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EEG-Reformstreit

"Die Politik suchte Schuldige"

Johannes Lackmann: Ich bin ja wirklich schwer gebeutelt worden in der letzten Zeit. Ich habe ein paar Mal überregionale Presse da gehabt. Und was dann daraus geworden ist! Als ob mein Berufsleben darin bestanden hätte aus dem BEE auszutreten! So ein Schwachsinn …

Andreas Eichler: Johannes, trotzdem muss ich darauf hinweisen ...

ERNEUERBARE ENERGIEN: Das Streitgespräch fängt schon an bevor wir überhaupt gestartet sind. …

AE: Ja, natürlich. Ich finde, damit sollten wir starten. Johannes Lackmann und ich kennen uns seit 20 Jahren. Wir haben zusammen Windenergiepolitik in Deutschland gemacht: Und ich habe Johannes Lackmann immer als sehr starken Verbündeten erlebt – als jemanden, der kritikfähig ist und zugleich klar sagt, wo es langgeht. Gerade in der gemeinsamen Vorstandstätigkeit im Bundesverband Windenergie, dem BWE. Wobei Johannes Lackmann als Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, des BEEs, eine branchenübergreifende und sehr gute Arbeit gemacht hat. Aber: Was in den letzten Monaten passiert ist in der Diskussion, ist wirklich wirtschaftsschädigend für die Branche …

EE: Sie meinen, was Herr Lackmann gesagt hat, wie jüngst auch in einer Anhörung des Bundesumweltministers, sei wirtschaftsschädigend?

AE: Schon letztes Jahr im Sommer – geschürt natürlich nach dem Rausschmiss des damaligen Umweltministers Norbert Röttgen und nach dem Wechsel zu Nachfolger Peter Altmaier – ist klar geworden: im Oktober beginnt die Diskussion um die steigenden Kosten der EEG-Umlage ...

EE: ... um den jährlich steigenden Aufschlag im Strompreis, mit der der Verbraucher Mehrkosten der Netzbetreiber und Stromversorger aus der Energiewende bezahlen muss.

AE: Und dann suchte die Politik erstmal Schuldige. Und einer der Schuldigen ist automatisch natürlich die Windenergie geworden. Das ist, was mich so ärgert: Wir reden hier über Einsparpotenziale im Wind-Onshore-Bereich von vielleicht 40 bis 70 Millionen Euro. Und das Thema wird hoch gekocht bis hin zur Anhörung im Bundesumweltministerium, am 12. Februar, glaube ich. Ich habe nicht verstanden, Johannes, dass Du dort ein Part dieser Anhörung warst – und teilweise Aussagen getroffen hast, die für uns als Industrie und Betreiberstruktur schädlich sind.

EE: Herr Lackmann, Sie haben dort zur Zielsetzung einer EEG-Reform gefordert, „Mitnahmeeffekte und übermäßige Renditen gilt es auszuschließen“. Dann überreichten Sie dem Bundesumweltminister symbolisch wohl ein Steuerrad und sagten: „Jetzt steuern Sie!“

JL: Denn er bedient die Bremse, und er soll steuern, das wollte ich damit aussagen ...

EE: Mussten Sie mit einer solchen Aktion nicht anecken?

JL: Es ist kein Problem anzuecken. Auf diesem Lenkrad war die Überschrift „Fuß von der Bremse, Hände ans Lenkrad, EEG kosteneffizient steuern!“ Und dazu stehe ich 100prozentig.

AE: Ich weiß wie jeder im Straßenverkehr, dass man mit einem Auto auch einen Unfall bauen oder gegen die Wand fahren kann, was Herr Altmaier hier aktuell betreibt auch in seinem Vier-Punkte-Papier. Und nur zwei Tage später ist das Altmaier-Rösler Papier in die  Öffentlichkeit getragen worden!

JL: Das hatte er ja schon fertig. Deshalb war der EEG-Dialog auch eine Farce. Das war gar kein Dialog.

AE: Unabhängig davon, kann man damit letztendlich gegen die Wand fahren und das ist das was aktuell hier passiert. Der Bundesumweltminister redet davon, dass er 1,8 Milliarden Euro einsparen will. Und er opfert hier die Windbranche, die vielleicht 70 Millionen Euro Einsparpotenzial hat. Und dabei ist die Windenergie Onshore die kostengünstigste Energieform unter den Erneuerbaren Energien.

