Satirische Miniaturszenerie für einen Plug-in-Anschluss mit zu viel Man-Power. Das kann innovative Digitalisierung schon besser, und nun kann sie mit künstlicher Intelligenz die Wind- und Solarpark-Anschlussfähigkeit der Netze und Umspannwerke in der Projektumgebung richtig analysieren.
Erneuerbaren-Projekte planende Unternehmen riskieren vergebliche Wartezeit bei Anfragen zum Netzanschluss. Nun hilft ein Programm.
Netzanschlüsse sind für die Entwicklung von Wind-, Solar- oder Batterie-Projekten heute eine entscheidende Hürde. Eine neue Ausrichtung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter Ministerin Katharina Reiches unterstreicht dies, wonach sich der Ausbau erneuerbarer Energien künftig stärker am verfügbaren Netz orientieren soll und nicht das Netz an den Erneuerbaren. Das wäre im allgemeinen kein Problem, wenn man Einblicke ins Stromnetz haben würde. Aber die Rückmeldungen der Netzbetreiber sind mit langen Wartezeiten verbunden und Ablehnungsgründe sind unklar.
Netzanschlüsse werden so zu einem raren Gut. Nach monatelanger Wartezeit teilen die Netzbetreiber einem mit, dass ein Anschluss erst in den 2030-er Jahren verfügbar sein wird, wenn das Netz ausgebaut ist. Auch wenn das Beispiel fiktiv sein mag, sind Verweise von Netzbetreibern auf erst mehrere Jahre in der Zukunft ausreichend verstärkte Leitungen nicht selten. Monate der Entwicklungsarbeit für einen bestimmten Projektanschluss sind damit umsonst gewesen.
KI-Lösung: Schnelle Stromnetzdaten
Mit der Software Grid Data Intelligence (GDI) von Blindleister erhalten Projektentwickler erstmals die Möglichkeit, ihre Projekte nicht nur nach verfügbaren Flächen, sondern auch nach den tatsächlichen Kapazitäten des Stromnetzes zu planen und zu priorisieren. GDI liefert präzise Informationen und Analysen, um das komplexe Netz zu verstehen, vielversprechende Netzgebiete zu identifizieren und freie Netzanschlusspunkte zu finden.
Zum ersten Mal überhaupt ist es damit möglich, detaillierte Einblicke in die Regelungswirklichkeit wie Redispatchmaßnahmen in der Umgebung von Umspannwerken sowie in die Auslegung der Umspannwerke zu gewinnen. Das bezieht sogar Einblicke in die einzelnen Netzanschlusspunkte für bestehende Wind- oder Solarparks und Batterieanlagen und deren Abregelungen mit ein. Diese Analysen sind über automatisierte Berichte in Form von PDFs, Excel-Dateien, APIs oder als GIS-Layer verfügbar, die in das bestehende Geoinformationssystem (GIS) des Projektentwickler integriert werden können. Durch die ganzheitliche Zusammenführung von Daten und die Darstellung des aktuellen Zustands des Energienetzes macht GDI die Projektvorschläge und die schon bisher von Projektentwicklern nur mühevoll vorgenommenen Netzanalysen deutlich schneller, einfacher und fundierter: Noch müssen diese ihre Infos zu Stromleitungen bekanntlich aus verschiedenen Webseiten oder bezüglich angeschlossener Projekte aus dem Marktstammdatenregister oder aus PDF-Dateien zu Netzausbauplänen sammeln.
Netzkapazitäten und Engpässe sehen
GDI nutzt eine Graphen-basierte künstliche Intelligenz (KI), wie sich eine bestimmte Denk- und Rechenweise der KI bezeichnen lässt, um die reale Netzstruktur mit den räumlichen Verläufen als geschlossene Ringleitungen oder Stichleitungen auf einer Karte des deutschen Stromnetzes abzubilden. Verschiedene Farben zeigen die Netzauslastung an. Die Grundlage der KI bilden die gemäß § 3 KraftNAV veröffentlichten Daten der Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber zu Netzengpasssituationen, ergänzt um Informationen zu regionalen Abregelungen sowie zum Größenverhältnis zwischen vorhandener Wind- und Solarenergie. So lassen sich fundierte qualitative Einschätzungen zur Anschlusskapazität von Leitungen und Umspannwerken treffen.
