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Offshore-Netzanbindung

Haftungsregeln Offshore-Wind beschlossen

Mit einem verbindlichen Netzentwicklungsplan will die Regierung künftig feste Zeiten vorgeben, zu denen der Netzanschluss eines Offshore-Windparks fertig sein muss. Kommt es zu wirtschaftlichen Schäden, weil ein fertiger Windpark wegen fehlender Netzanbindung keinen Strom zum Festland liefern kann, tragen die Verbraucher einen Teil dieser Schäden. Die entstehenden Kosten werden als Offshore-Umlage über die Stromrechnung gezahlt. Ursprünglich sollte die Haftungsregelung zu einem noch größeren Teil auf dem Kapital der Verbraucher beruhen, doch hatten die Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt kurzfristig auf Protest reagiert. Nun werden die Übertragungsnetzbetreiber - sie sind für den Netzausbau und Windparkanschluss verantwortlich - stärker in der Haftung eingebunden.

Der Kompromiss löst den wichtigsten von vielen Streitpunkten, die noch wenige Tage vor dem Gesetztesbeschluss grassierten. Er geht auf eine Kritik von Verbraucherministerin Ilse Aigner zurück, die eine zu hohe Belastung der Stromkunden beklagte. Aus Sicht von Aigner gingen die ursprünglich geplanten Regelungen eindeutig zu Lasten der Verbraucher. Die Ministerin wollte das Gesetz in dieser Form daher nicht mittragen. Im Verbraucherschutzministerium wollte man sich am Donnerstag zu der Sache nicht äußern. Aus dem federführenden Wirtschaftsministerium hieß es zu diesem Zeitpunkt auf Nachfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN, man befinde sich derzeit in der „ganz normalen Ressortabstimmung“ und sei zuversichtlich, den angestrebten Zeitplan einhalten zu können.

Wie bereits in den vor zwei Monaten vom Wirtschafts- und Umweltministerium veröffentlichten Eckpunkten zur Haftungsregelung angekündigt, sollen die Betreiber von Meereswindparks künftig bei nicht rechtzeitiger Netzanbindung und längeren Leitungsstörungen ab dem elften Tag vom Übertragungsnetzbetreiber einen Schadensersatz in Höhe von 90 Prozent der entgangenen Einspeisevergütung verlangen können. Dies geht aus dem aktuellen Referentenentwurf hervor, der ERNEUERBARE ENERGIEN vorliegt. Der Netzbetreiber wiederum soll die dadurch entstandenen Kosten an die Stromkunden weitergeben können, sofern er nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Der dadurch erforderliche Aufschlag auf die Netzentgelte soll für die Endverbraucher auf einen bestimmten Wert begrenzt werden.

Stiftung Offshore-Windenergie mahnt zur Versachlichung

Die von der Verbraucherministerin in Zusammenhang mit den möglichen Schadensersatzkosten vorgelegte Zahl von 35 Milliarden Euro entbehre jeglicher Grundlage, kritisiert die Stiftung Offshore-Windenergie. Derzeit seien nicht einmal ein halbes Dutzend Windparks von der geplanten Haftungsregelung betroffen, die allenfalls in den kommenden ein bis zwei Jahren relevant werde. Allein durch den Bau temporärer Netzanschlüsse und ein aktives Netzanschlussmanagement könne das Haftungsrisiko halbiert werden.

„Klar ist, dass wir den Verbraucherschutz ernst nehmen müssen“, betont Stiftungsgeschäftsführer Andreas Wagner. „Die von Frau Aigner kolportierten Äußerungen und theoretischen Rechenexempel helfen uns allerdings für eine sachliche Diskussion wenig weiter.“ Doch auch die Stiftung forderte Nachbesserungen am Gesetzentwurf. Ende Juli hatte sie gemeinsam mit weiteren Beteiligten in einem Positionspapier einen Systemwechsel gefordert: Anhand eines jährlich zu aktualisierenden langfristigen Offshore-Netzplans solle verbindlich festgelegt werden, welche Netzanbindung zu welchem Zeitpunkt fertig sein soll, heißt es dort. Dieser Forderung entspricht auch der nun beschlossene Entwurf. Unter anderem wird in dem Papier zudem gefordert, dass der bisherige Rechtzeitigkeitsanspruch für einzelne Projekte entfallen und durch eine räumliche und zeitliche Langfristplanung ersetzt werden soll. Mit anderen Worten: Aufgrund der derzeit langen Lieferzeiten für Kabel und Offshore-Plattformen soll künftig zuerst die Investition in die Infrastruktur, also die Netzanbindung, ausgelöst werden, damit der Aufbau der Meereswindparks mit dem Netzausbau synchronisiert wird.

„Gesetzentwurf greift in Detailfragen deutlich zu kurz“

„Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf bietet zwar grundsätzlich eine geeignete Grundlage für diesen Ansatz, greift in der Summe der verschiedenen Detailfragen aber zu kurz“, kritisiert Wagner. So seien auch die vorgesehenen Übergangsfristen mit ihrer Rückwirkung zum 1. August dieses Jahres sowie die zeitliche Perspektive bis zum verbindlichen Inkrafttreten des Systemwechsels wenig geeignet. „Verbindliche Verträge für neue Offshore-Windparks würden demnach erst 2016 wieder möglich sein“, meint der Geschäftsführer.  

Die von der Stiftung angeregten Steuerungsinstrumente zur Gesamtoptimierung, unter anderem eine grundsätzliche Verankerung des Netzanschlussmanagements innerhalb der gesetzlichen Regelung sowie geeignete temporäre Netzanschlussvarianten, seien in dem Entwurf bisher nicht berücksichtigt. Wagner: „Am Ende würde das keinerlei zusätzliche Kosten verursachen, sondern das volkswirtschaftliche Risiko drastisch minimieren.“

(Anne-Katrin Wehrmann)

Der Artikel wurde am 29.08. aktualisiert.