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Arbeitnehmerüberlassung für die Windkraft

„Der Bedarf an uns wird wachsen“

ERNEUERBARE ENERGIEN: Herr John, geht in der Krise nicht der Bedarf deutscher Windenergiefirmen an Leiharbeitern zurück?

Michael John: Wir sind der größte Anbieter, vielleicht sogar der einzige Arbeitnehmerüberlasser, der zu 100 Prozent Spezialarbeitskräfte einzig für die Windenergiebranche bereit stellt. Und wir verfügen dazu momentan über eine Stammbesetzung von 70 bis 80 Mitarbeitern europaweit. Sie arbeiten ausschließlich im Aufbau und in der Wartung von Windparks. Aber der Bedarf wird wachsen. Und ich werde die Arbeitskräfte meines Unternehmens künftig auch zur Errichtung und Wartung von Offshore-Windparks schicken sowie zur Rotorblattmontage. Aufträge sind in Aussicht. So werden wir dieses Jahr erstmals 100 Mitarbeiter zu Kunden schicken. Bis 2014 oder 2015 kommen jährlich 25 Prozent hinzu.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Das wäre gut für Ihre Firma. Den Bedarf der Branche an sich an Leiharbeitern können Sie aber offenbar nur schwer einschätzen. Wohl weil die Leiharbeitsunternehmen in der Windkraft eher im Verborgenen arbeiten wollen. Richtig? Und warum?

Michael John: Das „im Verborgenen arbeiten" sehe ich nicht so. Aber die Situation der Windenergie allgemein ist ja in Bezug auf das Interesse an Leiharbeitern doch so: Noch hängt die Branche an politischen Strukturen. Die Abschaltung der Atomkraft und der Komplettumstieg auf erneuerbare Energien ist erst vor ein paar Monaten beschlossen worden. Die Politik hat es außerdem noch gar nicht geschafft, die Voraussetzungen bei den Stromnetzen dafür zu schaffen, dass die Energie aus dem Meer im Norden auch in den Süden kommt. Zum Ausbau der Offshore-Windenergie gibt es noch verfügbare Flächen, aber definitiv nicht die Ansatzpunkte, um schon Anlagen ins Wasser zu stellen ...   

ERNEUERBARE ENERGIEN: … und daher können Offshore-Abteilungen der Windkraftunternehmen eher wenig Mitarbeiter fest anstellen und setzen lieber auf flexible Leiharbeit, wollen Sie andeuten? Aber nochmals: Warum stellen sich nicht mehr Arbeitnehmerüberlasser wie Sie jetzt öffentlich vor und thematisieren die Leiharbeit?

Michael John: Die Windenergiebranche ist im Grunde genommen noch immer relativ klein. Wenn ein Anbieter der Arbeitnehmerüberlassung einmal im Geschäft drin ist, ist er drin. Neue Anbieter aber könnten dort nicht mehr Fuß fassen. Wir beispielsweise sind seit 2004 für fast alle namhaften Turbinenhersteller tätig gewesen. Den Anstoß, mein bereits früher als allgemeiner Arbeitnehmerüberlasser gestartetes Unternehmen auf die Windbranche zu konzentrieren, hatte ein Windkraftunternehmen in Bremen gegeben. Das brauchte damals dringend Personal – und kam selbst nicht schnell genug an solche neuen Mitarbeiter ran. 

ERNEUERBARE ENERGIEN: Vielleicht lässt sich die Funktion Ihres Unternehmens ja am Beispiel von Weltmarktführer Vestas gut verdeutlichen. Das Unternehmen steht derzeit wie sonst kaum ein Akteur für einen Branchentrend der Beschäftigung: Um sich wechselhaften internationalen Märkte immer neu anzupassen, muss Vestas im dritten Jahr hintereinander Mitarbeiter in schwachen Absatzländern kündigen, um vielleicht anderswo neues Personal einzustellen. Wo braucht es da Sie?

