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Solarenergie

Kein Krieg um die Sonne

Die steigenden Ölpreise und die Unruhen in Ägypten, Libyen und Tunesien bringen neuen Rückenwind für die erneuerbaren Energien. Denn die Abhängigkeit der Industriestaaten von Öl, Uran, Erdgas und Kohle ist nicht nur energiepolitisch ein Risiko. Auch die Verteidigungsbereitschaft könnte darunter leiden. Friedbert Pflüger, Direktor des European Centre for Energy and Resource Security am King‘s College in London prognostiziert, dass die Importquote der EU bis 2020 auf 94 Prozent steigt. Die Hälfte der fossilen Energieträger wird aus dem Nahen Osten kommen. Da sich 85 Prozent der Öl- und 70 Prozent der Gasvorkommen der Erde in den Händen staatlicher Firmen befinden, spielen strategische und nationale Ziele in den Förderländern eine wichtige Rolle. Dazu kommt, „dass Staaten bei der Rohöl- und Gasförderung eine Schlüsselrolle spielen, die politisch instabil sind“, sagt Dennis Tänzler vom Forschungsinstitut Adelphi Consult. Er ist Mitverfasser einer Studie zur sicherheitspolitischen Bedeutung der erneuerbaren Energien. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass „die ökologische Transformation der Energieversorgungssysteme nicht nur ein umweltpolitisches Erfordernis darstellt, sondern durch die Diversifizierung des Energiemix auch eine friedensstiftende Wirkung entfalten kann“. Denn „durch die Abhängigkeit von Energieimporten kommt es zu enormen Risiken“, warnt Pflüger. „Immer weniger Ressourcen stehen einem wachsenden Bedarf gegenüber. Das führt zu Konflikten. Deshalb kommt es darauf an, die erneuerbaren Energien zu stärken.“ Die Sonne hingegen stellt eine unbegrenzte Energiemenge zur Verfügung. Ihre Nutzung ist nicht an geostrategische Überlegenheit oder militärische Präsenz zur Absicherung der Energiequellen gebunden. Denn das Militär selbst der mit Abstand größte Ölfresser, ganz zu schweigen vom Bedarf an hochangereichertem Uran.

Absage an Atomkraft

Die große Stärke der erneuerbaren Energien besteht vor allem in der Chance, Energie dezentral zu erzeugen. Das führt nicht nur zur Unabhängigkeit, sondern auch zu stabileren Energiepreisen. Außerdem „sind etwa eine Milliarde Menschen auf der Erde nicht an die Energienetze angeschlossen“, rechnet Pflüger vor. „Aber mit der Sonnenenergie oder anderen erneuerbaren Energien haben wir die Möglichkeit, auch solche Menschen mit Energie zu versorgen.“ Der ehemalige Spitzenkandidat der Berliner CDU erteilte sogar der Atomkraft eine Absage. Auch Tänzler warnt: „Man muss einseitige Abhängigkeitsverhältnisse vermeiden.“ Für Pflüger eignet sich Erdgas am besten, um Versorgungslücken bis zum vollständigen Ausbau der erneuerbaren Energien zu vermeiden. Moskau hält er für einen verlässlichen Lieferanten, „denn die Russen brauchen den europäischen Absatzmarkt“.

Energiewende bei der Bundeswehr

Dass eine Energiewende für die Armeen nicht nur theoretische Bedeutung hat, erläutert Markus Bublat, Dezernatsleiter Technik der Wehrbereichsverwaltung Süd bei der Bundeswehr. Die Umstellung der Liegenschaften der Armee auf erneuerbare Energien kann er anhand konkreter Zahlen belegen. Die Bundeswehr geht in drei Schritten vor. Durch die energetische Sanierung der Gebäude konnte der Energieverbrauch zwischen 1990 und 2009 um 68 Prozent gesenkt werden. Die Bundeswehr setzte dafür 240 Millionen Euro ein.

In einem zweiten Schritt geht es darum, „die benötigte Energie über schadstoffarme Energieträger zu produzieren“, sagt Bublat. Derzeit wird der Energiebedarf der Armeeliegenschaften zu 60 Prozent mit Gas, zu 20 Prozent mit Öl, zu zwölf Prozent mit Fernwärme und zu vier Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt. „Die Bundeswehr setzt aus ökologischen aber auch aus ökonomischen Gründen zunehmend auf den Einsatz von erneuerbaren Energien“, sagt Bublat. „Deren Anteil soll bis 2030 auf 30 Prozent steigen.“

Als leuchtendes Beispiel nennt Bublat die Bundeswehruniversität München. Hier wurde die Stromversorgung komplett auf regenerative Energien umgestellt. Die Wärme kommt zu 97 Prozent aus Sonne, Erdwärme und BHKW. Als Ziel nennt Bublat, „die komplette Universität ohne Emission zu versorgen. Das ist sogar günstiger als der Weiterbetrieb mit Gas“. (Sven Ullrich)