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Wärmewende

Modulbau-Kita als Energieplus-Gebäude

Energieplus-Gebäude übertreffen jeden bisherigen Energiestandard, denn auch Niedrigenergiehäuser verbrauchen noch zu viel Energie und selbst Passivhäuser emittieren weiterhin schädliches CO2 in die Atmosphäre. Die Stadt Dortmund ging bereits 2011 mit ihrem Programm „100 Energieplus-Häuser“ an den Start: Bis 2021 sollen im Stadtgebiet 100 Häuser entstehen, die mehr Energie erzeugen, als für die Nutzung aufgewendet werden muss.

Ursprünglich zielte die Dortmunder Kampagne speziell auf Einfamilienhäuser ab, doch in der Zwischenzeit wurden auch Energieplus-­Gebäude im Bereich des Geschosswohnungsbaus sowie die Energieplus-Kita Montessori-Haus an der Weingartenstraße gebaut. Letztere ist ein Projekt des Wohnungsbauunternehmens Dogewo 21 und wurde vom Architekten Andreas Haus aus Herborn zusammen mit dem Modulbauunternehmen Alho aus Friesenhagen 2015 umgesetzt. Die in Modulbauweise erstellte Kita Montessori-Haus am Dortmunder Phoenixsee setzt auf ein innovatives Energiekonzept.

Passivhaus-Werte durch Dämmung

Es galt zunächst, eine Energiebilanz für das Kita-Gebäude aufzustellen, um dann errechnen zu können, wie viel Energie produziert werden muss, um die Vorgaben zu erreichen. Dabei gingen die zuständigen Planer des Bochumer Ingenieurbüros Wortmann-Scheerer davon aus, dass die Kita von insgesamt 100 Personen – Kindern, Betreuern und Hilfskräften – an fünf Tagen in der Woche jeweils elf Stunden lang genutzt wird.

Insgesamt hat das zukunftsweisende Haus eine Bruttogrundfläche von 1.089 Quadratmeter. Die spezielle Modulbauweise erreicht mit ihrer hocheffizienten Dämmung aller Bauteile in fast allen Bereichen per se passivhaustaugliche Werte, was sich bereits grundlegend positiv auf den Energiebedarf im Gebäude auswirkt. Die wesentlichen Einflussfaktoren für eine gute Energiebilanz sind neben der guten Wärmedämmung aber der Lüftungswärme-, der Warmwasser- sowie der Energiebedarf der ausgewählten Pumpen und Lüftungsgeräte.

Der Heizwärmebedarf des Hauses liegt bei rund 13 Kilowattstunden (kWh) pro Quadrat­meter und Jahr. Die nötige Heizwärme wird von einer Sole-Wasser-Wärmepumpe (Leistungszahl: 4,8) bereitgestellt. Dazu führen fünf Tiefenbohrungen 122 Meter hinab ins Erdreich. Beim Verteilnetz mit 45 Grad Vorlauftemperatur wurde auf die Zirkulationsleitung verzichtet, sodass die Verteilverluste gering bleiben.

CO2-abhängig gesteuerte Lüftungsanlage

Zudem verfügt das zweigeschossige Gebäude über eine zentral und CO2-abhängig gesteuerte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Beim Lüftungskonzept gingen die Planer von Wortmann-Scheerer in den Gruppenräumen und Gruppen­nebenräumen von einem möglichst geringen Luftwechsel bei ausreichender Luftqualität aus und legten die Luftmenge pro Person auf mindestens 15 Kubikmeter pro Stunde fest. Höhere Luftmengen hätten einen höheren Energiebedarf der Anlage bedeutet und führen zudem zu trockener Luft im Winter. Eine weitere Energieeinsparung für die Lüftung wird durch CO2-gesteuerte Luftmengen erreicht, die bei nicht belegten Räumen die Luftmenge reduzieren. Die Fenster des Gebäudes sind trotz der mechanischen Lüftung zu öffnen. Es ist also eine zusätzliche natürliche Belüftung durch die Fenster im Sommer jederzeit möglich.

