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Mit halbem Gesetzespaket leicht gebremst ins neue Jahr

Die Haushaltskrise hat mit dazu beigetragen: Das Solarpaket I wird gesplittet, während sich die Regenerativbranche ein Gesamtpaket als Bekenntnis zur Energiewende gewünscht hätte. Das Solarpaket I b müsse dann im Januar 2024 umgehend folgen, erklärte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE).
Eine Formulierungshilfe zur Änderung des Solarpakets sieht eine Fristverlängerung für die Einführung der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung (BNK) sowie längere Realisierungsfristen für die Errichtung von Windenergieanlagen und Lockerungen der Direktvermarktungspflicht vor. „Das sind äußerst wichtige Maßnahmen für die Windindustrie. Insbesondere die längeren Fristen für die Einführung einer BNK sowie der Realisierung von Projekten sind mit Blick auf komplexe Genehmigungsverfahren sowie Verzögerungen in den Lieferketten angemessen. Damit werden Unsicherheiten beseitigt“, so Peter. Vollständig entfallen sollte zudem eine Direktvermarktungspflicht für kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen. Eine jetzt vorgesehene Streichung der Pönalien sei unzureichend.
Der weit größere Teil des Solarpakets muss derweil auf eine Verabschiedung weiter warten. Dazu gehören unter anderem die Erweiterung der Flächenkulisse für Solarparks, die Reform des Wegenutzungsrechts und ein vereinfachter Netzanschluss, die im ursprünglichen Paket schon vorgesehen waren. Diese Themen seien zentral für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren. „Sie dürfen jetzt nicht unter den Tisch fallen“, so Peter. Auch die im Rahmen der BEE-Stellungnahme und der Anhörung vorgebrachten Änderungen zum EEG für die Bioenergie sind laut der BEE-Präsidentin schnell umzusetzen. „Bioenergie-Bestandsanlagen brauchen dringend eine Perspektive, und der Fokus auf Spitzenlastkraftwerke bei den Biomethan-Ausschreibungen muss zugunsten der Kraft-Wärme-Kopplung verschoben werden.“
Von großer Bedeutung für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren ist zudem ein Bekenntnis zur Wiederansiedlung und Sicherung der deutschen Solar­industrie. Der BEE hofft dazu noch in diesem Jahr auf ein deutliches Signal der Bundesregierung: „Um die Resilienz unserer Energieversorgung zu stärken, ist es unerlässlich, eigene Produktionskapazitäten aufzubauen beziehungsweise verlorene Kapazitäten wiederaufzubauen. Die Solarindustrie benötigt hierfür klare finanzielle Zusagen der Bundesregierung, um den Förderprogrammen aus den USA und den Offensiven Asien etwas entgegenzusetzen und ein Resilienzsegment aufzubauen. Die Ampel darf die Fehler ihrer Vorgänger nicht wiederholen“, so Peter abschließend.
Haushaltsplanung verfassungswidrig
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Haushaltsplanung der Bundesregierung für verfassungswidrig zu erklären, rückt derweil vieles in ein neues Licht. 60 Milliarden Euro nicht verbrauchter Kreditermächtigungen, die aus 2021 dem Klima- und Transformationsfonds zugeleitet wurden, hat das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt. Das hat massive Auswirkungen auf die Förderung erneuerbarer Energien und energieeffizienten Wohnens: So hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle jetzt eine Reihe von Programmen ausgesetzt, etwa die Förderung von Bürgerwindenergie, die Energieberatung für Wohn- und Nichtwohngebäude, das Aufbauprogramm Wärmepumpe und das Förderprogramm Serielle Sanierung. Auf Eis liegen zudem die Kälte-Klima-Richtlinie sowie die E-Lastenfahrrad-Richtlinie, die den Verkehrssektor klimafreundlicher machen sollten. Auch die KfW hat das Programm Energetische Stadtsanierung und die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft ausgesetzt. Mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres werde die Annahme als auch Bewilligung von Anträgen zudem ausgesetzt. Lediglich Maßnahmen zu bereits erfolgten Förderzusagen können weiterverfolgt werden. Ausgenommen von der Antragspause sind der Umweltbonus für Elektroautos und die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) – und damit die Förderung von Wärmepumpen, die über das BEG läuft. Die KfW fördert zudem laut Bundesbauministerium weiterhin das Programm Klimafreundlicher Neubau – zumindest für dieses Jahr.
Während unterm Strich bei zahlreichen Energiewendethemen der Rotstift angesetzt wurde, fließt das Geld an anderer Stelle reichlich. So wurde Versorger RWE von der EU-Kommission die vor drei Jahren vereinbarte Entschädigung für den vorzeitigen Braunkohleausstieg gemäß dem Kohleausstiegsgesetz vom Juli 2020 freigegeben.
Für die nach Unternehmensangaben „erheblichen Belastungen“, die RWE nach dem Kohleausstiegsgesetz zu tragen hat, war eine Entschädigung von 2,6 Milliarden Euro festgelegt worden, die gestaffelt bis 2030 ausgezahlt wird. Die Entschädigung, die gemäß Kohleausstiegsgesetz und öffentlich-rechtlichem Vertrag zwischen der Bundesrepublik und dem Unternehmen geregelt war, stand bis Mitte Dezember unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission.
Gespart wird derweil künftig bei der Elektroauto­förderung in Deutschland. Die neuen Regeln besagen, dass nur noch Elektroautos mit einem Nettolistenpreis von bis zu 45.000 Euro förderfähig sind, 20.000 Euro weniger als zuvor, so die Bundesregierung. Der staatliche Anteil der Förderung wird auf 3.000 Euro reduziert. Zudem ist noch zu beachten, dass die Förderregeln für im Jahr 2023 bestellte Fahrzeuge ab 2024 gelten, wenn die Lieferung und Zulassung nach dem 31. Dezember 2023 erfolgt.
Eine der wohl weitreichendsten gesetzlichen Anpassungen im neuen Jahr betrifft das Heizen. Ab dem 1. Januar 2024 müssen in den meisten Neubauten Heizungen mit 65 Prozent erneuerbarer Energie eingebaut werden. Für alle anderen Gebäude gelten großzügige Übergangsfristen und verschiedene technologische Möglichkeiten. Zudem gibt es eine umfangreiche Förderung, die stärker sozial ausgerichtet ist. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz gebilligt. 

