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Tolle Sache – aber doch eher für die Insel?

Nicole Weinhold

Erstmals ist in der Bundesrepublik eine Auktion unterzeichnet, an der Solaranlagen beteiligt waren. Bei der dritten Innovationsausschreibung, in der es um Marktprämien für Kombinationen aus Photovoltaikanlagen und Speicher sowie Photovoltaik- und Windkraftanlagen ging, brachten Planer Projekte mit weniger als den ausgeschriebenen 250 Megawatt ein. Die Ausschreibung kam nicht gut an. Dafür gab es Gründe: Der Kreis derer, die sich mit dem etwas komplexeren Thema auskennen, ist beschränkt. Und die Gebotserstellung bereitet auch durch die Verknüpfung der unterschiedlichen Technologien relativ großen Aufwand.

Gebote für Anlagenkombinationen waren auch Teilnahmevoraussetzung für die Innovationsausschreibung der Bundesnetzagentur, deren Ergebnisse im Oktober 2020 bekannt gegeben wurden. Ausschließlich Zusammenschlüsse von mehreren Anlagen verschiedener erneuerbarer Energien oder Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Speichern waren erlaubt. Die Kombi muss zudem über einen gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt einspeisen.

Damals war die Ausschreibung noch überzeichnet. Abo Wind setzte sich mit gleich drei Solar-Speicher-Kombinationen durch. Der Projektentwickler mit Hauptsitz in Wiesbaden hat zudem noch ein weiteres Projekt in Leutershausen, das den Zuschlag im April erhalten hat. Alle vier Projekte kombinieren Solar und Batteriespeicher an einem gemeinsamen Anschlusspunkt. Zwei dieser vier Hybridprojekte entstehen zusätzlich im räumlichen Umfeld eines Windkraftprojekts, das jeweils einen eigenen Netzanschluss hat. Auch außerhalb Deutschlands verfolgt Abo Wind das Thema. „Auf den griechischen Inseln planen wir Projekte, die PV und Batteriespeicher kombinieren. Und wir prüfen gerade Möglichkeiten in Kolumbien“, so Kommunikationsleiterin Lena Fritsche. Batterie plus Windkraft sind bei Abo Wind aktuell in Irland, Finnland und Frankreich in Planung. „In Spanien streben wir derzeit die Kombination aller drei Technologien an einem Anschlusspunkt an“, berichtet die Abo-Wind-Mitarbeiterin.

Können die sogenannten Hybridkraftwerke einen Beitrag dazu leisten, die Netze besser auszulasten? Hybridtechnologien liegen derzeit offenbar im Trend. Gerade das Beispiel der griechischen Inseln mache deutlich, wo die Stärke der Kombikraftwerke liegt, sagt Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer Iwes: „Richtig ausgelegt funktionieren sie als autarke Systeme. Auf kleinen Inseln werden Dieselgeneratoren überflüssig, weil der Strom aus dem Speicher zum Einsatz kommt, wenn die Sonne nicht scheint.“ Hinzu kommen künftige Strominseln im Meer, wie sie mit Doggerbank in der Nordsee geplant sind. Dort soll Wasserstoff aus Offshore-Anlagen erzeugt werden. Diese netzfernen Systeme haben ihre Berechtigung, bleiben aber ein Randphänomen.

Was jedoch für alle Regionen gilt, in denen viele Regenerativprojekte umgesetzt werden: Den Verteilnetzen droht immer dann Überlastung, wenn reichlich Sonne oder Wind vorhanden sind. Für Entlastung sorgen Speicher. Aber auch der Einsatz verschiedener Regenerativtechnologien, so die Hoffnung, kann für einen Ausgleich sorgen. Die Erzeugungskurven zeigen, dass Wind und Sonne sich durchaus ergänzen können. Andreas Reuter ist skeptisch: „Wo wir eine gute Netzinfrastruktur haben, machen Hybridkraftwerke keinen Sinn. Und das ist überall in Deutschland der Fall und fast überall in Europa.“ Man könne zwar Wind und Solar zum Beispiel auf 80 Prozent gedrosselt an einen Netzanschluss bringen, müsse dann aber abregeln, wenn die Sonne scheint und der Wind weht.

