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Trotz weniger Energiebedarf: Lindner bezweifelt Kohleausstieg 2030

In einem am Mittwoch von seinem Ministerium verbreiteten Zeitungsinterview wandte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner direkt gegen den von der Koalition der Bundesregierung bisher angestrebten vorzeitigen Ausstieg aus der Kohlekraftnutzung nach Ablauf dieses Jahrzehnts. Es sei nun „nicht die Zeit, Kraftwerke abzuschalten“, sagte der FDP-Chef mit Verweis auf den bisher im Rahmen der sogenannten Ampelkoalition mit SPD und Grünen von seiner Partei mitgetragenen Konsens. Dieser sieht vor, den gesetzlich auf 2038 vorgeschriebenen endgültigen Ausstieg aus der Kohlekraftnutzung möglichst auf 2030 vorzuziehen. „Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden“, sagte Lindner der Tageszeitung Kölner Stadtanzeiger.

Lindner zweifelte zusätzlich sogar den Sinn des vorzeitigen Kohleausstiegs an, indem er wie die Gegner einer Vorreiterrolle Deutschlands in der Energiewende auf die Verrechnungspraxis in der Europäischen Union (EU) verwies: „Für das Klima bringt dieses Datum ohnehin nichts, da die in Deutschland eingesparten CO2-Emissionen aufgrund der europäischen Regeln zum Beispiel in Polen zusätzlich anfallen dürfen.“ Deutschlands östlicher Nachbar gilt EU-weit als besonders kohlekraftfreundlich und hält trotz mäßig gutem Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlagen im Land bisher an der fossilen Energieerzeugung fest.

Dennoch sprach sich der FDP-Chef auch für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren aus. Zwar werde Deutschland auch neue Gaskraftwerke als Reserve im Energiemix benötigen. Zur Absicherung einer funktionierenden Energieversorgung gelte aber zugleich: „Wir müssen den Zubau von erneuerbaren Energien schneller ermöglichen.“

Die Äußerungen des Bundesfinanzministers erfuhren allerdings am Donnerstag indirekten Widerspruch durch eine neue nationale Energieverbrauchsstatistik der AG Energiebilanzen. Über die Plattform dieser Arbeitsgemeinschaft (AG) lassen die deutschen Energiewirtschaftsverbände jährlich sowohl den Bedarf Deutschlands als auch dessen Versorgung aus unterschiedlichen Energiequellen darstellen. Ende 2023 wird Deutschland gemäß der neuen Zahlen der AG Energiebilanzen wohl ein Rekordtief im Energieverbrauch vorweisen können. Die höheren Energiepreise, höhere Temperaturen und die Produktionsrückgänge in der Industrie seien im zu Ende gehenden Jahr verantwortlich dafür, dass nach 3.270 Terawattstunden (TWh) im Jahr davor innerhalb von 2023 unterm Strich nur noch etwa 3.000 TWh verbraucht haben werde. Dieser Rückgang um knapp zehn Prozent lasse den Verbrauch im Vergleich zum bisherigen Rekordbedarfsjahr 1990 sogar um knapp ein Drittel sinken.