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Abschattung

Hat Offshore Einfluss auf Wind an Land?

In der ersten Jahreshälfte hat Forwind, das Zentrum für Windenergieforschung an den Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen, mit Unterstützung des Fraunhofer IWES drei große, öffentlich geförderter BMWi-Forschungsprojekte abgeschlossen. Im Rahmen der Projekte wurden Erkenntnisse aus der Forschung an kleineren deutschen Offshore-Windparks, die 2010 mit dem Pilotprojekt Alpha Ventus begann, auf die momentan entstehenden Windparks deutlich größerer Dimension übertragen.

Durch die geringere Turbulenz des Windes über dem Meer und die größeren Dimensionen der Windenergieanlagen spielt der Windschatten, den die Anlagen durch ihre Anordnung im Windpark erzeugen, oftmals eine wesentlich größere Rolle als bei Onshore-Windparks. Da es auf See an der Infrastruktur für Windmessungen mangelt, wird der Störeinfluss oft nur an der ungewöhnlich geringen Leistung der abgeschatteten Anlagen deutlich. Das Fraunhofer IWES und Forwind testen eine Vielzahl von Messverfahren zur Quantifizierung von Windschatten- und Nachlaufverlusten.

Windmessungen auf dem Meer

Ein Standbein sind dabei Laser-Fernerkundungssysteme, die einen Querschnitt des Windfeldes im Windpark liefern, oder auf Bojen installiert als eine Art flexibler Messmast fungieren. Diese Fernerkundungssysteme sind im Vergleich zu Offshore-Messmasten eine weitaus günstigere und flexiblere Alternative. Beide Institute beschäftigen sich intensiv mit der Frage, wie die Ergebnisse der teilweise sehr neuen Messverfahren künftig zur Validierung der Vielzahl vorhandener numerischer Methoden genutzt werden können.

Ein Ansatz nutzt Informationen aus numerischen Wettermodellen, um detaillierte Simulationen des turbulenten Windfeldes innerhalb eines Windparks durchzuführen. Dies empfiehlt sich besonders dann, wenn Messdaten des Windfeldes nicht vorliegen. Im Vergleich mit den gemessenen Windfeldern zeigt sich, dass eine solche Modellkette auch ohne aufwendige Messverfahren die Windsituation im Park realistisch darstellt. Die sehr hohe Rechenleistung des Parallel-Rechenclusters an der Universität Oldenburg ermöglicht hierbei die Nutzung physikalischer Modelle basierend auf Reynolds-Averaged-Navier-Stokes (RANS) und Large-Eddy-Simulationen (LES), die dank hoher Flexibilität und Genauigkeit auf absehbare Zeit einen Vorteil gegenüber rein empirisch ermittelten Modellen bieten werden.

Optimierung des Parklayouts

Das vertiefte Wissen über die Windverhältnisse in Offshore-Windparks kann auch für die Optimierung des Parklayouts mithilfe eines neuen Ansatzes genutzt werden: Im Projekt Compact Wind wurde eine dichtere Bebauung von Windparks untersucht, die sich durch verminderte Abschaltungen auszeichnete. Für die verbleibenden ungünstigen Abschattungssituationen wird eine koordinierte Regelung der Anlagen entwickelt, die sowohl Leistung als auch Belastung entsprechend der jeweiligen Windverhältnisse optimiert. Für die Untersuchungen einer solchen Regelung nutzte Forwind neben numerischen Methoden und Freifeldmessungen auch seinen neuen 30 Meter langen Windkanal in Oldenburg.

Auf größeren Skalen wurden vor allem der Nachlauf eines gesamten Windparks sowie eines Windpark-Clusters untersucht. Aktivitäten des Fraunhofer IWES zielen darauf ab, durch Einbindung von geeigneten Windparkparametrierungen eine Verbesserung der numerischen Ressourcenvorhersage zu erreichen. Der Einfluss von Megawindparks mit mehreren hundert Turbinen ist bisher noch wenig erforscht. In Langzeitsimulationen des Windertrages lässt sich aber bereits ein nicht zu vernachlässigender Einfluss von Windpark-Clustern auf die Windgeschwindigkeit noch mehr als hundert Kilometer stromabwärts finden. Mit der in den kommenden Jahren wachsenden Menge und Verfügbarkeit von Windparkleistungsdaten könnten diese Simulationen kalibriert und validiert werden.

Um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten, ist zu klären, ob die mögliche Leistung im Jahresverlauf erzielt oder durch Störeinflüsse wie Abschattung und suboptimalen Anlagenbetrieb vermindert wurde. Für Onshore-Anlagen in Deutschland kommen dafür seit einigen Jahren Indizes zum Einsatz, die einen Abgleich der tatsächlich erzielten Windparkleistung mit der zu erwartenden Leistung ermöglichen. Auf dieser Basis können Betreiber Ursachen für Leistungsverluste ermitteln, abstellen und somit die Rentabilität steigern. Mit dem neuen „Offshore Wind Energie Index“ (FROENIX) ermöglicht das Fraunhofer IWES erstmals die Anwendung der weiterentwickelten Methodik auf Offshore-Windparks in der deutschen Bucht. Er zeigt die prozentuale Abweichung der Windleistungsdichte eines Jahres von der mittleren Windleistungsdichte im Vergleich zu den vergangenen fünf und zehn Jahren, die so genannte Leistungsdichtevariation.

Autor: Lukas Vollmer, Fraunhofer – IWES, Institute for Windenergy and Energy Systems Technology