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Mediation

Bei Anlagentausch allen Recht getan

Die Akzeptanz von Windparkprojekten an Land spielt noch immer eine zentrale Rolle. Schlechte Erfahrungen mit bestehenden Windparks und wenig Transparenz bei Planung und Realisierung lassen die Zweifel wachsen: bei Anwohnern, Tourismusbetrieben oder unkontrollierte Grundstückspreisentwicklungen fürchtenden Eigentümern. Dies erschwert sowohl neue Windparks als auch Repowering-Projekte.

An Repowering-Projekten sind schon mit den vielen Profiteuren aus dem Altwindpark mehr Interessengruppen beteiligt als bei anderen Windparkprojekten. Verschiedene Studien weisen allerdings darauf hin, dass die Akzeptanz unter allen Betroffenen eines Projektes steigt, wenn sie frühzeitig in die Entscheidungen eingebunden und in finanziellen Beteiligungsmodellen berücksichtigt werden. Zu diesen Studien zählen die „Akzeptanz und Umweltverträglichkeit der Hinderniskennzeichnung von Windenergieanlagen“ von der Universität Halle-Wittenberg, die Ergebnisse einer Studie der Forschungsgruppe Umweltpsychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und das Dialogverfahren „Repowering von Windenergieanlagen in der Metropolregion Bremen-Oldenburg“ 2009.

Umweltmediation ist hier ein wichtiges Mittel – insbesondere aus der Sicht der Städte und Gemeinden, für die eine Akzeptanz in der Bevölkerung wesentlich zum Gelingen eines Repowering-Vorhabens beiträgt. „Eine Mediation fördert meist die Akzeptanz, weil sie sämtliche Bedenken aufgreift und bei der Entwicklung verträglicher Lösungsansätze hilft“, sagt Marlies Bahrenberg von der Repowering-Infobörse, die als bundesweit offizielle Anlaufstelle für Kommunen in Sachen Windparkerneuerung beraten soll.

Schutz vor schlechter Akzeptanz

Viele Projektierer versuchen die Planungssicherheit bisher vor allem zu erreichen, indem sie ihre Projekte technisch und rechtlich einwandfrei planen und umsetzen. Sind die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, ein Investor gefunden und befürwortet der Gemeinderat das Vorhaben, ist das Projekt auf einem guten Weg. Doch allein können diese Faktoren den Erfolg des Projektes nicht sicherstellen. Eine Mediation mindert die Gefahr, dass die Projekte wegen schlechter Akzeptanz unter den Betroffenen und konträren Interessen alter Profiteure dann doch noch scheitern.

Sie setzt da an, wo Probleme durch emotional vorbelastete Menschen zu eskalieren drohen. Sie versucht, die Rückkehr zu einem sachlichen und konsensorientierten Austausch zu finden. Damit das gelingt, müssen die Planer von Repowering-Projekten ihre Vorhaben transparent machen und offen mit den Projektinformationen umgehen. Dabei können erste Konflikte auftreten. Die große Herausforderung der Mediation besteht darin, dass der Mediator Lösungen von Konflikten unterstützt, die zwischen mehreren Parteien bestehen.

Dabei können auch innerhalb einer Partei Gruppen entstehen, die unterschiedliche Interessen verfolgen, was die Mediation erschwert. Alteigentümer von Windenergieanlagen, Investoren und Projektentwickler müssen nicht dieselben Ansichten teilen. Ebenso wenig Gemeinden, Naturschutzverbände und Bürger, die unterschiedlich stark für oder gegen Windenergie sind.

Doch die Lösungen kommen nie von den Mediatoren selbst. Sie sind weder Richter, noch Schlichter. Ihre Aufgabe besteht darin, die beteiligten Parteien dabei zu begleiten, eigene, verbindliche Lösungen zu erarbeiten. Die Entscheidungsbefugnis wird so nicht auf Dritte übertragen, mit deren vorgeschlagenen Lösungen am Ende keine Partei wirklich zufrieden wäre.

