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Dämpfer für Bayerns 288-MW-Prestigewindpark

In einem Waldareal von gut 100 Quadratkilometer Ausdehnung sehen die vom französischen Windenergieunternehmens Qair vorgestellten Pläne bis 2027 die Errichtung von 40 Windturbinen mit jeweils 7,2 Megawatt (MW) Nennleistung vor. Zusammen würden die bereits für den Betrieb einkalkulierten Vestas-Windturbinen mit 172 Meter Rotordurchmesser und bei bisher noch unerreichten 199 Meter Nabenhöhe jährlich rund 500 Gigawattstunden (GWh) ins Netz einspeisen. Der Projektierer rechnet hier mit einer sehr geringen Auslastung des 288-MW-Windparks von rechnerisch 2.000 oder gar klar unter 2.000 Volllaststunden im Jahr. Die Durchschnitts-Windgeschwindigkeiten erreichen teilweise rund 5,5 Meter bis knapp 6 Meter pro Sekunde – ein im Vergleich auch mit anderen windschwachen süddeutschen Standorten eher geringer Wert. Spannend macht das Projekt offenbar, dass ihn ein Bündnis der wichtigsten Chemieunternehmen wünscht, die hier im Umkreis ansässig sind. Die Initiative für den Windpark im sogenannten Chemie-Dreieck Bayerns stammt von der Unternehmerorganisation, deren Mitglieder die Abnahme des Stroms wohl in langfristigen Abnahmeverträgen ankündigen. Doch nach einem negativen Bürgervotum in einer der neun betroffenen Ortschaften könnte das Projekt nun bedroht sein.

Im Juni vor einem Jahr hatte die bayerische Staatsführung in Person von Ministerpräsident Markus Söder selbst sowie der Landesforstministerin Michael Kaniber, die beide der in Bayern ununterbrochen seit Jahrzehnten regierenden konservativen christdemokratischen CSU angehören, das Ergebnis der Ausschreibung der bayerischen Staatsforsten bekannt gegeben. Beide sprachen von einem „Meilenstein“. Die Landesregierung hatte das Unternehmen der landeseigenen Waldflächen dazu gebracht, mögliche Windturbinen-Standorte auszuweisen und zur Nutzung auszuschreiben. Insgesamt Standorte für 100 Anlagen waren hatten die Staatsforsten bestimmt. Weil das südöstliche Bundesland bislang durch eine sehr weitreichende Verbannung von Windkraftnutzung im Umfeld von Siedlungen – effektiv eineinhalb bis mehr als zwei Kilometer – hatte es in den vergangenen Jahren fast keine Neuerrichtungen mehr gegeben. Im ganzen vergangenen Jahr genehmigten die Behörden zudem nur 14 neue Windenergieanlagen. Die Staatsforsten sollten nach dem Willen der Landesregierung einen Ausgleich ermöglichen.

Dieses Konzept scheint an dem Waldstandort östlich von Altötting nun in sich zusammenzufallen. Denn eigentlich sollten Waldstandorte einen Kompromiss für die umgebenden Kommunen ermöglichen. Diese konnten gemäß der inzwischen teilweise aufgehobenen sogenannten 10-H-Regel – 10 H steht für die zehnfache Höhe einer Windenergieanlage als Mindestabstand zur nächsten Siedlung – den weitreichenden Abstand durch gemeinsame Zustimmung zu einem Windpark aufheben. Nun hat die Gemeinde Mehring als eine der anliegenden Gemeinden in einer Volksabstimmung gegen den Windpark votiert.

Die meisten Bürgermeister und sogar der vor kurzem noch gegen Windkraft auftretende Landrat von der CSU, Erwin Schneider, sind für das Projekt. Landeswirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern traf sich am 6. Februar bereits mit den Bürgermeistern, um einen Ausweg auszuloten. Er will den Einwohnern entgegenkommen und womöglich nur einen Teil der Windräder bauen zu lassen und vergünstigten Windstrom für die Anwohnenden versprechen lassen. Bayerns Ministerpräsident Söder will dagegen an den kompletten 40 Turbinen festhalten. Beide Kabinettsmitglieder werfen sich nun gegenseitig vor, für die ablehnende Haltung der Anwohner in Mehring mitverantwortlich zu sein – und das Projekt ungenügend beworben zu haben. Der Zeitplan von Qair sieht vor, 2024 noch den Genehmigungsantrag einzureichen und 2025 die Genehmigung zu erhalten, um 2026 an der Ausschreibung für eine Mindesteinspeisevergütung teilzunehmen.