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Energiewende

Wird der Beitrag der Windenergie überschätzt?

Katharina Wolf

Gerade noch gut - das würde wohl ein Lehrer unter die Performance der Windparks in Deutschland schreiben. Denn sie erzeugen laut Ergebnissen des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie gut 73 Prozent der theoretisch möglichen Strommenge. „Unserer Untersuchung zufolge nutzen die Turbinen den Wind bislang größtenteils effektiv und tragen so zum Erfolg der Energiewende bei“, sagt Axel Kleidon, Arbeitsgruppenleiter am Jenaer Institut.

Der Untersuchung von Axel Kleidon und Mitarbeiterin Sonja Germer war die Frage vorausgegangen, ob Windparks wohl den ihnen theoretisch zugedachten Anteil an der Energiewende auch tatsächlich liefern können. Deshalb kombinierten sie in einer Studie, die den Zeitraum von 2000 bis 2014 erfasst, Daten des Deutschen Wetterdienstes zu Windfeldern mit Angaben zu den Standorten und den technischen Eigenschaften der Windenergieanlagen. So bestimmten sie, wie viel Strom die Turbinen bei den gegebenen Windverhältnissen idealerweise erzeugen sollten.

Effizienz beträgt maximal 25 Prozent

Demnach beträgt die im besten Fall zu erwartende Effizienz der Windturbinen, also das Verhältnis von tatsächlicher Strommenge zur Fähigkeit der Generatoren, Strom zu erzeugen, etwa 25 Prozent oder rund 2.300 Vollaststunden pro Jahr. „Diese erwartete Effizienz scheint vergleichsweise niedrig“, sagt Axel Kleidon. „Sie ergibt sich aber aus der ungleichen Verteilung von Windgeschwindigkeiten.“ Während der Hälfte der Zeit wehen Winde in Deutschland mit weniger als 20 Kilometern pro Stunde, sodass Turbinen während dieser Zeit höchstens 10 Prozent ihrer Kapazität nutzen können.

Den unter diesen Bedingungen zu erwartenden Stromertrag verglichen die Forscher für etwa ein Viertel der Anlagen, für die Daten zur erzeugten Leistung zugänglich waren, mit der tatsächlichen Strommenge. Dabei stellte sich eine Differenz von rund 27 Prozent heraus. Erstaunlich: Kleidon und Germer konnten nur für knapp 7 Prozent (Alterung der Maschinen) und 2 Prozent (Windschatten anderer Turbinen) Erklärungen finden - die übrige Differenz von fast 20 Prozent blieb ungeklärt, heißt es in einer Presseinformarion des Max-Planck-Instituts. Die einzelnen Beiträge, mit denen die Forscher die Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Stromertrag begründen, ließen sich zudem nicht einfach summieren, da der Zusammenhang zwischen den Faktoren nicht linear sei.

Zahlen decken sich mit Erwartungen

Die ermittelte Differenz berücksichtigten die Forscher, um auf der Basis der erzeugten Strommenge den tatsächlichen Ertrag aller Windkraftanlagen in Deutschland zu berechhnen. Die erzeugte Strommenge ist demnach zwischen 2000 und 2014 von 9,1 auf 58,9 TWh pro Jahr gestiegen. Das entspricht einem Anteil von 1,6 Prozent der bundesdeutschen Stromerzeugung im Jahr 2000 und 9,1 Prozent in 2014. „Diese Zahlen decken sich sehr gut mit den Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Leistung der Windkraftanlagen in Deutschland“, so Axel Kleidon und Sonja Germer.

Den Zeitraum für die Studie wählten die Wissenschaftler übrigens, weil in dieser Zeit die Zahl der Windräder in Deutschland von knapp 9.000 auf mehr als 25.000 zunahm. Da die Turbinen im selben Zeitraum deutlich leistungsfähiger wurden – so vergrößerte sich der Rotordurchmesser im Schnitt von 42 auf 66 Meter –, wuchs die durchschnittliche Kapazität von 611 auf 1.453 Kilowatt. Die installierte Leistung nahm damit von 5,7 Gigawatt auf 37,6 Gigawatt zu. Dieses Wachstum hatte aber keine Auswirkungen auf die Differenz zwischen möglichem und realem Stromertrag.

Reduzierte Windgeschwindigkleiten machen sich nicht bemerkbar

In früheren Studien hatten die Wissenschaftler berechnet, dass die Effizienz von Windrädern sinken sollte, je mehr Turbinen in einem Gebiet errichtet werden. Denn bei einer so intensiven Nutzung sollten die Windgeschwindigkeiten abnehmen, weil jede Turbine dem Wind einen Teil seiner Energie entzieht. „Wir haben erwartet, dass wir einen solchen Trend in einigen Regionen Deutschlands finden würden“, meint Axel Kleidon. Doch dies war nicht der Fall. „Wahrscheinlich nutzen wir einfach noch nicht genug Windenergie, um den Einfluss reduzierter Windgeschwindigkeiten deutlich genug sehen zu können“, so Sonja Germer.