Für regenerativ erzeugten Strom sorgen die 160 Photovoltaik-Module auf dem Kita-Dach. Sie bedecken eine Fläche von 228 Quadratmetern und haben eine Leistung von 36,4 Kilowatt (kW). Ihr Jahresertrag liegt bei rund 31.000 kWh.

Warum modular bauen?

Modulbauweise kann individuelles, nachhaltiges Bauen bedeuten. Wann immer Gebäude mit vielen identischen Nutzungseinheiten erstellt werden, macht der Einsatz von seriell reproduzierbaren Moduleinheiten Sinn. Auch Objekte mit speziellen Anforderungen an Gebäude- und Ausbautechnik lassen sich mit den präzise vorgefertigten und ausgestatteten Raummodulen optimal umsetzen.

Modulgebäude bieten eine Reihe von Vorteilen: Planungssicherheit dank Termin- und Festpreisgarantie, Flexibilität durch freitragende Rahmenkonstruktionen, hohe Qualität durch die kontrollierte, industrielle Vorfertigung, kurze Bauzeit dank paralleler Abläufe im Werk und auf der Baustelle, leise und saubere Abläufe bei Montage und Ausbau, bewährte Detaillösungen und Standards sowie das Planen und Bauen aus einer Hand – mit dem Modulhersteller als Generalunternehmer. Er liefert ein Komplettpaket aus Beratung, Kalkulation, Planung und Ausführung, technischer Gebäudeausstattung, Projekt- und Bauleitung.

Nordseite geschlossen - Fenster im Süden

Die Kita in der Weingartenstraße ist wegweisend für ganz Deutschland, weil sie als bundesweit erste Modulbau-Kita Energieplus-Standard erreicht hat.

27 Raummodule aus Stahl wurden in der Raumfabrik individuell vorgefertigt und in nur vier Tagen vor Ort zu einem Neubau montiert. Vereinzelte holzverschalte Flächen stehen zu hellen Putzflächen im reizvollen Kontrast. Während die Nordseite – energetisch sinnvoll – eher geschlossen gestaltet ist und nur kleine Fensteröffnungen aufweist, wendet sich die Südseite mit großen Glasflächen der Sonne zu. Bei flachem Sonnenstand im Winter sind effektive solare Energiegewinne möglich, im Sommer sorgen große Dachüberstände für baulichen Sonnenschutz und Verschattung, Dachbegrünung für ein angenehmes Mikroklima.

Leichtbaukonstruktionen

Energetisch kommen beim Modulbau die positiven Eigenschaften der eingesetzten Leichtbaukonstruktionen zum Tragen, die bei schlanken Bauteilquerschnitten hoch wärmedämmende Konstruktionen ermöglichen. Die Kindertagesstätte weist Dämmstärken von bis zu 28 Zentimetern auf. Der U-Wert der dreifach verglasten Fenster beträgt 0,60 W/(m2K) für die Scheiben und 1,30 W/(m2K) für die Rahmen. Im Modulbau werden alle Anforderungen der jeweils gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt, die Kopplung mit regenerativen Systemen wie Photovoltaik oder Erdwärme kann zu einem Jahresprimärenergie­bedarf deutlich unterhalb des Passivhausniveaus bis hin zum Energieplus-Haus führen. Das gelegentlich angeführte Problem der hohen Wärmeleitfähigkeit der tragenden Stahlkonstruktion wird durch Überdämmung des Stahlrahmens so weit minimiert, dass der im Außenwandquerschnitt liegende Stahl keine relevante Wärmebrücke mehr darstellt.

Stahlmodule

Die Stahlmodule, die in Werkshallen mit modernen Fertigungsstraßen witterungsunabhängig vorgefertigt und präzise konfiguriert werden, haben eine gute Ökobilanz. Die neuen Module werden zu einem bestimmten Prozentsatz aus Recycling-Stahl hergestellt. Außerdem können die Raummodule am Ende ihrer Nutzungszeit leicht demontiert, umgesetzt oder ohne Qualitätsverlust zu 100 Prozent recycelt werden. Der geringe Bedarf an primären Rohstoffen und die energiesparende Herstellung von Bauprodukten aus Stahl schonen Ressourcen und entlasten so die Umwelt. 

Autor:

Michael Lauer, Sachverständiger Modulbau, ALHO

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