei der Planung oder dem Umbau von Quartieren sollte die digitale Netzplanung die notwendigen Komponenten für ein autarkes, auf regenerativen Energien basierendes, möglichst klimaneutrales Quartier mitdenken.

In der Netzplanung könnten zum Beispiel auch alternativ duale Spannungen, also AC (Wechselstrom) und/oder DC (Gleichstrom), für die Versorgungsaufgabe qualitativ und effizient zur Anwendung kommen und um den Einsatz unterschiedlicher Speichertechnologien ergänzt werden. Parallel dazu muss diese aktuelle Form der Stadtplanung um die digitale Ebene ergänzt werden. Durch den Teilverkauf des Netzbetriebs fehlt die entsprechende Infrastruktur in nicht profitablen Regionen und zeigt die Schwachstelle des Modells der Privatisierung auf. Der technische Blick muss um den rechtlich-regulatorischen und politischen Rahmen ergänzt werden, um gleiche nationale Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Analog zur oben genannten Datenplattform bedarf es auch hier der Nutzung von Normen und Standards, welche in nationalen Spiegelgremien wie dem DKE K201 bearbeitet werden. Das „DIN Smart City Standards Forum“ bietet eine Informationsplattform für relevante Akteure zum Beispiel aus Kommunen, Industrie oder Organisationen über die relevanten Aktivitäten der internationalen Standardisierung und initiiert gleichzeitig Spezifikationen beim Thema Smart City.

Fokussierte Sicht auf Energie reicht nicht

Die gerade gestartete DIN-Spezifikation 91397 zum Thema „Leitfaden für die Implementierung von digitalen Systemen des Quartiersmanagements“ zeigt ebenfalls auf, dass die fokussierte Sicht auf die Energiesysteme alleine nicht mehr ausreicht.

Quartiere müssen die Sicht unterschiedlicher Interessengruppen zusammenführen und im Sinne einer Daseinsvorsorge integriert denken. Themen wie Mobilität, Resilienz der Systeme und Sicherheit im Quartier müssen genauso wie Klimaschutz und soziales Miteinander von Beginn an miteinbezogen werden.

Die kHD liefert dann einen integrierten Blick über die verschiedenen Systeme und Anwendungen. Datenanalyse angereichert mit künstlicher Intelligenz oder Blockchain-Technologien zum Nachvollziehen von digitalen Türsystemen in Gebäuden oder im Mobilitätsbereich beim Fahrzeugöffnen stellen die nächste technische Stufe dar.

Neben der Möglichkeit, hier einen Schritt in Richtung energieautarke Quartiere auf Basis Erneuerbarer zu schaffen, ist es notwendig die richtige digitale Balance zu halten. Denn viele „digitale Helferlein“ benötigen a) Ressourcen und Strom in der Herstellung und bei der Wiederverwendung beziehungsweise Vernichtung und/oder b) Strom in der operativen Nutzung. In der Planungsphase sollte bereits frühzeitig zukunftsorientiert, ökologisch und nicht nur rein ökonomisch gedacht werden, denn dann sind viele nachhaltigere Technologien wie zum Beispiel Photovoltaik, Eisspeicher und so weiter zunächst teurer als kommerzielle Öl- oder Gasheizungen. Ferner ist auch sozial die Frage zu stellen, ob wir mit einem Mehr an Kameras die Sicherheit erhöhen oder vielleicht mit einem Mehr an sozialem Miteinander, wie es zum Beispiel dem Dorf oft nachgesagt wird.

Autor:

Joachim Schonowski, Smart-City-Experte, msg systems AG

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