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Auf Vordermann gebracht

Sven Ullrich

Saint-Martin-Lalande ist eine kleine französische Gemeinde, die bilanziell acht Mal so viel Strom produziert, wie die 1.000 Einwohner im Jahr verbrauchen. Denn seit Februar 2011 liefern auf einer Fläche von 17,5 Hektar am Rande des Ortes 59.600 Dünnschichtmodule mit einer Gesamtleistung von 5,3 Megawatt Sonnenstrom für 8.000 Menschen. Doch die Freude währte nicht lang. Denn die prognostizierten Erträge blieben aus.

Deshalb kam der Solarpark im Jahr 2019 in die Generalüberholung. Alle Solarmodule und Generatoranschlusskästen wurden abgebaut und ersetzt. Dazu musste die Unterkonstruktion angepasst werden. Einige Kabel und die Zentralwechselrichter von SMA konnten weiter genutzt werden.

„Ein Faktor für oder gegen eine Über­arbeitung ist die Restlaufzeit und die dafür geltenden Rahmenbedingungen.“

Dirk Retzlaff, Baywa RE

Wann ist Revamping sinnvoll?

Die Installateure von Baywa RE haben insgesamt elf Wochen gebraucht, um den gesamten Park wieder in Form zu bringen. Dabei wurde die Leistung der Anlage um zehn Prozent auf 5,9 Megawatt erhöht. Eigentlich ein typisches Repoweringprojekt. Aber auch nicht so richtig. Denn der Solarpark wurde komplett überarbeitet. Dafür hat sich inzwischen der Begriff Revamping etabliert. „Revamping ist die Überarbeitung einer Solaranlage innerhalb der ­gleichen Nennleistung, Repowering ist eine Maßnahme, die auch zur Mehrleistung führt“, beschreibt Dirk Retzlaff, Geschäftsführer von Operation Services bei Baywa RE, die Abstufung. „Doch die Grenzen auch zwischen Revamping und Reparatur sind fließend.“

Schließlich werden bei der Reparatur auch nur Komponenten ausgetauscht. „Aber wenn es um den Umbau der Architektur geht, dann bezeichnen wir das als Revamping“, sagt Retzlaff. Doch jenseits der begrifflichen Spitzfindigkeiten ist die zentrale Frage: Wann ist eine Überarbeitung einer Solaranlage sinnvoll? „Ein wesentlicher Faktor ist die Restlaufzeit und die dafür geltenden Rahmenbedingungen“, weiß Dirk Retzlaff. „Wenn der Betreiber einer 16 Jahre alten Anlage diese nur bis zum 20. Jahr betreiben will, rechnet sich die Überarbeitung selbst dann nicht, wenn diese 20 Prozent weniger Leistung als geplant liefert“, beschreibt Retzlaff beispielhaft.

Weiterbetrieb absichern

So haben viele Finanzinvestoren ihr Geld in Solaranlagen angelegt. „Wenn diese ihr Geschäftsmodell am Anfang einigermaßen konservativ gerechnet haben, dann liegt eine Anlage durchaus noch im Limit, selbst wenn sie viel weniger Leistung liefert und sie durch die Überarbeitung besser laufen kann“, erklärt Retzlaff. „Doch das ist für die Finanzinvestoren eine zu große Hürde. Schließlich verändern sich dann die Investitionsbedingungen, was mit den Anteilseignern und finanzierenden Banken abgeklärt werden müsste, die wiederum mehr Geld einsetzen müssen, damit die Anlage mehr Ertrag liefert.“ Selbst bei Energieversorgern ist die Stabilität der Prognose wichtiger als ein eventuell höherer Ertrag.

Doch wenn es darum geht, die Anlage noch über die Laufzeit von 20 Jahren hinaus zu betreiben, kann sich das durchaus rechnen. Hier geht es vor allem um die Weiterbetriebsprognose. Das Entscheidende ist, dass der Mehrertrag die zusätzlichen Investitionen wieder einspielt.

Daten zeigen fehlerhafte Komponenten

Schließlich ist auch nicht jeder Solarpark überarbeitungswürdig. So fördert ein regelmäßiges Monitoring der Erträge eventuelle Fehler zutage. Allerdings können sinkende Erträge auch auf andere Probleme wie schlechte Pflege oder eine Verschattung nach der Inbetriebnahme hinweisen.

