Nur zwei Bieter hatte überhaupt noch Interesse an der Ende Januar ausgeschriebenen Fläche N-9.2 für Offshore-Windparks. Dabei ging es um ein Gigawatt, also ein großes Stück vom Offshore-Kuchen, das sich über 146 Quadratkilometer erstreckt. Der Offshore-Verband BWO erläutert das Ergebnis im Rahmen einer Pressekonferenz.
Nicht ganz so nah an der Küste wie voran gegangene Projekte liegt N-9.2, aber dafür auch weniger von Ertragsreduzierungen durch Abschattungen betroffen. Diese hatten in jüngerer Vergangenheit dafür gesorgt, dass Betreiber sich mit relativ geringen Vollbetriebsstundenzahlen von 2.300 bis 2.400 konfrontiert sahen. Auf der Fläche N-9.2 werden derweil Vollbenutzungsstunden von 3.400 erwartet.
Nun hat Total Energies unter dem Namen North Sea OFW One GmbH nach der zwölften Gebotsrunde den Zuschlag für den Anschluss von einem Gigawatt für 180.000 Euro pro Megawatt, also 180 Millionen Euro, erhalten. Wer der andere Bieter war, ist übrigens nicht bekannt. Die Lage des Standortes wird von Offshore-Verbandschef Stefan Thimm als „gut“ eingeschätzt. Ein Jahresertrag von 3.150 Gigawattstunden könnte hier ab dem Jahr 2032 erzielt werden. Genug Strom für 1,1 Millionen Haushalte. Gleichwohl liegt der erzielte Preis pro Megawatt einen Preis, der elfmal niedriger ausfiel, als der, der noch 2023 bei einer Ausschreibung erzielt wurde. Damals waren es fast 2,1 Millionen Euro pro Megawatt.
Warum haben sich nun also nur zwei Bieter an der Auktion beteiligt? Ein Pferdefuß ist laut BWO-Mann Thimm die Vorgabe der Bundesnetzagentur einer Überbauung in einer Größenordnung von 20 Prozent. Das heißt, ein Gigawatt Netzanschlusskapazität werden dem Planer zur Verfügung gestellt, während dieser 1,2 Gigawatt an Windkraftleistung aufbauen muss. Die vom Bundesverband Erneuerbare Energie thematisierte und eingeforderte Überbauung in einer Größenordnung von weit mehr als 20 Prozent wirkt sich in diesem Fall für den Investor negativ aus.
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Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen muss der Investor Lieferkettenengpässe und hohe Kosten für Kauf und Logistik von 200 Megawatt an zusätzlichen Windturbinen in Kauf nehmen. Zum anderen werden Offshore die höchsten Volllaststunden erzielt, das heißt, es kommt seltener als an Land vor, dass nur ein Teil der Anlagen ins Netz einspeist. Ein freiwillig vom Planer festgelegter Wert wäre noch ein akzeptable Option, die langfristige Erlösrisiken reduziert. Weniger als zehn Prozent Überbauung wären gleichwohl für den Netzbetreiber nicht wirtschaftlich darstellbar.
Ein weiteres Problem bei der Ausschreibung betrifft die Vorgaben für den Errichtungszeitraum. Sechs Monate nach der Errichtung müssen 95 Prozent der Anlagen am Netz sein, sonst droht ein Entzug des Zuschlags. Vor 2021 seien es noch 18 Monate, so Thimm, dann habe man die Zeit verkürzt aus Angst, die Ausbauziele zu verpassen. Das Ergebnis ist nun eine verfünffachte Leistung, was das Ausschreibungsvolumen anbelangt, bei einer Verkürzung der Anschlusszeit auf ein Drittel. Zudem falle die Anschlusszeit in die logistisch ohnehin schwierigen Wintermonate.
Ebenfalls problematisch: Der Umgang mit Netzengpässen ist nicht geklärt. Der sogenannte Redispatch wird zunehmend zum Thema, dennoch wird der Betreiber nicht in voller höhe Entschädigt, wenn er seinen Strom nicht einspeisen kann. Auch das ist eine Last für Investoren.
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Was ist also an regulatorischen Anpassungen vorzunehmen, bevor im August die beiden Flächen N10.1 mit zwei Gigawatt und N10.2 mit 500 Megawatt ausgeschrieben werden? Vor allem müsse der Contract for Difference (CfD) wieder eingeführt werden, erklärt Stefan Thimm. Dieses Förderinstrument schafft finanzielle Stabilität für Investoren und unterstützt daher auch das Erreichen der Ausbauziele für erneuerbare Energien. CfDs garantieren einen bestimmten Strompreis für eine bestimmte Zeit, unabhängig von den tatsächlichen Marktpreisen. Ist der Marktpreis zu niedrig, wird vom Staat aufgestockt, ist er deutlich höher, gibt der Betreiber den Überschussgewinn ab. Die dadurch erzielte Risikoreduzierung trägt dazu bei die Strompreiskosten zu senken. 30 Prozent niedriger Stromkosten seinen so laut Thimm möglich.
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Ohne den CfD steigen die Risiken für Investoren so deutlich, dass dieser lieber gar nicht erst an Ausschreibungen teilnimmt. Im schlimmsten Fall werden Flächen bei Auktionen nicht mehr vergeben und die Regierungsziele für den Offshore-Ausbau geraten ins Wanken.
Die anderen bereits angesprochenen Punkte: Entschädigungszahlungen für die Abregelung bei Netzüberlastung müssen ebenso geklärt sein wie der Umgang mit den Realisierungsfristen. So müsse geprüft werden, ob überhaupt beim Betreiber eine Schuld liegt, oder ob der Netzanschluss noch nicht verfügbar war. Wer tatsächlich vor hat, sein Projekt zu realisieren, brauche wohl bei Verzögerungen am wenigsten auch noch Strafzahlungen oder Ähnliches, so Thimm.
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