Gleiches Rede- und Stimmrecht für alle

Damit sich jede Partei gleichberechtigt behandelt fühlt, nimmt der Mediator eine neutrale Stellung ein. Er achtet darauf, dass alle Teilnehmer unabhängig von ihrer hierarchischen Stellung das gleiche Rede- und Stimmrecht haben. Darauf muss insbesondere dann geachtet werden, wenn das Mediationsverfahren von einer Partei mit speziellen Interessen, wie dem Projektentwickler oder der Gemeinde, initiiert wurde. Anfangs können Einzelgespräche zwischen Mediator und den Interessengruppen sinnvoll sein, um auch zu den emotionsgeleiteten Akteuren Zugang zu finden.

Um das Vertrauen in die Mediation zu stärken, dürfen den Teilnehmern keine entscheidungsrelevanten Tatsachen vorenthalten werden. Das kann zwar neue Streitpunkte und lange Diskussionen nach sich zeihen, unterstützt jedoch die Seriosität. Grundlage für detaillierte Informationen zum Projekt ist eine hohe Vertraulichkeit, die die Mediatoren in einem Mediationsvertrag festlegen. Alle Beteiligten verpflichten sich in diesem Vertrag dazu, sämtliche Informationen, die sie während des Verfahrens erhielten, vertraulich zu behandeln. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn die Gefahr besteht, dass das Mediationsverfahren als parteipolitische Plattform missbraucht wird. So muss von Beginn an klar vereinbart werden, welche Inhalte an andere Interessenten oder die Öffentlichkeit weitergegeben werden können oder sogar müssen. Dies schafft für alle Beteiligten die größtmögliche Sicherheit.

Bevor eine Mediation beginnt, sollte auch klar sein, was zur Entscheidung ansteht. Oft wird nicht klar genug kommuniziert, welche Themen lösungsoffen sind und welche Details etwa durch rechtliche Vorgaben gar nicht zur Diskussion stehen. Informationsveranstaltungen für Bürger über ein Repowering-Projekt können erste wertvolle Impulse liefern, welche Projektinhalte Konflikte auslösen können. Daher eignen sie sich gut als Ergänzung zur Mediation.

Unmittelbar zu Beginn des eigentlichen Verfahrens wird geklärt, in welcher Form die Entscheidungen niedergelegt werden und wie sie die notwendige Verbindlichkeit bekommen. Das kann in Form einer Repowering-Rahmenvereinbahrung oder einer Richtlinie realisiert werden. Oftmals macht es Sinn, dass sich vor Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung alle Beteiligten anwaltlich beraten lassen. Nachdem klar ist, wie die Ergebnisse festgehalten werden, müssen sich die Beteiligten über die Form des Konsenses einigen: Sie legen fest, welche Mehrheit unter den Teilnehmern herrschen muss, um sich in einem Punkt auf eine verbindliche Entscheidung zu einigen. Dabei sollte auch abgemacht werden, wie der Konsens aussieht, sollten Beteiligte aus dem Verfahren aussteigen.

Im eigentlichen Mediationsprozess haben die Mediatoren mehrere Möglichkeiten um entstehende Konflikte zu lösen. Bewährte Elemente sind beispielsweise die Ausarbeitung und Unterscheidung von Interessen und Bedürfnissen der verschiedenen Akteure, „aktives Zuhören“, „Perspektivenwechsel“, das klassische „Brainstorming“ und die gemeinsame Erarbeitung und Bewertung von Optionen. Dabei ist es hilfreich, wenn die Mediatoren eigenes Fachwissen aus dem Bereich Repowering mitbringen. Das erlaubt ihnen, an den wichtigen Stellen nachzuhaken und die Diskussion so voranzubringen.

Mediationserfolge in Österreich

Zahlreiche Beispiele aus dem europäischen Ausland, bislang allerdings nur aus nicht zur Windenergie gehörenden Feldern zeugen davon, dass Umweltmediation Erfolg versprechend ist. So minderten Mediationen Konflikte bei der Errichtung eines Heizkraftwerkes in der österreichischen Gemeinde Gars am Kamp und vor der energiewirtschaftlichen Nutzung des Natursees Achensee, ebenfalls in Österreich. Auch bei einem zwölf Jahre währenden Konflikt konnte Mediation zur Einigung führen: Bei der Eisenbahnhochleistungsstrecke „Gasteinertal“ waren schließlich zwei Jahre intensiver Diskussion nötig, um den zweigleisigen Neubau der Tauernbahn als Hochleistungsstrecke zu beginnen.

