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Windkraft-Bedarf im Süden

"Solar bringt auf der dreifachen Fläche ein Drittel des Ertrags"

Warum ist es eigentlich so wichtig, dass die Windkraft auch im Süden ausgebaut wird?

Sandra Hook: Die Nähe zu den Verbrauchszentren ist ganz wichtig. Wir haben viel kürzere Wege zur Industrie und natürlich ist es insgesamt für die Systemstabilität sehr wichtig, dass wir die Windkraft in ganz Deutschland ausgebaut bekommen. Weil wenn wir tatsächlich mal eine Flaute an der Küste haben, ist in Bayern aufm Berg trotzdem noch Wind.

Aber in Bayern gibt es ja schon besonders viel Photovoltaik. Warum soll der Süden sich nicht auf Solar fokussieren und im Norden dominiert die Windkraft?

Schön, dass Sie mich das fragen. Das Argument kommt in der Energiewendediskussion immer wieder. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Solarenergie viel mehr Fläche für nicht einmal annähernd die gleiche Leistung beansprucht. Wir sagen immer, die Solarenergie soll’s richten. Und die Solarenergie, von der ich übrigens ein Riesenfan bin, gleicht die Windenergie toll aus. Aber was man sich klar machen muss: Die Solarenergie ist bei weitem nicht so leistungsstark wie die Windenergie. Wenn wir an die relevanten Freiflächen denken, schaffe ich ungefähr ein Megawatt auf einem Hektar. Hinzu kommt, dass die installierte Solarleistung nur an rund 1.000 Stunden pro Jahr verfügbar ist. Das heißt, auf meinem Hektar kann ich 1.000 Megawattstunden produzieren. Wenn Sie dasselbe mit einem Windrad durchspielen, haben Sie auf einem guten halben Hektar drei Megawatt installiert, und die Anlage läuft 2.500 bis 3.500 Stunden. Sie haben also zweimal den Faktor Drei drin. Wenn wir dieselbe Leistung, die wir über Wind erzeugen, über Solar machen wollten: Das würden wir gar nicht schaffen, ohne uns komplett zuzupflastern.

Was halten Sie denn von der Idee einer mehrfachen Flächennutzung: Wind, Solar und Naturwiesen am selben Standort?

Diese Überlegungen gibt es schon länger. Ich glaube, dass man das machen kann, obwohl die Verschattung von Windkraft auf den Solaranlagen eine Ertragsminderung bedeutet. Aber wenn wir jetzt sagen, der Süden ist Solarmeister, müssen wir bei der Tatsache bleiben, dass das nicht hilft, wenn er nicht gleichzeitig auch bei der Windkraft massiv zulegt. Ganz wichtig ist die Flächenverfügbarkeit. Solar bringt auf der dreifachen Fläche ein Drittel des Ertrags.

Wir haben ja nicht nur Klimaschutz-, sondern wir haben auch Bodenziele. Es gibt das 30-Hektar-Ziel, das besagt, dass wir bis 2020 pro Tag nur noch 30 Hektar als Siedlungs- oder Verkehrsfläche neu in Anspruch nehmen wollen, hier gehören Betriebsflächen hinzu. Wir sind relativ weit weg von diesem Ziel. Jeder will sein eigenes Haus auf der grünen Wiese, aber dann muss auch die Infrastruktur bitte vorhanden sein. Und es wird noch schlimmer, wenn wir massenhaft Photovoltaik-Freiflächen installieren, weil wir keine Windkraft im Süden ermöglichen. Und das soll kein Photovoltaik-Bashing sein – im Gegenteil: die beiden gehören zusammen, es sind die Techniken, welche komplett freie Ressourcen nutzen.

Wir bringen die Dinge nicht in einen Bezug zu einander. Das hat uns schon die konventionelle Energiewirtschaft gelehrt: Wir erzeugen entweder Wärme oder Strom oder Mobilität. Und wenn wir zum Beispiel an erneuerbare Mobilität denken, ist es immer die Entscheidung Elektromobilität oder Bioenergie. Aber wir reden nie davon, dass man die Dinge zusammenbringen muss und beide der Schlüssel zur Lösung sind. Auf Grund dieser Denke wird auch die Sektorenkopplung bisher nur mäßig umgesetzt. Übertragen auf die  Photovoltaik: wir reden über Ausbauziele und vergessen, dass das zum Beispiel unseren Flächenzielen widerspricht und in Deutschland so nicht möglich ist.

Photovoltaik schafft nicht genug, sagen Sie. Trotzdem hat die Windkraft jetzt das Nachsehen bei technologieoffenen Ausschreibungen?

Man sollte die Technologien nicht gegeneinander ausspielen: Wir brauchen die Windkraft ebenso wie die Photovoltaik für den gegenseitigen Ausgleich und die Decarbonisierung der Energiewirtschaft, genauso wie wir auf Bioenergie und Wasserkraft nicht verzichten können. (Interview: Nicole Weinhold)

Windbranchentag Hessen/Rheinland-Pfalz

Am 29. August veranstaltet der BWE in Wiesbaden den Windbranchentag Hessen/Rheinland-Pfalz. Der zweite gemeinsame Windbranchentag Hessen/Rheinland-Pfalz bringt Windindustrie und Landespolitik miteinander ins Gespräch. Über 300 Teilnehmer diskutieren dabei u.a. mit Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir sowie Ulrike Höfken, Umweltministerin des Landes Rheinland-Pfalz, über die aktuellen Entwicklungen rund um das Thema Windenergie. Infos und Anmeldung: Windbranchentag Hessen/Rheinland-Pfalz