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Aus zweiter Hand

Sven Ullrich

Die Photovoltaik ist in aller Munde und viele Investoren wollen in den Markt einsteigen. Nicht nur Privatanleger, sondern auch institutionelle Investoren haben erkannt, dass sich mit der Beteiligung an einer Solaranlage oder deren Kauf langfristig stabile Renditen erwirtschaften lassen. Zudem können sie so die Kriterien für nachhaltige Investitionen erfüllen, die von vielen Anlegern gefordert werden.

Inzwischen hat sich ein umfangreicher Zweitmarkt von Photovoltaikanlagen entwickelt. Zum Verkauf stehen hier nicht nur Freiflächenanlagen. Auch das Angebot an Dachanlagen zur reinen Stromeinspeisung wird immer größer, etwa weil die ursprünglichen Investoren ihr Portfolio umschichten wollen.

Erste Risiken sind überstanden

Die Vorteile der gebrauchten Anlagen sind im Vergleich zum Investment in eine Neuanlage vielfältig. Denn die Anlage auf dem Zweitmarkt ist schon im Betrieb. Die unsichere Planungs- und Bauphase ist abgeschlossen. Dadurch sind schon jede Menge Risiken eliminiert, die bei der Beteiligung an einem neuen Projekt entstehen. Es gibt keine Planungshürden mehr zu überwinden. Auch eventuelle Widerstände der örtlichen Bevölkerung sind längst überwunden. Es gibt auch kein Risiko mehr, den Bau nicht rechtzeitig abschließen zu können, etwa weil es Lieferschwierigkeiten gibt.

Die Anlage muss auch nicht mehr in die Ausschreibung, die ebenfalls mit Risiken verbunden ist. Die Erträge aus der Einspeisung können sofort generiert werden und man muss nicht warten, bis die Anlage am Netz ist. Bestandsanlagen haben außerdem eine höhere EEG-Vergütung, je nachdem wann sie in Betrieb gegangen sind.

Der Zweitmarkt eignet sich vor allem für Investoren, die ihr Portfolio diversifizieren wollen, etwa um Risiken besser zu streuen. Er eignet sich aber auch für Anleger, die den sogenannten Investitionsabzugsbetrag (IAB) schnell nutzen müssen, bevor er verfällt.

Erträge sind bekannt

Mit diesem IAB können die Investoren jede Menge Steuern sparen, indem sie ihr Geld in die Photovoltaikanlage stecken. Der Kauf einer bestehenden Anlage ist dabei viel niedrigschwelliger als die langfristige Investition in einen neuen Solargenerator.

Auch die Risiken nach der Inbetriebnahme sind schon längst überstanden. Die Module haben die anfängliche Degradation hinter sich gelassen und liefern seit vielen Jahren Strom. Vorausgesetzt, die Anlage war in einem regelmäßigen Monitoring, weiß der Investor genau, wie viel Ertrag die Anlage bringt. Er muss sich nicht auf Prognosen der Planer verlassen. Damit lassen sich die Renditen exakt kalkulieren.

Unabhängigkeit ist wichtig

Bei der Investition in eine laufende Photovoltaikanlage muss der Anleger aber genau hinschauen. Zwar sind oft – wenn auch nicht immer – jahrelange Monitoringdaten vorhanden. Doch der Anleger muss dennoch genau wissen, wie es um den konkreten Zustand des Generators inklusive aller Nebenanlagen wie Zäune oder Dacheindeckungen bestellt ist.

Diese Bewertung der Anlage – eine sogenannte Due Diligence – übernehmen unabhängige Ingenieur- und Gutachterbüros, die sich auf Photovoltaikanlagen spezialisiert haben. Hier ist die Unabhängigkeit enorm wichtig. Diese Due Diligence umfasst neben finanziellen Aspekten auch die Bewertung der technischen Risiken.

Technikcheck für die Anlage

Bei der technischen Due Diligence werden sämtliche technischen Dokumentationen und Unterlagen geprüft. Dies umfasst unter anderem das Inbetriebnahmeprotokoll und sämtliche Wartungsprotokolle. Hier schaut der Gutachter vor allem darauf, ob die Anlage regelmäßig überprüft wurde und welche Fehler dabei aufgetaucht sind. Denn dies ist ein Anhaltspunkt dafür, welche weiteren Probleme die Anlage machen könnte. Er schaut sich den Generator auch genau an, prüft die Module, die Verkabelung und die Unterkonstruktion.

