Die Hersteller von Wechselrichtern müssen die neuen gesetzlichen Vorgaben umsetzen. Kostal hat dies mit dem neuen Pleticore G3 und Plus bereits erledigt.
Der Netzanschluss wird für die Photovoltaik zur Herausforderung. Wie die Branche darauf reagiert, zeigten die Aussteller auf der Smarter E.
Sven Ullrich
Solarstrom ist zur relevanten Größe des Energiesystems geworden. An manchen Tagen produzieren die Anlagen mehr, als verbraucht werden kann. Der Druck auf die Netze steigt. Deshalb hat die letzte Bundesregierung noch das Solarspitzengesetz erlassen, das Betreiber von neuen Anlagen dazu motivieren soll, mehr Verantwortung fürs Gesamtsystem zu übernehmen. Dazu wurde festgelegt, dass Anlagenbetreiber keine Vergütung mehr bekommen, wenn die Preise an den Strombörsen negativ sind – und zwar ab der ersten Viertelstunde. Für die Anlagenbetreiber bedeutet dies, dass sie mehr Sonnenstrom selbst verbrauchen sollten.
Doch auch die Netzbetreiber müssen hier mitspielen und mehr Intelligenz in die Infrastruktur bringen. Zumal sie nicht selten im Blindflug agieren. „In Deutschland haben wir mehrere Hunderttausend Trafostationen. Doch ein großer Teil davon ist nicht mit Messtechnik ausgerüstet“, erklärt dazu Guy Schaaf, Marketingmanager von Socomec.
Informationen zum Stromfluss
Das Unternehmen aus dem französischen Benfeld hat auf der diesjährigen Smarter E Europe den neuen Großspeicher Sunsys HES XXL Skid mit direktem Anschluss an die Mittelspannung vorgestellt. Die Entwickler haben dabei auf kleine Details geachtet, um mehr Intelligenz in den Betrieb des Stromnetzes zu bringen. Eines dieser Details ist ein neues Messsystem zur Nachrüstung in Trafostationen. Damit können die Netzbetreiber genau messen, wie hoch welche Leitung ausgelastet ist, die von der Trafostation abgeht.
Socomec hat hier mit Absicht auf eine Variante zur Nachrüstung geachtet. „Wir wollen keine Unterbrechung der Stromversorgung, nur weil der Netzbetreiber in der Trafostation Messtechnik nachrüsten muss“, erklärt Guy Schaaf. Die Lösung ist denkbar einfach, aber effektiv. Denn sie besteht aus einer sogenannten Rogowski-Spule und einem damit verbundenen Gerät, das den Stromfluss aufzeichnet.
Ohne Unterbrechung installieren
Die Rogowski-Spule ist eine geschlossene Luftspule mit einem ferromagnetischen Kern, die um die Leitung gelegt wird. Wenn in der Leitung, um die die Spule liegt, Strom fließt, wird in der Spule eine Spannung induziert. Je mehr Strom fließt, desto höher ist die Spannung in der Spule. Die Höhe dieser Spannung wird gemessen und zeigt auf diese Weise die Auslastung der jeweiligen Leitung des Trafos an.
60 Prozent ist die Grenze der Einspeiseleistung einer neuen Photovoltaikanlage, solange sie nicht mit einem intelligenten Messsystem ausgerüstet ist. Danach muss der Netzbetreiber steuern können. Beides müssen die Leistungselektroniker und Speicherhersteller abdecken.
Als Lösung für die Nachrüstung hat Socomec die Rogowski-Spulen so gestaltet, dass sie klappbar sind. Der Monteur öffnet die Spule, legt sie um die Leitung im Trafo und schließt sie wieder. Dadurch müssen keine Leitungen bei der Installation der Spulen demontiert werden.
Netze intelligent planen
Dennoch wird perspektivisch kein Weg an einem Ausbau der Netze vorbeiführen. Die Netzbetreiber haben dabei die Aufgabe, dort auszubauen, wo der Bedarf vorhanden ist – etwa weil in einem Bereich mehr Solaranlagen errichtet werden sollen als in einem anderen Bereich. Um bei der Planung der Netze das Optimum herauszuholen, hat das dänische Softwareunternehmen Utiligize eine cloudbasierte Plattform zur Planung von Stromnetzen mit einer großen Anzahl verteilter Energiequellen entwickelt.
Forecast & Investment – so der Name der Plattform – unterstützt Netzbetreiber mit einem verbesserten Asset-Management und hilft gleichzeitig, regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Die Plattform nutzt KI-basierte Prognosemodelle, um Milliarden von Berechnungen durchzuführen, die auf Daten aus Smart Metern und geografischen Informationssystemen zurückgreifen. Auf dieser Basis kann sie lokale Kapazitäts- und Spannungsgrenzen bis zum Jahr 2050 auf Stundenbasis vorhersagen. Damit können Netzbetreiber fundiertere Planungs- und Investitionsentscheidungen treffen und die Investitionskosten um bis zu 35 Prozent senken.