Viele Entwickler bemühen sich schon von sich aus, Repowering-Projekte transparent zu planen und Konflikte durch die Einbindung der Betroffenen zu vermeiden. Doch finden Mediationsverfahren schon Einzug in die Empfehlungen etablierter Branchenexperten, wenn auch noch unzureichend.

Die Windenergie-Agentur Bremerhaven/Bremen etwa testete mediative Ansätze im Dialogverfahren „Repowering von Windenergieanlagen in der Metropolregion Bremen- Oldenburg“, dessen Projektbericht von 2010 hierüber Auskunft gibt (http://www.windenergie-agentur.de/deutsch/projekte/Repowering_Dialog/WAB_Repowering-Dialog_final.pdf). Die WAB konnte damit gute Ergebnisse erzielen und hat die Mediationsverfahren in ihren Leitfaden für Repowering aufgenommen. Der wesentliche Unterschied zur Mediation bei konkreten Projekten war in den Tests der WAB jedoch die Einstellung der Betroffenen. Im WAB-Dialogverfahren musste niemand um einen Windpark in seiner Nähe fürchten, was den Weg für sachlich orientierte Diskussionen ebnete. Auch konnte die Agentur nur wenige Windkraftgegner für ihr Verfahren gewinnen.

Klärungsbedarf en masse

Klar ist, dass es genug Klärungsbedarf gibt: In vielen Fällen stehen dem Repoweringprojekt verschiedene Landschafts- und Naturschutzkonflikte gegenüber. Aber auch Geräuschentwicklung und Schattenwurf, mögliche Sperrriegelwirkungen eines Windparks, die Vogelzüge stören, und möglicherweise nistende Populationen geschützter Vögel am geplanten Repowering-Standort bringen ein großes Konfliktpotenzial mit sich. Neben den notwendigen Gutachten können Mediationsverfahren etwa zwischen Projektentwicklern, zuständigen Behörden und den örtlichen Niederlassungen von Naturschutzvereinen hilfreich sein.

Weiterer Klärungsbedarf liegt in den Interessen der Altanleger. So kann es bei der Planung vorkommen, dass ein Grundstückseigentümer, der bislang von Pachteinnahmen profitieren konnte, da mindestens eine Windkraftanlage auf seinem Grundstück stand, in dem neuen Projekt nicht mehr von Pachteinnahmen profitieren wird. Denn beim Repowering werden viele leistungsschwache Windräder abgebaut und durch wenige leistungsstarke Anlagen ersetzt, wodurch sich auch die Standorte der Neuanlagen verringern. Eventuell muss der Profiteur vom Altwindpark tolerieren, dass die neuen Anlagen außerhalb seines Grundstückes stehen – ohne finanzielle Vergütung, aber eventuell nah genug um ihn zu beeinträchtigen. Durch Mediation können Lösungen entwickelt werden, etwa indem der Grundstückseigentümer für nötige Zuwegungen auf seinem Grundstück Geld erhält oder der neue Windparkplaner ihm einen Anteil an der Pacht für die ursprünglich vorgesehene Laufzeit der Altanlagen einräumt. Häufig sind auch die Gesellschaftsverträge der Betreibergesellschaften mit komplizierten Mitbestimmungsklauseln der Kommanditisten versehen, welche die Vertragsverhandlungen mit dem Repowering-Projektentwickler oder dem Investor erschweren.

Die Ergebnisse eines Mediationsverfahrens könnten sein: das Projekt, die zeitliche Abfolge des Abbaus der Altanlagen, die Gestaltung der Kompensation für divergierende Einspeiseerträge und Wartungskosten, und eine Antwort auf die Frage, welche gesellschaftsrechtliche und beteiligungsrechtliche Zielstruktur das Vorhaben erreichen soll und welche Zwischenschritte hierfür vorgesehen sind. Auch kann in einem solchen Verfahren schon festgelegt werden, welche Unternehmen in die Projektrealisierung einbezogen werden und welche externen Berater die steuerliche und rechtliche Gestaltung übernehmen und wie die Kosten dafür verteilt werden.

(Katharina Braig, Sigrid Grand)