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Sigmar Gabriel auf der Intersolar – ein Kommentar

Photovoltaik braucht keine Subventionen mehr

Strategisch günstig hatte sowohl die Intersolar als auch das Bundeswirtschaftsministerium den Auftritt von Sigmar Gabriel gelegt. Der Wirtschaftsminister trat am Freitag Vormittag in München vor das Publikum. Da der Freitag ohnehin nicht mehr so gut besucht ist und die Unternehmen schon einmal ihren Messeauftritt bewerten, brauchte er keine Angst zu haben, dass er vor Solarteuren und Unternehmensvertretern steht und sich mit verklausulierten Äußerungen über einen Strommarkt 2.0 und Knappheitssignale am Markt lächerlich macht. Er verlangt Innovationen und Investitionssicherheit, macht beides aber mit seiner eigenen Politik unmöglich. Immerhin will er noch in dieser Legislaturperiode ein neues Strommarktdesign auf den Weg bringen und den europäischen Emissionshandel stärken. Man darf gespannt sein. Denn wenn es nach Gabriel geht, werde die Energiewende nur gelingen, wenn sie eng mit den konventionellen Energieträgern verzahnt ist. Man darf zurecht fragen, wo dabei die Wende ist, wenn das bisherige System einfach beibehalten wird.

Ein klares Statement

Für die Photovoltaikbranche selbst hatte er ohnehin nichts in petto. Er werde an den bisherigen Regelungen im EEG festhalten. Gemeint ist vor allem die Ausbaubremse, die die deutsche Photovoltaikbranche in arge Probleme stürzt. Diese tut sich schwer, mit der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch die Kunden zu überzeugen, dass sich die Photovoltaik trotzdem noch lohnt.

Immerhin hat der Bundeswirtschaftsminister damit einmal ein klares Statement abgegeben und die Branche nicht im Unklaren gelassen. Sie braucht sich keine falschen Hoffnungen zu machen, dass sie von der derzeitigen Regierungsbank in Berlin Unterstützung erfährt. Ob die letztliche Entscheidung beim Bundeswirtschaftsminister liegt, oder nicht doch an anderer Stelle, bleibt noch abzuwarten. Denn bisher ist es bei der Ankündigung einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geblieben.

Die Hausaufgaben gemacht

Auf der anderen Seite braucht die Photovoltaik in Deutschland längst keine Unterstützung mehr aus Berlin. „Die Solarbranche braucht keine zusätzlichen Subventionen. Es reicht, wenn die Ausbaubremsen gelöst und keine neuen Barrieren aufgebaut werden“, stellt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) klar. „Die Solarunternehmen haben in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und die Kosten in nur zehn Jahren um 80 Prozent gesenkt.“ Die Photovoltaik in Deutschland, in Europa in der ganzen Welt ist auch von einem Bundeswirtschaftsminister nicht mehr aufzuhalten.

Dies zeigt auch eine aktuelle Studie des Münchner Beratungsinstituts Roland Berger. Die Experten haben die verschiedenen Kosten und Kostenstrukturen und deren Entwicklung unter die Lupe genommen und sind davon überzeugt, dass aufgrund der Kostensenkungen der Solarstrom im europäischen Strommix bis 2030 auch ohne politische Unterstützung zwölf Prozent erreichen wird. Denn immer noch entwickeln sich die Preise für Photovoltaiksysteme konträr zu den Strompreisen für Gewerbetreibende und Privathaushalte. Bis zu 17 Cent pro Kilowattstunde ist der Solarstrom preiswerter als der Strom, den ein Haushalt in Deutschland bezahlt – Tendenz steigend. Diese Entwicklung ist in anderen Ländern nicht anders.

Die Banken spielen mit

Dazu kommt noch der derzeit günstige Zugang zu Finanzierungen. Die Banken haben längst erkannt, dass der Photovoltaikmarkt inzwischen anders tickt als noch vor ein paar Jahren. Sie haben sich darauf eingestellt, dass nicht mehr Einspeisevergütungen die Wirtschaftlichkeit bestimmen, sondern der Eigenverbrauch. So hat die Umweltbank festgestellt, dass das Kreditvolumen zum Bau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen über den Erwartungen und vor allem über der Nachfrage im vergangenen Jahr liegt.

Stromkunde zahlt für Gabriels verfehlte Politik

Für die traditionellen Energieversorger wird es eng mit dem Stromgeschäft. Projektentwickler, Investoren, Haushalte und Gewerbetreibende werden zu einer ernsthaften Konkurrenz. Dass eine solch unkontrollierbare Entwicklung nicht im Sinne einer Regierung ist, ist zwar durchaus verständlich. Eine komplett dezentrale Energiewende ist selbst einem föderal verfassten Staat zuwider. Doch mit Belastungen die Energiewende aufhalten zu wollen, ist alles andere als clever. Am Ende wird die Rechnung der deutsche Stromkunde zahlen. In Ländern wie den USA, China oder Japan wird man sich ins Fäustchen lachen, dass die Deutschen auf der Anschubfinanzierung für die Photovoltaik sitzen bleiben, während man selbst die dadurch preiswerteren Anlagen massenhaft installieren kann.

Zubau wird wieder in Fahrt kommen

Die Branche winkt ohnehin ab, wenn Gabriel auftritt und sich als Bremser präsentiert. Inzwischen erwartet niemand etwas anderes von ihm. Wir machen dann unsere Energiewende eben selbst, auch wenn die Bundesregierung da nicht mitmacht, lautet die Devise in der Branche. Dies war beim Gang über die Intersolar klar zu spüren. Anders als noch vor einigen Jahren, als die ständige Kürzung der Einspeisevergütungen der Branche zu schaffen machte, ist sie jetzt optimistischer. Denn sie kann auf eigenen Beinen stehen und ist von der Politik nicht mehr abhängig. Wenn sie es schafft, den Kunden zu überzeugen, dass sich Solarstrom schon längst auch ohne Förderung und selbst mit den Abgaben lohnt, wird auch der Zubau wieder in Fahrt kommen. Viele Beispiele haben gezeigt, dass es funktioniert. Dann ist auch ein gesundes Wachstum der Branche wieder drin. Der Bundeswirtschaftsminister kommt in dieser Rechnung ohnehin nicht mehr vor. Es sei denn, er kann mit seinem Strommarkt 2.0 tatsächlich für höhere Ausbauzahlen sorgen. (Sven Ullrich)