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Kommentar zu Industrieausnahmen

Verbraucher zahlten 2016 elf Milliarden Euro für subventionierte Gruppen

2016 hat die deutsche Industrie bei Steuern und Abgaben auf Energie von Subventionen in Höhe von rund 17 Milliarden Euro profitiert. Rund 11,5 Milliarden Euro davon mussten die übrigen Verbraucher wie Privathaushalten, öffentlicher Hand, Gewerbe sowie kleineren Unternehmen zahlen. Haushaltkunden zahlen im Durchschnitt pro Kilowattstunde dreimal so viel wie bevorzugte Industriekunden. Die Grünen fordern, diese Subventionen für Großverbraucher abzuschaffen und die Energieabgaben gerechter zu verteilen. Die Forderung ist nicht neu, dennoch hat die Bundesregierung die Ausnahmeregelungen seit 2005 sogar weiter ausgedehnt, wie man an der Grafik sieht. Mit 6,5 Milliarden Euro entfällt mehr als ein Drittel der Subventionen im Energiebereich auf die Industrieprivilegien bei der EEG-Umlage. Die Anzahl der Unternehmen, die bei der EEG-Umlage begünstigt werden, hat sich seit 2012 auf über 2000 verdreifacht. Es kommt noch schlimmer: Änderungen durch das am 1. Januar 2017 in Kraft getretene EEG 2017 sorgen dafür, dass die Gruppe der Subventionierten sich weiter vergrößert. Der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen erstreckt sich nunmehr auch auf Einzelkaufleute.

Zur Erinnerung: Nach einer juristischen Niederlage und Druck seitens der EU-Kommission hatte die Bundesregierung 2013 eigentlich beschlossen, die Netzentgeltbefreiungen für die Industrie abzuschaffen. Stromintensive Unternehmen sollten sich nun anteilig an den Netzentgelten beteiligen. Doch die Zahl der Unternehmen, die von Strom-Netzentgelten befreit sind, ist seit 2011 auf mehr als 4.000 gestiegen. Entlastet werden unter anderem stromintensive Industrie, Konsumgüterindustrie und Massentierhaltung. Die Entlastungen durch die individuellen Netzentgelte werden im Jahr 2016 voraussichtlich ein Gesamtvolumen von 711 Mio. Euro umfassen. Es kann nicht angehen, dass private Haushalte die Stromrechnung von Siemens, Schlachthöfen oder Aldi mitbezahlen.

Grundidee war laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle "eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit" durch hohe Stromkosten zu verhindern, die "das Unternehmen zur Abwanderung ins Ausland veranlassen" könnten. Bei regionalen Märkten wie Aldi und Co., bei Golfplätzen gar, sehe ich das nicht. Wenn es um eine Aluhütte geht, hilft die Verlagerung in ein Billigstromland wie Norwegen. Der Hamburger Kupferhersteller Aurubis profitiert von den Subventionen wie kaum ein anderes Unternehmen, entwickelt aber auch eigene Ideen: In Rothenburgsort ist es möglich, die industrielle Abwärme der Kupferhütte über Fernleitungen zu nutzen.

Unterm Strich wird deutlich: Die Bundesregierung entlastet große Unternehmen und belastet kleine Steuerzahler. Es ist einmal mehr die Industrielobby, die Politiker ohne viel Aufhebens von ihren vermeintlichen Bedürfnisse überzeugt. Die andere Seite hat keine starke Lobby: Alleinerziehende Mütter, Arbeiter, Arbeitslose, Mittelstand klopfen nicht beim Bundeswirtschaftsministerium an und klären über ihre Bedürfnisse auf.

Die Industrielobby sollte in ihre Schranken gewiesen werden, auch weil schon jetzt offensichtlich ist, dass mit der Entlastung der Industrie die gleichen Fehler gemacht werden wie mit der Automobilindustrie. Der politische Protektionismus verhindert, dass dingend erforderliche Neuerungen stattfinden. Während die Autoindustrie die E-Mobilität verschlafen hat, verpassen die energieintensiven Unternehmen nun die Umgestaltung ihrer Betriebe in Richtung Energieeffizienz. Warum auch? Energie kostet ja nichts. Hinzu kommt, dass kaum ein Unternehmen tatsächlich aufgrund der Energiepreise das Land verlassen würde. Tatsächlich hatte die Hamburger Kupferhütte vor zehn Jahren schon daran gedacht, sie eine eigene Stromversorgung über eine große Windenergieanlage zu sichern...

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
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