Welche Erfahrung hat Abo Wind gemacht? Der Planer errichtet in der Ortsgemeinde Gielert aktuell einen Energiepark, bestehend aus einem Windpark mit zwei Anlagen sowie einem Solarpark, die zusammen jährlich rund 28 Millionen Kilowattstunden produzieren. Der Energiepark zeigt nach Ansicht von Abo Wind, wie gut sich Windkraft und Solarenergie innerhalb einer Kommune kombinieren lassen: Die Infrastruktur des Windparks kann für die Einspeisung des Solarstroms mitgenutzt werden. Die Solaranlage hat dagegen einen geringeren Einfluss etwa auf das Landschaftsbild und ermöglicht zusätzlich die sinnvolle Nutzung einer alten Deponiefläche, auf der Landwirtschaft oder eine Aufforstung nicht mehr möglich sind. Voraussetzung für das Kombikraftwerk: Eine Firma projektiert sowohl Wind- als auch Solarparks. So erkennt sie die Chance einer effizienten Flächennutzung. Um wirtschaftlich nicht von einer Technologie abhängig zu sein, steigen derzeit tatsächlich immer mehr Planer in weitere Technologien ein. Für Reuter ist diese effiziente Flächennutzung aber kein Argument. Netto spare man keinen Platz. „Die Kranstellfächen benötigt man weiterhin. Und ob man die Solaranlage dann in die Nähe der Anlagen stellt oder an einen anderen Ort, das ist egal.“

Netzstabilität

Im Falle des Abo-Wind-Projektes gehören zur gemeinsamen Infrastruktur auch Kabeltrasse und Trafo-/Übergabestationen. Erschließungsflächen, etwa Zufahrt und Lagerflächen, werden für beide Parks genutzt. Das klingt erstmal doch nach Effizienz und Kostenersparnis. Auch sei die Kombination von PV und Wind am selben Standort für das Netz von Vorteil, da der Anschlusspunkt öfter und gleichmäßiger ausgenutzt wird. „Batteriespeicher können zu zusätzlicher Glättung am Netzanschlusspunkt führen und starke Gradienten der Erzeugungseinheiten vermindern“, so Abo-Wind-Frau Fritsche. Für das Netz wichtige Dienstleistungen könne der Speicher am Anschlusspunkt der Erzeugung aber auch als Stand-Alone-System im Netzgebiet erbringen. „Bei Kombination können aber Kostensynergien erschlossen werden“, so Fritsche. Gemeinsame netzstützende Eigenschaften etwa durch entsprechendes Parkmanagement kann sich auch Andreas Reuter vorstellen. Wechselrichterhersteller wie SMA verfügen über entsprechende Technologien.

Bei Abo Wind liegt ein Vorteil des Kombiprojekts auf der Hand: Ohne die gemeinsame Infrastruktur wäre die PV-Anlage wegen der Entfernung zum nächstgelegenen Netzanschlusspunkt nicht möglich gewesen. „Synergie-Effekte gab es auch bei den naturschutzfachlichen Untersuchungen, wir konnten sie bei beiden Plan- und Genehmigungsverfahren nutzen“, fügt Lena Fritsche an. Ein Mehrwert habe sich auch dadurch ergeben, dass die PV-Anlage erst durch den Bau der Windkraftanlagen möglich wurde und dadurch die Gemeinde zusätzliche Pacht für eine Fläche erhält, die sonst brach gelegen hätte. „Das könnte durchaus auch bei anderen Hybridprojekten der Fall sein“, so Fritsche.

Finanzierung

Auch bei der Finanzierung spielte die besondere Art des Projektes eine Rolle. „Im Projekt Gielert haben wir darauf verzichtet, die PV-Anlage einzeln zu finanzieren und somit den Aufwand für alle Beteiligten reduziert“, sagt die Teamleiterin Kommunikation bei Abo Wind. „Eine langfristige Bankenfinanzierung haben wir somit nur für den Windpark-Anteil des Projektes abgeschlossen.“ Dies vereinfachte, machte aber gleichzeitig eine klare Abgrenzung von künftigen Cash-Flows aus beiden Anlagen notwendig. Die ursprüngliche Planung, das Kombiprojekt an einen Investor zu verkaufen, gelang durch die Integration des Investors CEE Group mit Aktivitäten und langjähriger Expertise in beiden Energieformen. „Für uns war es von deutlichem Vorteil, dass Solar- und Windpark über einen einheitlichen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag an den gleichen Investor verkauft wurden“, so Fritsche. Während die Bankfinanzierung also nur für einen Teil des Vorhabens zur Verfügung stand, die CEE Group als Investor und künftiger Betreiber jedoch das gesamte Kombiprojekt erwarb, wurde eine enge Abstimmung der Projektpartner notwendig. Dies gelang Abo Wind, indem das Unternehmen turnusgemäße Projektgruppen-Gespräche unter Einbindung aller beteiligten Akteure organisierte, um auch finanzseitig eine klare Abgrenzung zwischen den Teilprojekten vorzuweisen.