Nutzer können alle Generatoren im Stromnetz nach Anlagentyp, Größe, Inbetriebnahmedatum, Anschlusspunkt, Netzbetreiber oder Anlagenbetreiber sortieren, um einen umfassenden Überblick über die Erzeugungssituation in einem Gebiet zu erhalten. Auch die Last jeder Gemeinde und Umspannstation kann visualisiert und der Erzeugung 15-minütig gegenübergestellt werden.
5.000 Umspannwerke mit 10 Kilovolt oder mehr macht das Simulations-, Rechnungs- und Statistikinformationsprogramm GDI mit Hilfe sogenannter künstlicher Intelligenztransparent. Erneuerbare-Energien-Projekte Planende sehen sofort, ohne sonst Monate auf den Netzbetreiber zu warten, wo die Planung des Netzanschlusses lohnt.
Auf verschiedenen Ebenen zeigt die Karte die Daten der Umspannwerke, wo Netzbetreiber in Deutschland die Anlagen hoch- und wo sie sie abregeln. Dazu lassen sich gesondert Statistik-Grafiken aufrufen oder Exceltabellen zu den Uhrzeiten der Erzeugung und Abregelung. Vom Netzbetreiber geplante Leitungen und Umspannwerke gemäß den Netzentwicklungsplänen können damit verglichen werden. Auf diese Weise kann die künftig hinzukommende Netzkapazität bereits während des Entwicklungsprozesses berücksichtigt werden.
Darüber hinaus zeigt GDI die Anzahl und Größe von Transformatoren und Umspannwerken an. Mithilfe von Satellitenbildern und KI werden die physikalischen Grenzen und Kapazitäten von bundesweit über 5.000 Umspannwerken mit 110 Kilovolt und höher ermittelt. Durch die Bereitstellung von Informationen über Anlagenanschlüsse an die Umspannwerke, inklusive einer aggregierten Anschlussleistung, erhalten Entwickler einen Überblick über die Kapazität eines Umspannwerks.
Auch die historischen bis 2020 zurückreichenden Daten von bundesweiten über neun Millionen Redispatch-Maßnahmen der Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber in Landkreisen, Gemeinden und Umspannwerken können die Nutzer hiermit visualisieren und quantifizieren. Projektentwickler können so feststellen, ob bestehende Wind- oder Solarstromerzeugung zu Einschränkungen im Netzgebiet führt und ob sie eine ergänzende Ressource am Netzstandort entwickeln können.
Analyse: Wie viel überbauen, wo Batterien?
Mithilfe von GDI können Projektentwickler ebenso die Überbauung von Solarenergie an einem Windstandort oder von Windenergie an einem Solarstandort analysieren.Während die Überbauung für den Gesamtenergieertrag vorteilhaft sein kann, ist sie nicht immer kosteneffizient. Die Software berechnet bei entsprechender Bedienung auch die finanziell optimale Größe eines Großbatteriespeichers unter Berücksichtigung unter anderem des Vermarktungsmodells der Batterie (Grünstrom, Graustrom, separater Netzanschluss), realer Wetterdaten und Redispatch-Maßnahmen.
Zudem können Entwickler das netzunterstützende Verhalten einer Batterie und die mögliche Größe einer netzneutralen Batterie analysieren. Ein Thema von wachsender Bedeutung. Die Auswirkungen von Einschränkungen können detailliert analysiert und netzneutrale Batterie-Standorte dem Netzbetreiber vorgeschlagen werden.
Foto: pexels.com
Bau eines Umspannwerks
Autor:
Niklas Reinhardt, Mitgründer und Geschäftsführer, Blindleister GmbH
Foto: Blindleister GmbH
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