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Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein

Regionale Anwendungen für eine global agierende Branche

Das hat eine Internet-Suchmaschine mit Windenergie zu tun? Noch vor wenigen Jahren wäre das eine berechtigte Frage gewesen, inzwischen ist jedem klar: Digitale Dienstleister brauchen leistungsfähige Computer, sie zu betreiben kostet Energie. Und die soll möglichst aus erneuerbaren Quellen stammen. „Daraus könnte sich ein Geschäftsmodell für Windparkbetreiber entwickeln, wenn die EEG-Förderung ausläuft“, meint Sascha Wiesner, Projektleiter von Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein EE.SH. Projektträger des vom Land und der EU finanzierten Branchenclusters sind die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WT.SH) und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland mbH; weitere Wirtschaftsförderungsinstitutionen und Unternehmen aus dem nördlichsten Bundesland sind als Kooperationspartner dabei.

Neue Regionalpläne

Die Windbranche im nördlichsten Bundesland wartet ungeduldig auf die neuen Regionalpläne, um zu erfahren, ob Projekte, die zum Teil schon seit Jahren geplant waren, auch innerhalb eines Vorranggebiets liegen. Der zweite Entwurf der Regionalpläne wurde kürzlich veröffentlicht und soll 2019 rechtskräftig werden. Aktuell liegen von den 3.100 Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein 2.088 innerhalb der künftigen Vorranggebiete, etwa 1.000 liegen außerhalb. Für solche Turbinen wurden sogenannte Repowering-­Vorranggebiete eingerichtet. Insgesamt hat die Landesplanung im zweiten Entwurf der Regio­nalpläne 361 Vorrangflächen, davon 36 als Vorranggebiete für Repowering, vorgesehen.
Wiesner sieht deshalb weiterhin Auftrags­potenzial für Planer, Projektierer und Service-Dienstleister, die den Stamm des EE.SH-­Unternehmensnetzwerks ausmachen, doch er will diesen Firmen über die WT.SH mit ihrem Messe- und Export-Service auch Türen in Auslandsmärkte öffnen. Dieses Angebot erweitert er durch Kooperationen, zum Beispiel mit dem Unternehmens- und Forschungs-Netzwerk Enterprise Europe Network (EEN), dem dänischen Branchenverband offshoreenergy.dk, dem Ostasiatischen Verein und dem Erneuerbare-Energien-Cluster Renewable Energy Hamburg (EEHH). EEHH und EE.SH bieten gemeinsam mit dem Hamburger Generalkonsulat der Republik Argentinien bereits zum zweiten Mal während der Windmesse einen Informationsworkshop über das südamerikanische Land an. In Argentinien steht die dritte Auktionsrunde im Rahmen des Erneuerbare-Energie-Förderprogramms RenovAr kurz bevor.

Für regionale Wertschöpfung und internationale Kontakte: Dr. Matthias Hüppauff (links), Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland mbH, und Sascha Wiesner, Projektleiter von Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH). - © Foto: D. Jensen / windcomm e. V.
Für regionale Wertschöpfung und internationale Kontakte: Dr. Matthias Hüppauff (links), Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland mbH, und Sascha Wiesner, Projektleiter von Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH).

„Während auf den vergangenen Windmessen vor allem darüber gesprochen wurde, wo und wie schnell man noch neue Windkraftanlagen aufbauen kann, diskutieren wir jetzt darüber, wie wir unseren Strom am besten lokal verbrauchen und wie wir den volatilen Windstrom grundlastfähig machen“, berichtet Wiesner. Dafür sei es gut, die Anforderungen einer global agierenden Branche mit den Erfahrungen regionaler Wirtschaftsförderer zukombinieren. Dazu sagt Dr. Matthias Hüppauff, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland: „Wir haben ehemalige Bundeswehr-Liegenschaften mit Hallen und Bunkern im Top-Zustand und Windkraft- und Biomasse-Anlagen drumherum. Es gibt jede Menge Ideen, wie sich das kombinieren lässt.“ Als Beispiele nennt er das oben erwähnte Datencenter, aber auch Indoor-Farming oder innovative Speicherlösungen.

Angesichts der neuen Herausforderungen nehme die Bedeutung des Innovationsmanagements für die Erneuerbaren-Branche enorm zu, erklärt Carsten Delfs, bei der WT.SH für das Erneuerbaren-Cluster EE.SH zuständig. „Um mit erneuerbaren Energien Geld zu verdienen, sind jetzt neue Technologien und neue Geschäftsmodelle gefragt.“ Delfs ist Innovations­berater und kennt sich mit den Fördermöglichkeiten für innovative Projekte aus. „Auch kleine Stellschrauben im Prozess können viel bewirken“, erklärt er. Dazu gehörten digitale Anwendungen, mit denen sich zum Beispiel Logistik oder Personalstruktur optimieren ließen. Mehrere Förderprogramme unterstützen Unternehmen bei der Digitalisierung. „Viele Windmüller überwachen ihre Anlagen schon lange übers Internet. Aber mit den Themen Stromhandel und Direktvermarktung geht die Digitalisierung erst richtig los.“

Digitaler Marktplatz

Firmen wie ARGE Netz in Husum und Nordgröön in Medelby arbeiten daran, die Erzeuger von erneuer­barer Energie mit den Verbrauchern auf einem digitalen Marktplatz zusammenzubringen. Wenn zu den Verbrauchern industrielle Produktionsstätten gehören, entsteht viel Flexibilität, um die Volatilität von Wind- und Sonnenstrom auszugleichen. Bei viel Wind und hoher Sonneneinstrahlung wird die Produktion auf Volllast gefahren oder das Kühlhaus stärker heruntergekühlt.

Die Firma ee technik GmbH aus Husum, ebenfalls Mitglied im EE.SH-Unternehmensnetzwerk, bringt einen Inselnetz-Regler auf den Markt, mit dem verschiedene Stromquellen unterschiedlicher Hersteller zu einem eigenständigen System kombiniert werden können. Das Überwachungssystem des Reglers überprüft ständig die tatsächliche Situation im Netz. Die Steuerung erkennt aufgrund der gemessenen Werte für Frequenz und Spannung, ob ein Überlauf oder eine fehlende Stromversorgung im Netz vorliegen, und steuert die entsprechenden Stromerzeuger – zum Beispiel eine Kombination aus Windkraftanlagen, Speichern und einem konventionellen Dieselgenerator.

Die Herstellung von Wasserstoff mithilfe von Windstrom ist ein weiteres Zukunftsthema, für das EE.SH die Unternehmen im Norden mit den Industriestandorten Hamburg, Brunsbüttel und Heide vernetzen will. Viele Windmüller haben Interesse an entsprechenden Pilot-Anlagen angemeldet, der erste Wasserstoff-Elektrolyseur läuft bereits auf dem Gelände der Firma GP Joule in den Reußenkögen, doch noch fehlen die Verbraucher. Sollen es Pkw, Busse, Lastwagen oder gleich der Schienen-Nahverkehr sein? „Hier besteht noch enormer Informationsbedarf für Kommunen, Unternehmen und Privatleute – und für die Politik, die gesetzliche Rahmenbedingungen anpassen muss, damit Herstellung, Speicherung und Verbrauch von Wasserstoff wirtschaftlich werden“, sagt Sascha Wiesner. Diesen Informationsbedarf zu bedienen, sieht er ebenfalls als Aufgabe von EE.SH.
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