Doch inzwischen kommen jede Menge Daten aus den Solaranlagen, die Betriebsführer wie Baywa RE im Bestand haben. „Hier sehen wir auch systematische Ausfälle von Komponenten. Mit diesen Daten können wir auf Betreiber von Solarparks zugehen, in denen die immer wieder auffälligen Komponenten verbaut sind, und einen Vorschlag zur Überarbeitung unterbreiten“, sagt Retzlaff. Schließlich ist beispielsweise ein Zentralwechselrichter ein Risiko für die Wirtschaftlichkeit, wenn Modelle der gleichen Baureihe schon öfter ausgefallen sind. Dann ist es nicht nur die Frage, wie schnell der Ausfall entdeckt wird, sondern auch, ob eine schnelle Reparatur möglich ist. Wenn kein Ersatzteil zu bekommen ist, steht die Anlage eventuell mehrere Monate.

Ein dritter Punkt ist die Betriebssicherheit. „Denn es kann durchaus vorkommen, dass sich die Anforderungen an die Sicherheit bei Arbeiten in Solarparks ändern und deshalb Komponenten nur mit großem Aufwand nachgerüstet werden können“, sagt Retzlaff. Hier kann eine rechtzeitige Überarbeitung der Anlage sogar lebensnotwendig für Techniker werden, die im Solarpark arbeiten.

5,9
Megawatt leistet die Anlage in Saint-Martin-Lalande nach der Überarbeitung. Das sind zehn Prozent mehr. Durch den Wechsel von Dünnschicht- auf ­kristalline Module passte die Mehr­leistung auf viel ­weniger Fläche als vorher.

Generator komplett anschauen

Sollte der Anlagenbetreiber tatsächlich eine Überarbeitung des Solarparks in Betracht ziehen, ist es wichtig, sich den Generator immer komplett anzuschauen und alles bis zum Ende durchzurechnen. Hier ist auch entscheidend, welche Auswirkungen die Überarbeitung auf das Geschäftsmodell des Betreibers hat.

Auch hier spielt die Ersatzteilversorgung eine wichtige Rolle. „Wenn beispielsweise ein Zen-
tralwechselrichter in der Anlage steht, dann ist es schwierig, diesen durch ein gleiches Gerät zu ersetzen. Dann ist es zwar möglich, zwei kleine Wechselrichter nebeneinander zu stellen. Doch wir schauen uns im Moment auch immer an, ob es möglich ist, die Architektur auf Stringwechselrichter zu ändern“, sagt Dirk Retzlaff. Denn wenn dann ein Wechselrichter ausfällt, steht nur ein kleiner Teil der Anlage. Ein ausgefallener Zentralwechselrichter sorgt für ungleich höhere Verluste. Außerdem ist es im Falle von Stringwechselrichtern durchaus denkbar, dass sich der Anlagenbetreiber ein Ersatzgerät auf Lager legt, um schnell reagieren zu können.

Ausfälle gering halten

Wichtig ist für den Betreiber auch der reibungslose Ablauf der Überarbeitung. Baywa RE schließt mit ihm einen regelrechten EPC-Vertrag ab. „Wir berücksichtigen so auch im Servicebereich Aspekte der Projektentwicklung. Da geht es nicht nur um Technik, sondern auch um die Finanzen und die juristischen Rahmenbedingungen. Deshalb erstellen wir vor dem Revamping ein neues Geschäftsmodell für und zusammen mit unseren Kunden“, betont Dirk Retzlaff.

Dies geht so weit, dass Baywa RE die Anlagen behutsam und während des Betriebs mit so geringen Ausfällen wie möglich überarbeitet. Es geht nur der Anlagenteil vom Netz, an dem gerade gearbeitet wird, während die anderen Teile der Anlage weiter Strom produzieren. Dadurch sind die Ausfälle für den Anlagenbetreiber gering.

Das ist in Saint-Martin-Lalande gelungen. Hier hatte Baywa RE zugesichert, dass während des gesamten Revampingprozesses die vorhandene Einspeiseleistung nie unter 65 Prozent sinkt. Tatsächlich lag die Leistung während der gesamten elf Wochen, die die Arbeiten gedauert haben, bei über 70 Prozent. Nur an zwei Tagen näherte sie sich der zugesicherten Grenze von 65 Prozent, lag aber niemals darunter.

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