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Kommunale Wärmeplanung und Netzinfrastruktur

Auf dem Weg in eine nachhaltige Energiezukunft und eine damit einhergehende Dekarbonisierung der Wärmeversorgung stellen sich viele neue Aufgaben. Vor dem Hintergrund der Energiepreissteigerungen und des Ukrainekriegs soll rascher als bislang auf die Nutzung von Öl und Erdgas verzichtet werden. Die kommunale Wärmeplanung kann ein wichtiges Instrument in dem notwendigen Transformationsprozess sein.

Nah- und Fernwärmenetze sind als zentrale Form der Energiebereitstellung ein wichtiger Teil der angestrebten Wärmewende. Wärmenetze erschließen vielfältige Möglichkeiten zur Dekarbonisierung durch die Einbindung erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme und schaffen die Möglichkeit der Sektorenkopplung, insbesondere über die Elektrifizierung der Wärmeversorgung, durch Nutzung von Wärmepumpen und von grünem Wasserstoff. Der kontinuierliche Ausbau der Wärmenetze ermöglicht zudem eine energieeffiziente und wirtschaftliche Wärmeversorgung.

Lock-In-Effekt

Der konsequente Ausbau, vor allem der Umbau der Infrastruktur, wurde bisher oft durch das Risiko der Netzbetreiber und schon getätigte Investitionen zum Beispiel in Gasnetze gehemmt, den sogenannten „Lock-In-Effekt“. Dies gilt besonders aktuell, da das Fördermittel-Regime, zum Beispiel die sehnlichst erwartete Bundesförderung effizienter Wärmenetze, in Bearbeitung steht und damit keine abschließende Planungssicherheit für Neuinvestitionen gegeben ist. Vor allem größere oder traditionelle Versorger sind in der Vergangenheit bemüht gewesen, zentrale Strukturen aufrecht zu erhalten. Dem entgegen stehen die meist dezentral verfügbaren erneuerbaren Energieträger in den Regionen und das eher kleinteilige Erschließen von Abwärmepotenzialen.

Um die komplexe Aufgabe, neue Infrastruktur zu schaffen und den Bestand zukunftsfähig umzubauen, erfolgreich zu bewerkstelligen, ist ein planvolles Vorgehen notwendig. Dezentrale Potenziale von erneuerbaren Wärmequellen sollen erschlossen und mit den zu versorgenden Wärmebedarfen zusammengeführt sowie die dafür erforderliche Infrastruktur geschaffen werden. Dies findet nicht auf dem Reißbrett statt, sondern inmitten unserer Städte und Gemeinden, also im bestehenden Versorgungssystem und den existierenden Strom-, Gas- und Wärmenetzen.

Stadt- und Energieplanung verbinden

Hier setzt die kommunale Wärmeplanung an. Sie dient dazu, Potenziale zu identifizieren und Maßnahmen zur Erschließung darzustellen, um so eine Grundlage für Investitionsentscheidungen für den Umbau der Infrastruktur zu schaffen. Die kommunale Wärmeplanung ist demnach ein planerischer Ansatz, der idealerweise als Bindeglied zwischen Stadt- und Energieplanung fungiert. So sollen die anspruchsvolle Koordination zwischen Stadt und Stadtwerken oder Energieversorgern und der Abwägungsprozess zwischen Klimaschutz, Energiekonzept und Versorgungskonzept ganzheitlich zusammengeführt und in einen strukturierten Entscheidungsprozess überführt werden. In Baden-Württemberg versetzt die kommunale Wärmeplanung Kommunen in eine Schlüsselrolle, um die Wärmewende umzusetzen und die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Trotzdem stehen Städte und Gemeinden vor zahlreichen strukturellen Hindernissen. So auch, wenn Wärmenetzbetreiber als privatwirtschaftliche Unternehmen eigene Strategien verfolgen und diese nicht zwingend gleich mit der erklärten politischen Zielsetzung sind. Zwar werden mit der Entkopplung vom Gasbezug aus Russland durch den Ausruf der Frühwarnstufe im „Notfallplan Gas“ eine Dringlichkeit zugesprochen oder mit der CO2-Bepreisung eine neue wirtschaftliche Wertung vorgenommen, aber dieses Eingreifen der Politik ist nicht in allen Bereichen so zu erwarten.

Transformation der Infrastruktur

Für Versorger, egal ob kommunal getragen oder privatwirtschaftlich organisiert, besteht nun die Notwendigkeit, die Transformation der Infrastruktur zu planen und umzusetzen. Aber ein Umbau in eine nachhaltige Wärmeversorgung, die auf erneuerbaren Energien und Abwärmenutzung basiert, wird etwas kosten. Nicht nur die Investitionen sind zu finanzieren und Anreize für Innovation sowie strukturelles Umdenken über Fördermittel zu schaffen, sondern auch die Wärmekunden werden die gestiegenen Energiepreise und die wirtschaftlichen Mehrbelastungen mittragen müssen. Wie mit den wirtschaftlichen Effekten umzugehen ist, die sich vielleicht aufgrund von Sonderabschreibungen ergeben, wenn zum Beispiel Gasnetze nicht mehr genutzt werden oder fossil betriebene Heizzentralen rückgebaut werden, beantwortet die kommunale Wärmeplanung nicht. Es wird sich wohl nicht alles auf die Endverbraucher umlegen lassen. Dem stehen heute schon zum Beispiel das Prinzip der Warmmietenneutralität und die Neuregelung zur Anpassung der Preisgleitklausel entgegen. Klar ist, die Transformation setzt Investitionen voraus und eine Neuverteilung der Kosten. Ebenso klar ist aber auch, ein „Weiter so“ wird uns alle deutlich mehr kosten – und nicht nur mit Geld zu bezahlen sein. 

Steffen Kölln,
Geschäftsführer, Sterr-Kölln & Partner

Fotot: Sterr-Kölln