Denn Module, die schon zehn Jahre zuverlässig gelaufen sind, werden dies in der Regel auch in den nächsten zehn Jahren tun. Doch sicher ist das nicht. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Module durchaus Alterungsschäden aufweisen können. Eine schlechte Rückseitenfolie löst sich erst mit der Zeit ab. Auch klitzekleine Zellbrüche müssen nicht sofort zu einem geringeren Ertrag führen. Über die Jahre hinweg können sie sich aber aufgrund thermischer Spannungen ausweiten und später erheblich auf den Ertrag auswirken.

Module mit stabilem Ertrag

Gerade in der Boomzeit der Photovoltaik in den Jahren 2009 bis 2012 hat die große Nachfrage dazu geführt, dass die Anlagen schnell aufgebaut wurden, entsprechende Qualitätsmängel bei der Installation inklusive. All diese Risiken muss der Gutachter bei der Due Diligence prüfen und bewerten.

Auch die technische und kaufmännische Betriebsführung muss für die Restlaufzeit der Anlage abgesichert sein.

Günter Seel, Geschäftsführer von Smart Blue

Dabei geht es nicht darum, eine Anlage zu kaufen, deren Module noch 100 Prozent der ursprünglichen Leistung liefern. Denn Halbleiter degradieren mit der Zeit. „So kann es sich auch lohnen, eine Anlage zu kaufen, die nur noch 90 Prozent der ursprünglichen Leistung liefert. Wichtig dabei ist, dass sie diese 90 Prozent stabil liefert und sich der dadurch zu erwartende geringere Ertrag im Kaufpreis niederschlägt“, sagt Günter Seel, Geschäftsführer des Münchner Monitoringdienstleisters Smart Blue. Das Unternehmen hat jede Menge Solaranlagen im Monitoring und Seel kennt die Tücken genau, die eine Solaranlage mit sich bringen kann.

Kaufpreis richtig kalkulieren

Zur technischen kommt noch eine kaufmännische Due Diligence. Hier schaut sich ein darauf spezialisierter Gutachter sämtliche Verpflichtungen und Verbindlichkeiten an, etwa Wartungs- und Versicherungsverträge, die eventuell mitgekauft werden müssen. Auch alle Garantien, Haftungsansprüche und Haftungsverpflichtungen schaut sich der Gutachter an. Außerdem sollten alle Unterlagen bezüglich ihrer rechtlichen Risiken eingeschätzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Dienstbarkeiten oder der Pachtvertrag.

Entscheidend ist nicht zuletzt der Kaufpreis der Anlage. Dieser muss sich natürlich über die Restlaufzeit in der Regel aus der Einspeisevergütung amortisieren und eine erwartete Rendite für den Anleger einspielen. Da die Einspeisevergütung über 20 Jahre festgelegt ist, ist die Berechnungsgrundlage relativ klar. Allerdings muss der Investor hier auch die Kosten für den Betrieb der Anlage mitberücksichtigen.

Betriebsführung absichern

Neben den Kosten für die Instandhaltung und Wartung fallen hier auch Reinigungskosten an. Außerdem sind Wechselrichter aufgrund der immensen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, nicht so langlebig wie die Solarmodule. Einmal im Laufe von 20 Jahren fällt in der Regel der Tausch oder die Reparatur der Wechselrichter an. Dies muss bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung miteinbezogen werden.

Dazu kommen noch Kosten für Versicherungen, das Monitoring der Anlage, den Messstellenbetrieb und die Pachtkosten für die Fläche. Auch eventuelle Finanzierungskosten müssen in die Kalkulation einfließen. Auf der anderen Seite können steuerliche Abschreibungen abgezogen werden. Erst wenn auf Basis dieser Berechnung die Wirtschaftlichkeit der Anlage garantiert ist, wird sie zu einem interessanten Investment.

Doch mit der Due Diligence und der Wirtschaftlichkeitsberechnung ist der Kaufprozess noch längst nicht abgeschlossen. „Denn auch die technische und kaufmännische Betriebsführung muss für die Restlaufzeit der Anlage abgesichert sein“, sagt Günter Seel von Smart Blue. Er rät von pauschalen Angeboten ab. Vielmehr sollten nur die tatsächlich anfallenden Wartungsleistungen abgerechnet werden. Damit sind beide Parteien auf der sicheren Seite.

Entsprechend sollte sich der Investor vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags darum kümmern, dass er einen Dienstleister hat, der die Anlage wartet und überwacht. Günter Seel rät hier, dass optimalerweise die Wartung und das Monitoring zwei voneinander unabhängige Dienstleister übernehmen. Es geht aber auch gemeinsam.

Nicht alle Installationen sind so vorbildlich ausgeführt wie hier. Fehler zeigen sich bei der Bewertung durch einen unabhängigen Gutachter.

Nicht alle Installationen sind so vorbildlich ausgeführt wie hier. Fehler zeigen sich bei der Bewertung durch einen unabhängigen Gutachter.

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