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Brüssel bestätigt EEG-Privilegien - Ein Kommentar

Die Schultern bleiben schmal

Während aus dem Berliner Regierungsviertel lautes Aufatmen zu hören ist, ächzen die Stromkunden weiter unter der ungleichen Verteilung der Förderung regenerativen Stroms. Die Europäische Kommission hat die Privilegien der großen Stromfresser bei der Zahlung der EEG-Umlage größtenteils bestätigt. Für die privaten Verbraucher sowie die kleinen und mittelständischen Unternehmen ist diese Entscheidung zwar kein Desaster. Doch jetzt ist die Ungleichbehandlung brüsselrechtlich bestätigt.

Während große Konzerne sich aus der Förderung der erneuerbaren Energien heraushalten, bleibt die Finanzierung der Energiewende am kleinen Stromkunden hängen. Satte zehn Milliarden Euro mussten diese in den Jahren 2013 und 2014 zusätzlich zahlen, damit die stromintensiven Unternehmen ihre Sonderregelungen beanspruchen konnten. Ohne diese Ausnahmeregelungen wäre die EEG-Umlage mit 4,8 Cent viel niedriger ausgefallen und niemand hätte eine Überprüfung erst beantragt. Immerhin hat Brüssel einen Teil der Befreiungen als zu hoch eingestuft. Diese müssen jetzt von den Unternehmen nachträglich bezahlt werden.

Dickes Polster hineingerechnet

Doch diese Nachzahlungen werden genauso wenig in der Berechnung der EEG-Umlage für das kommende Jahr auftauchen, wie die üppigen Überhänge aus diesem Jahr berücksichtigt wurden. Schließlich steht die EEG-Umlage für das kommende Jahr längst fest. Nachdem Brüssel diese grundsätzlich für rechtens erklärt hat, wird sie kaum noch jemand in Frage stellen. Doch die Höhe steht in der Kritik. Zu recht. Denn die Übertragungsnetzbetreiber haben sich wieder ein dickes Polster in die EEG-Umlage hineingerechnet. Auf die Tatsache, dass die Stromkunden schon in diesem Jahr zu viel EEG-Umlage bezahlt haben und die Netzbetreiber diesen Übersatz mindernd in die EEG-Umlage einpreisen mussten, hindert sie nicht daran, eine noch höhere Rückstellung einzufordern. So haben sie sich die Ökostromumlage künstlich auf über sechs Cent pro Kilowattstunde nach oben gerechnet. Doch an einer Tatsache kommen auch die Netzbetreiber nicht vorbei: Die EEG-Umlage sinkt erstmals seit ihrer Einführung. Ein großer Teil der Energiewende ist finanziert.

EEG-Umlage ist rechtens

Immerhin hat die gesamte Überprüfungsprozedur in Brüssel ein positives Ergebnis: Die Europäischen Kommission hat nicht nur die Ausnahmeregelungen für die stromintensiven Betriebe für rechtens erklärt, sondern auch die EEG-Umlage selbst. Sie ist kompatibel mit den Förderrichtlinien der EU. Die Brüsseler Wettbewerbskommissarin betont, dass die erneuerbaren Energien gefördert werden müssen und eine solide Finanzierung sichergestellt werden soll. Dabei müssen die Kosten fair auf die kleinen und mittleren Unternehmen sowie auf die privaten Stromkunden verteilt sein. Will heißen: Die Schultern, auf die die Finanzierung der Energiewende verteilt werden, sollten möglichst breit sein.

Erstaunlicherweise bleibt der Beitrag der Großindustrie außen vor. Denn diese stehe schließlich im internationalen Wettbewerb und müsse deshalb vor zu hohen Belastungen geschützt werden. Ob die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie durch die Finanzierung der Energiewende tatsächlich in Frage steht, wie es die Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager betont, ist zumindest fraglich, wenn nicht sogar komplett absurd. Denn diese Unternehmen kaufen ihren Strom ohnehin nicht beim Versorger, sondern direkt an der Börse. Damit profitieren sie sowieso schon von den gesunkenen Börsenstrompreisen, ein Ergebnis des gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien im Stromnetz.

Die sinkenden Börsenstrompreise wiederum ist der größte Treiber der EEG-Umlage. Das geht aus den Berechnungen der Übertragungsnetzbetreiber hervor. Während sie noch im vergangenen Jahr für das Jahr 2015 einen Erlös aus der Vermarktung regenerativen Stroms von 2,4 Milliarden Euro erwarteten, liegen die Prognosen jetzt bei knapp 1,77 Milliarden Euro. Dies führt dazu, dass trotz zurückgehender Auszahlungen an die Anlagenbetreiber die EEG-Umlage weniger stark sinkt als noch vor Jahresfrist angenommen.

Faire Kostenverteilung bleibt weit entfernt

Die schlechte Nachricht für die Stromkunden ist wiederum die gute Nachricht für die stromintensiven Unternehmen. Denn die Branchenverbände der erneuerbaren Energien gehen von einem weiteren Sinken der Börsenstrompreise aus. Dies verhindert das schnelle Absinken der EEG-Umlage. Zumal die Stromenge, die privilegiert durch die deutschen Netze an die energieintensiven Unternehmen fließt, im kommenden Jahr weiter steigen wird. Waren es in diesem Jahr 106,5 Millionen Megawattstunden, werden es im kommenden Jahr 110,25 Millionen Megawattstunden sein.

Da der Stromverbrauch in Deutschland insgesamt um fast 16 Millionen Megawattstunden sinken wird, steigt auch der Anteil des Stroms, für den nur ein Bruchteil der EEG-Umlage fällig wird. Damit ist das Ziel der EEG-Reform, die Industrie stärker an der Finanzierung der Energiewende zu beteiligen, ad absurdum geführt. Denn damit leisten die energieintensiven Unternehmen eigentlich einen geringeren statt höheren – und fairen – Beitrag zur Finanzierung der Energiewende. Das müsste eigentlich auch in Brüssel auffallen. Doch die Kommission hatte die Regelungen des EEG 2014 schon vorsorglich durchgewinkt, ohne vorher nachzurechnen, was diese eigentlich bedeuten. Von einer fairen Verteilung der Kosten für die Energiewende, von der die Wettbewerbskommissarin in Brüssel träumt, sind wir weiter entfernt als vor der EEG-Novelle und dem Urteil der Europäischen Kommission. (Sven Ullrich)