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Frankreich: Ist die Einspruchsfrist abgelaufen, können Windpark-Verhinderer nicht mehr eingreifen

Wie haben Sie bisher auf dem deutschen und dem französischen Markt abgeschnitten?

Katja Stommel: In den ersten neun französischen Onshore-Windauktionen haben wir 452 MW oder 11 Prozent des Gesamtvolumens erreicht. Damit liegen wir klar vor unseren Wettbewerbern, was uns sehr freut und stolz macht.

Und in Deutschland?

Katja Stommel: In Deutschland konnten wir in den letzten Jahren leider aufgrund der Regulierungen nicht weiter ausbauen. Mit dem Regierungswechsel soll sich das aber ändern.  Wir haben dieses Jahr mehrere BImschG-Anträge eingereicht und erleben eher wohlwollende Prüfungen und die Rückmeldungen der Genehmigungsbehörden. Das freut uns sehr.

Der Schuh drückt aber nach wie vor: Beim Thema Artenschutz fehlt es an klaren Richtlinien. Die unterschiedlichen kritischen Spezies sind zum Beispiel nicht in jedem Bundesland identisch. Wünschenswert wäre ein Leitfaden Naturschutz der allgemeingültige nationale Kriterien definiert. Auch müssen wir auf eine erneute Artenschutzprüfung bei Repowering-Projekten verzichten. Es kann nicht sein, dass Repowering wegen Artenschutz am selben Standort verhindert wird. Das ist leider heute der Fall.

Wie lange dauert es, einen Windpark in Frankreich zu bauen?

Katja Stommel: Derzeit beträgt die durchschnittliche Entwicklungszeit für einen Windpark in Frankreich zwischen sechs und acht Jahren.

Was beeinflusst die Verfahrenslänge?

Katja Stommel: Für jeden neuen Windpark in Frankreich ist eine Umweltgenehmigung erforderlich. Um diese zu erhalten, müssen eingehende Studien durchgeführt werden, z. B. über Vögel, Fledermäuse, die Landschaft und die Akustik. Es folgt ein Verwaltungsverfahren mit einer öffentlichen Anhörung, bei der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zu dem Projekt äußern können. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte entscheidet der Präfekt schließlich, ob er das Projekt genehmigt oder nicht. Diese Entscheidung wird häufig von einigen wenigen lokalen Gegnern rechtlich angefochten, was die Fertigstellung des Projekts um mehrere Jahre verzögern kann. 
Es gibt seit 2019 ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren in Frankreich: Vor 2019 gab es für Projekte zwei Instanzen: das Verwaltungsgericht und das Verwaltungsgericht für Berufungen. Heute können Einsprüche gegen Umweltgenehmigungen für Onshore-Windprojekte nur noch vor den Verwaltungsgerichten in erster und letzter Instanz angefochten werden. Der einzige Rechtsbehelf, der nach der Entscheidung des Berufungsverwaltungsgerichts offenbleibt, ist die Kassationsbeschwerde vor dem Staatsrat. Die Abschaffung der ersten Instanz hat das Verfahren gestrafft und die Genehmigung von Windkraftprojekten um bis zu zwei Jahre beschleunigt.

Hier gibt es einen großen Unterschied zwischen den beiden Ländern: Ist die Genehmigung in Frankreich erteilt, gibt es eine Einspruchsfrist. Und wenn die abgelaufen ist, können Windpark-Verhinderer nicht mehr eingreifen. Das ist in Deutschland leider anders, Einsprüche können bis ein Jahr nach Errichtung erhoben werden. Diese Unsicherheit erschwert die Finanzierung und damit die Realisierbarkeit von Projekten Hier muss der Gesetzgeber zwingend den Rahmen anpassen.

Die Vorgängerregierung in Deutschland hat den Ausbau mit ihrer Gesetzgebung bewusst verhindert. Das französische Genehmigungsverfahren ist zwar ähnlich komplex wie das Deutsche, wenn aber eine Genehmigung durch ist, gibt es daran nichts mehr zu rütteln.  

In der Solarindustrie in Frankreich beteiligen sich auch Bürgerinnen und Bürger über Crowdfunding am Ausbau. Gibt es solche Modelle auch in der Windbranche?

Katja Stommel: Ja. Zwar weniger als bei der Solarenergie, aber auch die Windenergiebranche setzt zunehmend auf die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden beim Ausbau. Volkswind hat bereits fünf erfolgreiche Crowdfunding-Aktionen für die Entwicklung von Windenergieprojekten in Frankreich ins Leben gerufen. Es müssen jedoch noch neue Modelle entwickelt werden, z. B. durch die Erleichterung des Erwerbs von Anteilen an der Projektgesellschaft durch lokale Behörden oder Einwohner.

Ist Crowdfinanzierung auch in Deutschland attraktiv? Im Wind oder Solar?

Katja Stommel: In Deutschland haben wir zwei Projekte mit Crowdfinanzierung. Dabei wurde aber nicht die klassische Crowdfinanzierung angewandt, denn daran hängen hohe Hürden, wie beispielsweise der Verbraucherschutz. Bei den zwei Windparks verfolgen wir eine neue Idee, die sich an Anwohnerinnen und Anwohner in der Region richtet. Mehr können wir dazu noch nicht sagen.

Axpo will zusammen mit Volkswind bis 2030 3 GW Strom aus Onshore-Windkraftanlagen entwickeln. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Katja Stommel: Wir konnten in den letzten Jahren viel Expertise in den beiden Märkten Frankreich und Deutschland sammeln. Davon können wir künftig profitieren: in beiden Ländern wollen wir organisch und auch durch Akquisitionen wachsen. Zudem arbeiten wir sehr eng mit den lokalen Niederlassungen von Axpo zusammen und nutzen die Synergien und Marktkenntnisse der Axpo Gruppe für den Windzubau in weiteren Ländern.