Neue Regeln für die Steuerung
Dennoch muss auch die Erzeugerseite ihren Beitrag zur Systemstabilität leisten. Dass die Leistungselektronik der Solaranlage die großen Schwungmassen der fossilen Kraftwerke ersetzen kann, ist längst bekannt. Doch die Anforderungen an die Leistungselektronik steigen, vor allem mit Blick auf die Vorgaben nach Paragraf 9 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG. Hier sind die technischen Voraussetzungen geregelt, damit Netzbetreiber die Anlagen bei Bedarf abregeln können.
Außerdem müssen sie auch die Möglichkeiten abdecken, die der Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) für Anlagenbetreiber inklusive steuerbarer Großverbraucher wie Wärmepumpen und Ladesäulen bietet. Denn wenn diese ihre Systeme so betreiben und vom Netzbetreiber steuern lassen, sodass sie netzentlastend wirken, müssen ihnen die Netzbetreiber einen Rabatt auf die Netzentgelte anbieten.
Mit Smart Meter kommunizieren
Diese Möglichkeiten setzen die Hersteller von Leistungselektronik inzwischen in ihren Geräten um, beispielsweise Kostal Solar Electric in seinem Wechselrichter Plenticore G3. Damit wird die Abregelung von kleineren Anlagen auf 60 Prozent der Nennleistung direkt im Wechselrichter mittels eines Firmwareupdates umgesetzt. Die Abregelung wird gefordert, solange die Anlage nicht mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet ist. Bei größeren Anlagen mit mehreren Wechselrichtern wird diese Vorgabe über das Kostal Smart Energy Meter umgesetzt.
Beide Komponenten können auch über das Kommunikationsprotokoll EEBus mit dem in intelligenten Messsystemen enthaltenen CLS-Adapter kommunizieren. Um die Möglichkeiten nach Paragraf 14a EnWG umzusetzen, kann der Plenticore G3 auch mit einer vom VDE FNN zertifizierten Steuerbox kombiniert werden, die dezentrale Energieerzeuger und Verbraucher steuern kann.
Mit der KI-gestützten Prognose kann der Anlagenbetreiber morgens die Batterie leer fahren. Damit steht die volle Speicherkapazität zur Aufnahme der Mittagsspitze zur Verfügung, selbst wenn die Batterie nachts nicht mit Eigenverbrauch leer gefahren wurde.
Außerdem kann der Wechselrichter die Netzeinspeisung automatisch unterbinden, wenn er ein Signal bekommt, dass die Preise an der Strombörse negativ sind. Diese Funktion lässt sich einfach mit einem Haken in den Steuerungseinstellungen des Wechselrichters aktivieren. Auf negative Strompreise reagiert in Zukunft auch die Batteriesteuerung des Plenticore G3. Dann wird es möglich, die Batterie aus dem Netz zu laden, wenn die Strompreise niedrig oder sogar negativ sind.
Denn Speicher – mit integriertem oder angeschlossenem Energiemanagementsystem (EMS) – rücken bei der optimalen Nutzung von Netzkapazitäten zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. So hat SMA auf der Intersolar neben dem neuen Gewerbewechselrichter Sunny Tripower X 60 auch eine Erweiterung seines EMS SMA Data Manager M und das Sunny Portal des Tochterunternehmens Ennex OS vorgestellt.
Batterien clever betreiben
Mit der neuen Erweiterung können die Betreiber von gewerblichen Solaranlagen ihre Batteriesysteme nach festen Zeitplänen laden und entladen. Damit können Logistikunternehmen, produzierende Betriebe, Büros oder Supermärkte den Speicherbetrieb besser an die Solarstromproduktion und den Verbrauch vor Ort anpassen. Dadurch steigt der Eigenverbrauch der produzierten Solarstrommengen, die dann nicht mehr ins Netz eingespeist werden müssen.
Noch einen Schritt weiter geht das – inzwischen auch mit dem Smarter E Award ausgezeichnete – Energiemanagement von Fenecon (FEMS). Die Jury hat hier vor allem die Nutzung eines offenen Quellcodes überzeugt, über den das FEMS mit allen weiteren Komponenten des Energiesystems der Zukunft verbunden werden kann. Außerdem nutzt Fenecon künstliche Intelligenz (KI) nicht nur für Prognosen zur Stromerzeugung und zum Verbrauch, sondern auch zur Überwachung des Netzanschlusses.
KI steuert das System
Einerseits können so der Speicher und die über das FEMS angesteuerten Verbraucher netzdienlich geregelt werden. Andererseits wird eine vorausschauende Analyse von Energieverbrauchsmustern sowie die Optimierung der Lade- und Entladepläne des Speichers möglich. „Mit unseren KI-gestützten Prognosen kann der Anlagenbetreiber beispielsweise morgens die Batterie leer fahren. Damit steht die volle Speicherkapazität zur Aufnahme der Mittagsspitze zur Verfügung, selbst wenn die Batterie nachts nicht mit Eigenverbrauch leer gefahren wurde“, erklärt Franz-Josef Feilmeier einen zentralen Vorteil dieses Ansatzes. Solche Entwicklungen ermöglichen die Netzintegration von mehr Solarstromanlagen auch bei weiter begrenzten Netzkapazitäten. Denn diese werden dadurch optimal ausgenutzt.
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