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EEÖ warnt vor teuren Strompreisen ohne Ökostromausbau in Österreich

Der Dachverband der österreichischen Ökoenergiebranchen Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) warnt vor unsachlichen und unbedachten Eingriffen in den Strommarkt durch das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Im Mittelpunkt der Kritik stehen hauptsächlich die Regelungen für die zusätzlichen Netzentgelte bei der Einspeisung überschüssigen Solarstroms und die Spitzenkappung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Diese gefährden das Ziel der Regierung, die Strompreise für die Verbraucher dauerhaft zu senken.

Nachteile für den Wirtschaftsstandort

EEÖ geht von einem Anstieg der Strompreise zulasten der Verbraucher und massiven Wettbewerbsnachteilen für die österreichische Wirtschaft aus, wenn das ElWG in Kraft tritt, wie es jetzt vorgelegt wurde. Der Dachverband und die anderen Verbände der erneuerbaren Energien in Österreich werten dies als einen kardinalen Fehler. Denn das Gesetz sei eigentlich dafür vorgesehen, den Strommarkt zu flexibilisieren und zu modernisieren. Durch die stärkere Belastung der einheimischen Stromerzeuger wird hingegen nicht nur das gestrige Stromsystem zementiert. Es werde auch die lokale Wertschöpfung und Energieunabhängigkeit geschwächt, warnen die Branchenvertreter.

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Wichtige Geschäftsmodelle erschwert

Zudem werden wichtige Geschäftsmodelle, die für die einheimischen Verbraucher wichtig sind und die Anlagen auch ohne staatliche Unterstützung refinanzieren, erschwert. Der EEÖ nennt hier unter anderem Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements – PPA), die für die Senkung der Energiekosten in Industrie und Gewerbe wichtig sind. Damit werden aber auch Energiegemeinschaften verhindert und sogenannte Peer-to-Peer-Verträge, also direkte Stromverträge zwischen Anlagenbetreiber und Stromnutzer, verteuert. „Netzkosten werden durch die Belastung der Erzeugung lediglich in den Strompreis verschoben“, resümieren die Branchenvertreter.

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Haushalte und Unternehmen brauchen Entlastung

Die flexiblen und modernen Möglichkeiten, Strom dezentral zu produzieren und vor Ort zu verbrauchen, werden mit der derzeitigen Ausgestaltung konterkariert. „Ausgerechnet in einer Zeit, in der Haushalte und Unternehmen dringend Entlastung bei den Energiepreisen brauchen, wartet die Regierung mit kontraproduktiven Maßnahmen auf“, kritisiert Martina Prechtl-Grunding, Geschäftsführerin des EEÖ. „Die vorgeschlagene Ausweitung von Netzentgelten für Erzeuger und die unsachgemäße Spitzenkappung bei Windenergie sorgen dafür, dass Strom teurer wird und Österreich in Zeiten geopolitischer Umbrüche erneut stärker in die Abhängigkeit von Energieimporten ausländischer Öl- und Gasmächte sowie Atomkraft rutscht.“

Erneuerbare zahlen schon Netzentgelte

Sie betont zudem, dass die Erneuerbaren bereits hohe Netzentgelte zahlen. In den vergangenen 15 Jahren haben nach Angaben von EEÖ die erneuerbaren Energien bereits Abgaben in Milliardenhöhe geleistet. So haben Windenergieanlagen allein etwa knapp 800 Millionen Euro für Netzausbau und Netzbetrieb bereitgestellt. Die etwas jüngere Photovoltaik komme in den vergangenen sechs Jahren auf knapp 200 Millionen Euro, wie die Branchenvertreter ausgerechnet haben. Zudem hat Österreich bereits jetzt die zweithöchsten Einspeisenetzentgelte.

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Netzentgelte im System versteckt

Die zusätzliche Belastung würde als Teil der Gestehungskosten den Strompreis künstlich nach oben treiben und höhere Förderkosten bewirken. „Dass Erzeuger nichts für die Netze zahlen würden, ist falsch. Eine kommunikative Finte“, weiß Florian Maringer, Geschäftsführer der IG Windkraft. „Sie zahlen bereits jetzt maßgebliche Beiträge, die tief im Tarifsystem vergraben sind. Bereits heute erschwert das die Lieferung günstiger Energie für Haushalte und Industrie.“ Paul Ablinger, Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich, ergänzt: „Wird die heimische Stromproduktion durch zusätzliche Kosten künstlich verteuert, steigt automatisch der Import günstigerer Alternativen – etwa Atomstrom aus dem Ausland. Österreichische Stromerzeugung – bestehende genauso wie neuerrichtete – verliert an Wettbewerbsfähigkeit, während gleichzeitig die Abhängigkeit von externen Preisentwicklungen wächst.“

Investoren brauchen Planungssicherheit

Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria, fordert zudem mehr Planungssicherheit, die durch dieses Gesetz nicht mehr gegeben ist. „Anstatt für Stabilität und Zukunftsmut zu sorgen, verursacht das Gesetz Verunsicherung und zerstört Planungssicherheit“, sagt sie. „500.000 private und gewerbliche Anlagenbetreiber sollen nachträglich mit Kosten belastet werden – so geht man am Wirtschaftsstandort Österreich nicht miteinander um“, kritisiert Immitzer.

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Maßnahmen zur Entlastung stehen schon im Gesetz

Die Verbände verweisen darauf, dass das ElWG auch ohne zusätzliche Netzentgelte bereits wichtige Maßnahmen zur Entlastung der Netzkosten enthält. Dazu gehört unter anderem die Vorgabe, dass Solaranlagen aus der Ferne steuerbar sein müssen. Dazu gehört aber auch die verbesserte Transparenz für verfügbare Einspeisekapazitäten, um etwa Speicher richtig zu platzieren. Aber auch die Plattform zum Handel und zur Abwicklung von Flexibilitätsleistungen entlastet die Netze. Deshalb sind keine zusätzlichen Kosten für das Einspeisen der Energie notwendig. Zumal die Netzbetreiber ihre Investitionen in die Netze über einen längeren Zeitraum abschreiben können. „Diese Instrumente müssen zunächst ihre Wirkung entfalten, bevor zusätzliche Kosten mit weitreichend negativen Folgen eingeführt werden“, fordern die Regenerativbranchen in Österreich.

Spitzenkappung auf die Modulleistung beziehen

Zudem muss die geplante Spitzenkappung von Solaranlagen praxistauglich und nachvollziehbar sein. Deshalb fordert Vera Immitzer, diese Kappung auf 70 Prozent der Nennleistung der Module festzulegen und nicht auf die Einspeiseleistung. „Alles andere würde zu Fehlanreizen und Komplexität, aber vor allem bei größeren Anlagen zu deutlichen Einspeiseverlusten von bis zu acht Prozent führen“, warnt sie.

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Dies sieht bei der Windkraft noch ganz anders aus. Denn diese kennt hauptsächlich im Winter, wenn viel Strom gebraucht wird, keine Spitzen. Dies betrifft zwei Drittel des Ertrags einer Windkraftanlage. „Kappt man hier willkürlich, verschenkt die Bundesregierung sauberen und unabhängigen Strom und verschärft die Achterbahnfahrt der Preise samt weiterer Abhängigkeit gegenüber Öl- und Gasdiktaturen weiter“, warnt Florian Maringer von der IG Windkraft.