Michael John: Vestas ist ein uralter Kunde von uns. Wichtig für so ein Unternehmen ist es, Arbeitsverträge so auszurichten, dass die Mitarbeiter weltweit eingesetzt werden können. Wenn das aber einer nicht möchte, werden wir gefragt.  

ERNEUERBARE ENERGIEN: Bei dem tatsächlichen Personalbedarf, den die Offshore-Windenergiebranche für die nächsten Jahre allein in Deutschland angibt, können Sie als mittelständischer Arbeitnehmerüberlasser doch nur den berühmten Tropfen auf den Stein beisteuern. Eine neue Studie des deutschen Offshore-Branchennetzwerks WAB hat jüngst den Bedarf bei zusätzlich 15.000 Arbeitskräften bis 2020 taxiert. Werden Sie da nicht von der Entwicklung überrollt?

Michael John: Natürlich nicht. Das von mir angekündigte Wachstum von 100 Mitarbeitern bis 2015 ist ja nur das Gesicherte – und es bezieht sich auf nur einen einzigen Kunden. Dieser geht davon aus, dass er 2013 und 2014 etwa 700 Offshore-Anlagen in der Wartung hat – und dafür braucht er unsere Manpower von 100 Mann.  

ERNEUERBARE ENERGIEN: Welche Tätigkeiten werden Ihre Mitarbeiter denn in näherer Zukunft im Firmenanzug Ihrer Auftraggeber übernehmen? 

Michael John: Service, Wartung und der Aufbau von Windkraftanlagen werden die Schwerpunkte bleiben. Aber das wird mehr werden. Die Turbinenhersteller werden den lukrativen Reparatur- und Wartungsservice zwar in ihrem Angebot behalten, aber ihn outsourcen. Das ist für sie günstiger. Das wird auch bei herstellerunabhängigen Windparkserviceunternehmen der Fall sein. 

ERNEUERBARE ENERGIEN: Sie haben kürzlich ihre bislang größte Anwerbekampagne gestartet. Am 17. Januar luden Sie mit Ihrem Kooperationspartner, dem so genannten Kompetenzzentrum Elbcampus der Hamburger Handwerkskammer, zu einem „Casting" für die Aufnahme zu einem Lehrgang für werdende neue Mitarbeiter. Was macht denn eine solche Massenbewerbung attraktiv, um ausgerechnet per Leiharbeitgeber in die Windkraftbranche einzusteigen? 

Michael John: Wir haben für unsere Mitarbeiter Arbeitsplätze in ganz Europa. Es erwartet sie also ein abwechslungsreicher Dienst. Und eine Krise kennt mein Unternehmen nicht. Wir schulen die Mitarbeiter generell über unsere Kunden. Dabei zahlen wir nach dem offiziellen Tarifvertrag des Bundesverbands Zeitarbeit BZA: Löhne, die natürlich unter einem prozentualen Abschlag zu vergleichbaren Arbeitsverträgen der Festangestellten unserer Kunden liegen. Dafür winkt große Flexibilität, es gibt keine Umzugspflicht für die Arbeitnehmer. Durch unsere Einsätze bei Windparkinstallationen erreichen sie auch ein interessantes Lohnniveau.  

ERNEUERBARE ENERGIEN: Sie wollen neues Personal für diese Offshore-Einsätze nicht nur mit Meeresrettungs- oder Helikopterschulungen vorbereiten – sondern auch vom Germanischen Lloyd zertifizieren lassen. Da müssen Sie doch viel Geld investieren? 

Michael John: Und nicht gerade wenig. Drei- bis fünftausend Euro müssen wir dann pro Offshore-Mitarbeiter für die Qualifizierung ausgeben – im ersten Jahr. Danach wird es weniger werden. Manche Trainings müssen nicht jährlich wiederholt werden. Zehn bis 15 unserer Mitarbeiter gehen jetzt zunächst in diese Kurse rein. 

Das Interview führte Tilman Weber. Mehr zum Thema Personal und aktuellen Veranstaltungen wie Personalmessen, lesen Sie hier.