JL: Erstmal will ich festhalten: Ich habe mich zur Anhörung des Bundesumweltministers ja nicht aufgedrängt, sondern die haben mich eingeladen und leider nicht den Bundesverband Windenergie. Da müsst Ihr Euch doch fragen, woher das kommt.

EE: Vielleicht weil Sie eine Position vertreten, die ein bisschen näher an dem dran ist, was das BMU will?

JL: Das war schon so bei der vorletzten Anhörung zur EEG-Novelle, da bin ich von der SPD noch mal in den Umweltausschuss geschickt worden. Weil auch damals schon die Verbände eigentlich nur noch als Besitzstandswahrer bekannt waren. Bis heute hatte der BWE nicht mal ein Positionspapier. Die Debatte ist aber mitten im vollen Gange …

AE: Was Herr Altmaier betrieben hat, ist ein reines Wahlkampfspektakel. Warum sollen wir da als Bundesverband Windenergie in so ein Wahlkampfspektakel sofort einsteigen, mit der Aussage, jetzt müssten wir alles neu machen. Johannes, wir haben ein erfolgreiches Erneuerbare-Energien-Gesetz, an dem Du genauso wie ich im Jahre 1999 / 2000 mitgewirkt hast. Dann muss ich einem Altmaier doch klar machen: Wenn Du eine Energiewende willst, dann musst Du auf die Energien setzen, die kostengünstig sind und die den größten Beitrag dazu leisten können.

JL: Ich stehe nach wie vor 100-prozentig zur Systematik des EEG. Wenn man es aber einfach ausufern lässt, und die Umlage weiter ansteigt – dann fährt man das EEG mitsamt Energiewende vor die Wand. Und ich habe meine Kritik immer damit begründet, dass ich gesagt habe, wir müssen glaubwürdig bleiben. Ich möchte das EEG kosteneffizient gesteuert wissen, nur dann halten wir das Energiewendetempo durch.

EE: Es bleibt also ein strategischer Grundkonflikt. Doch über welche Ziele der Energiewende sind Sie sich einig?

JL: Beim Einspeisevorrang der erneuerbaren Energien und ihrem Ausbau, der schneller als von der Bundesregierung geplant sein muss, bestimmt. Bei der Kostendeckelung offensichtlich nicht.

AE: 56 Prozent der EEG-Umlage, die für 2013 prognostiziert worden ist – maximal bis zu über zehn Milliarden Euro – sind gar nicht auf dem Erneuerbare-Energien-Bereich als Grundlage zu sehen. Wenn wir eine Energiewende haben wollen, müssen sich der Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister damit auseinandersetzen, wer die Energiewende letzten Endes bezahlen soll. Wir haben sie beschlossen. Es kann nicht sein, dass jetzt gesagt wird, dass das alles zu Lasten der Erzeuger der erneuerbaren Energien gehen müsse. Wir müssen uns ganz klar verständigen, dass es eine Stromsteuerbefreiung gibt für den Strom aus erneuerbaren Energien.

EE: Das Bundesumweltministerium arbeitet an einem EEG-Entwurf, der acht Cent als Höchstvergütung pro Kilowattstunde Windstrom egal an welchem Standort vorsieht. Müssen diese vom Tisch?

AE: Die acht Cent sind der reinste Wahnsinn. Bloß: Die sind nicht vom Tisch. Denn in der Anhörung wurde über hohe übertriebene Kosten gesprochen. Es ist richtig, wenn Johannes Lackmann fragt, wie können wir die Vergütungen transparenter gestalten. Stattdessen wird von einer Überförderung an der Küste gesprochen, in Diskussionen, die Johannes Lackmann auch gegenüber der Presse geführt hat. Da ist nicht darüber geredet worden, dass wir ein Zweistufenmodell haben. Und dass nach der hohen Vergütung eine geringe gezahlt wird. Der BWE ist der Branchenverband. Was man hier nicht nachvollziehen kann ist, dass aus bestimmten Regionen Diskussionsvorschläge verbreitet werden, so dass der Bundesumweltminister sich die Hände reibt und sagt: Toll, jetzt zerschlägt es die Branche.

Lesen Sie das vollständige Interview in ERNEUERBARE ENERGIEN ab 02. April