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Bioenergie

Gibt es für Bioenergie eine Zukunft?

Oliver Ristau

Die Kritik ist bekannt. Dass die Bioenergie eine Konkurrenz zu Nahrungsmitteln darstelle. Der Weltklimarat (IPCC) hat sich des Themas angenommen und im vergangenen Sommer einen Bericht vorgelegt, der den Einfluss der Landnutzung auf den Klimawandel misst. Demnach sorgen die Land- und Forstwirtschaft sowie die sonstige Landnutzung weltweit für rund ein Viertel der durch Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. Die meisten Klimagase ließen sich einsparen, wenn übermäßiger Lebensmittelkonsum gezügelt und weniger im Abfall landen würde.

Abholzen von Wäldern

Doch auch die Bioenergie kann negative Folgen haben. Nicht nur dort, wo sie zum Abholzen von Wäldern führt, wie im Fall von Palmölplantagen in Asien. Der IPCC bewertet auch die Idee negativ, Bioenergie mit dem Zweck anzubauen, Kohlenstoff zu speichern und abzuscheiden. Ähnliches gilt grundsätzlich für Energiepflanzen wie Mais und Raps. Der Grund: Wegen der wachsenden Weltbevölkerung steige tendenziell die Flächenkonkurrenz zwischen Lebensmitteln und Bioenergie. Das sorge zum einen für einen Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Zum anderen nehme der Druck auf unberührte Territorien zu. In der Konsequenz sollten auf bestehenden Agrarflächen Nahrungsmittel angepflanzt werden – und Energiepflanzen mittelfristig nur noch in Nischen.

Allerdings bestehe kein unmittelbarer Handlungsdruck: „Die Notwendigkeit, Bioenergie nur noch in Nischen anzubauen, ergibt sich vor allem für die Zukunft“, beruhigt Prajal Pradhan vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, einer der Autoren des Berichts. „Mit steigender Bevölkerungszahl weltweit und wachsendem Bedarf an Nahrungsmitteln könnten heutige Bioenergieflächen als eine Art Puffer dienen, der optional zur Lebensmittel­produktion verwendet werden könnte. Das vermindert den Druck auf andere Flächen wie Wälder, die für den Klimaschutz extrem wichtig sind.“

Nur ein begrenzter Beitrag

Von einem Ausstieg wollen die hiesigen Biokraftstoffhersteller nichts wissen. „Richtig ist, dass Biokraftstoffe im Verkehr auch mittel- und langfristig nur einen begrenzten Beitrag leisten können, weil der nachhaltige Anbau von Rohstoffen durch die vorhandenen Flächen begrenzt ist“, sagt Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Die Herstellung von Biodiesel aus Raps sei aber „sehr förderlich für Bienen und Artenvielfalt“ und die Bodenqualität, wenn die Ölfrucht in Fruchtfolge mit Getreide angebaut werde.

EU-Förderung läuft aus

Dennoch sind die Tage für den Raps mittelfristig gezählt, weil die EU aus der Förderung von Biokraftstoffen aus Energiepflanzen aussteigen will. Beim Thema Energiemais in Deutschland wird sich das „Problem“ voraussichtlich von selbst erledigen, wenn die Biogasanlagen, die derzeit Mais einsetzen, in den kommenden 10 bis 15 Jahren aus dem EEG fallen. Dann wird der Anbau der gelben Körner für den Biogasfermenter nicht mehr gefördert.

Damit Biogasanlagen aber auch künftig im Einklang mit den IPCC-Forderungen produzieren könnten, müssen wirtschaftliche Alternativen her. „Der Methanertrag der Energiepflanze Silphie zum Beispiel erreicht nur zwei Drittel von Mais“, rechnet Stefan Rauh vor, Geschäftsführer des Fachverbands Biogas. Ohne Förderung würden die Landwirte solche Pflanzen kaum kultivieren. Und auch für die Flächendiskussion wäre das keine Alternative.

Allerdings könnten solche Pflanzen auf den Blühstreifen angebaut werden, die laut EU verpflichtend für alle landwirtschaftlichen Flächen in Europa sind. Dadurch soll die Biodiversität der oft monokulturell geprägten Landwirtschaft in der EU verbessert werden. „Dafür eignen sich im Prinzip Blühmischungen, die auch für die Biogasgewinnung verwertet werden könnten“, so Rauh. Weil diese Flächen nach den derzeitigen Regeln aber nicht geerntet werden dürfen, stellen sie keine Alternative dar. Zwar sei erlaubt, die dort wachsenden Pflanzen zurückzuschneiden. Die Biomasse muss aber komplett auf der Fläche verbleiben. „Bei einer erlaubten Nutzung in Biogasanlagen könnten die Landwirte die Gärreste wieder zurück auf die Blühflächen fahren“ – und somit die Nährstoffe, schlägt Rauh vor.

Im Klimapaket spielen Energiepflanzen keine Rolle

Bisher ist eine solche Lösung nicht in Sicht. Im Klimapaket der Bundesregierung spielen Energiepflanzen jedenfalls keine Rolle. Nur der Bundesrat fordert in einem Beschluss von Ende September 2019 im Rahmen der Bioenergie eine „deutlich verstärkte Nutzung ökologisch vorteilhafter Substrate, insbesondere heimischer Wild- und Kulturpflanzenarten“.

Eine gute Alternative, um den Forderungen nach Klimaschutz nachzukommen, sind Reststoffe wie die Gülle, insbesondere weil deren Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft ist. Erst ein Viertel des in Deutschland anfallenden Tiermists wird genutzt. Dabei sieht der Biogasverband die Möglichkeit, 60 Prozent relativ einfach zu erschließen. Aber gerade für die vielen kleinen landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern lohne sich die Verwertung bisher nicht. Das scheint auch die Bundesregierung erkannt zu haben und will laut Klimaschutzpaket „Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen ... mit bisherigen und neuen Instrumenten“ fördern.

Das würde dem Klimaschutz nutzen: So würde der Stroms aus Gülle von fünf Milliarden Kilowattstunden (kWh) auf zwölf Milliarden kWh steigen, heißt es beim Fachverband Biogas – und das, ohne zusätzliches Land zu verbrauchen.

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