„Die Kombination von Photovoltaik- und Wind in einem Projekt für erneuerbare Energien ist auch aus Investorensicht äußerst interessant, da es die Vorzüge beider Energieträger zusammenbringt. Mit Abo Wind als Partner setzt ein renommierter Projektentwickler mit langjähriger internationaler Erfahrung in der Errichtung von Windkraft- und Photovoltaikanlagen dieses Projekt um“, erklärt Detlef Schreiber, CEO der CEE Group. „In Form von alternativen Investments gewinnen erneuerbare Energien für Kapitalanleger weiter an Bedeutung. Der regulatorische Druck zur Kapitalanlage unter Nachhaltigkeitsaspekten und das anhaltende Niedrigzinsumfeld lassen einen deutlichen Shift in den Portfolien institutioneller Investoren erkennen.“

Planung und Bau

Beim Kombiprojekt Gielert begannen die Planungen für die Windenergieanlagen schon sehr früh, die für die Solaranlage folgten deutlich später. Das führte zu einigen planerischen Herausforderungen, etwa in Bezug auf die planungsrechtliche Zulässigkeit einer PV-Anlage in einem Sondergebiet für die Windkraftnutzung – Stichwort Flächennutzungsplan – oder die Klärung von baurechtlichen Fragen, die sich durch die Lage der PV-Anlage innerhalb der Windenergieanlagen-Baulast ergaben.

Einige Probleme ließen sich lösen, wenn bei den Planungen frühzeitig beide Anlagen berücksichtigt und planungsrechtlich aufeinander abgestimmt werden. Die Behörden-Praxis zeigt zudem, zum Beispiel bei den Baulasten, dass die Vorgaben bundesland-spezifisch unterschiedlich sind und auch von Kreis zu Kreis verschieden mit den Themen umgegangen wird – etwa, was Befreiungen und Ausnahmen betrifft. „In Gielert gab es eine weitere Besonderheit, weil die PV-Anlage auf einer Erdaushubdeponie geplant wurde“, berichtet Fritsche. „Somit war bei der Solaranlage zwischen der Gemeinde als Flächeneigentümer und uns als Pächter noch ein Betreiber zwischengeschaltet – der Zweckverband Abfallwirtschaft Region Trier, da sich die Deponie noch in der Nachsorgephase befindet.“ Hier galt es also wiederum, mehrere Akteure einzubinden. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Zeitaufwand bei den ersten Projekten generell höher ist und man einige dieser Hürden bei künftigen Projekten schon mit einplanen kann“, vermutet Frische.

Akzeptanzvorteile

Die Akzeptanz ist in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf ohnehin sehr hoch. Abo Wind ist dort seit 20 Jahren aktiv, hat 31 Windkraftanlagen, zwei PV-Anlagen sowie den Lehrpfad Hunsrücker Windweg errichtet. „Zudem sponsern wir zahlreiche Vereine und Veranstaltungen in der Region. Daher kennt uns die Bevölkerung und ist mit den Erneuerbaren-Energie-Anlagen vertraut. Bei den Genehmigungsverfahren gab es keine Einwendungen aus der Bevölkerung“, so Fritsche. Die Konzentration der Anlagen auf einer vergleichsweise kleinen Fläche sei aber sicher ein Akzeptanzvorteil, da andere Bereiche der Gemarkung so nicht betroffen waren. Andreas Reuter will diesen Aspekt nicht gelten lassen: Der Akzeptanz sei nicht geholfen, nur weil man einen Solarpark unter eine Windkraftanlage baut.

Auch Abo Wind sieht nicht nur Vorteile. Dem entgegen steht ein hoher Abstimmungsbedarf, etwa bei planungsrechtlichen Grundlagen, die bei Wind und PV recht unterschiedlich sein können. Da im Fall von Abo Wind die PV-Anlage in einem Sondergebiet Wind liegt, mussten der Flächennutzungsplan geändert, eine raumordnerische Prüfung durchgeführt und ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Auch ragte die PV-Anlage in den Abstandskreis einer Windturbine hinein, der sonst freigehalten werden muss. Hier habe man für die Turbine eine Abweichung beantragt. Bau und Inbetriebnahme müssen gut aufeinander abgestimmt sein, so sollte der Netzanschluss früh zur Verfügung stehen, damit die PV-Anlage ans Netz kann, bevor der Windpark errichtet ist, so Fritsche.

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