Wind versus Artenschutz

Zankapfel: Sind wir unterm Strich auf einem guten Weg, um beim Thema Windenergie und Artenschutz endlich Ruhe einkehren zu lassen? Katharina Schober, Anwältin bei Sterr-Kölln & Partner, sagt: Ruhe nicht, aber man sei schon deutlich besser unterwegs. „Durch die Liste kollisionsgefährdeter Brutvögel und Maßnahmen sind mehr Projekte genehmigungsfähig und wirtschaftlich umsetzbar.“
Offen seien aber noch viele Fragen. So sei nur das Tötungsverbot bei Einzelexemplaren kollisionsgefährdeter Brutvögel näher geregelt. „Der größte Teil der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote ist weiterhin nicht konkretisiert, wie es das Bundesverfassungsgericht gefordert hat.“ Das führe zu Verlagerungseffekten. Beispielsweise galt in Bayern bislang der Schwarzstorch als kollisionsgefährdet, nicht aber als störungsempfindlich. „Nachdem § 45b BNatSchG den Schwarzstorch nun nicht mehr als kollisionsgefährdet einstuft, gilt er nun in Bayern plötzlich als störungsempfindlich, ist also doch wieder relevant“, so Schober. Nicht geregelt sei auch die Erfassung. Die Ausnahme und die Zumutbarkeit seien schwer zu handhaben.
§ 6 WindBG sei derweil positiv zu sehen. „Die meisten Genehmigungen scheitern am Artenschutzrecht. Die Untersuchungen dauern lange und sind teuer. Wenn man schnellere, rechtssicherere Verfahren haben möchte, ist es deshalb der richtige Ansatz, die Maßnahmen auf bestehender Datengrundlage festzulegen und zu begrenzen, die Projekte nicht am Artenschutz scheitern zu lassen und auf die rein förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten“, so die Rechtsexpertin. Auch die Vollzugsempfehlung des BMWK sei sehr hilfreich.
Befristung sei ein Problem. „Bis eine neue Vorschrift wirklich Eingang in die Behördenpraxis findet, dauert es einige Zeit. Eine Genehmigungsbehörde hat mir einige Wochen nach Inkrafttreten des § 6 WindBG gesagt, sie müsse erst noch behördeninterne Schulungen abwarten, vorher könne sie § 6 WindBG nicht anwenden. Das konterkariert natürlich jeden ‚Notfall‘-Beschleunigungseffekt.“ Inzwischen sei § 6 WindBG akzeptiert. Da er aber nur für Anträge bis 30. Juni 2024 gelte und nur für bestimmte Windenergiegebiete, werde dann oft doch wieder kartiert. „Eine Verlängerung und – wie es mit der RED III anvisiert ist – Verstetigung wäre sehr hilfreich“, so Katharina Schober.