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Brennstoffzelle

Bosch, Daimler, fliegende Brennstoffzelle und grüner Stahl

Nicole Weinhold

Grüner Wasserstoff wird mehr und mehr als elementarer Bestandteil einer ganzheitlichen Energienwende mit Verkehr und Wärme erkannt. Für bestimmte Bereiche gibt es sogar kaum eine andere Chance als das Trendgas. Etwa im Flugverkehr oder in der Stahlindustrie. Denn dort wird stark verdichtete Energie gebraucht, in der Luft zudem ohne riesiges Volumen und Gewicht - Eigenschaften, die am ehesten beim Wasserstoff zu finden sind.

Thyssen und Steag: Machbarkeitsstudie zu grünem Wasserstoff

Das Essener Energieunternehmen Steag, der Duisburger Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel und der Dortmunder Elektrolyseanbieter Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers untersuchen in einer gemeinsamen Studie den Baus einer Wasserelektrolyse am Steag-Standort in Duisburg-Walsum durch Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers. Außerdem werden Strukturierung der Energieversorgung und Betrieb der Elektrolyse durch Steag sowie die Belieferung des Stahlwerks von Thyssenkrupp Steel im benachbarten Duisburger Stadtteil Bruckhausen mit grünem Wasserstoff und Sauerstoff untersucht.

Grüner Stahl durch Elektrolyse

Thyssenkrupp Steel hat wegen seiner Klimastrategie einen kontinuierlich steigenden und verlässlichen Bedarf an grünem Wasserstoff, der zunächst in den bestehenden Hochöfen einen Teil des eingesetzten Kohlenstoffs ersetzen und später in neuen Direktreduktionsanlagen zum Einsatz kommen soll. In den kommenden Jahren rechnet das Unternehmen durch die Umrüstung eines Hochofens mit einem Bedarf von rund 20.000 Tonnen an grünem Wasserstoff pro Jahr. Dieser Bedarf wird bis 2050 durch die schrittweise Umstellung des Anlagenparks auf etwa 720.000 Tonnen jährlich ansteigen. Mit einer Leistung von bis zu 500 Megawatt (MW) könnte die geplante Elektrolyse auf dem Steag-Gelände bereits bis zu rund 75.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr liefern – genug für die erste Direktreduktionsanlage des Stahlherstellers. Sie würde damit einen wichtigen Beitrag zur kurz- und mittelfristigen Versorgung des Stahlwerks leisten.

Bosch: Serienfertigung von Brennstoffzellen

Und auch die deutsche Bosch will - zusammen mit dem britischen Partner Ceres Power - 2024 die Serienfertigung von Brennstoffzellen aufnehmen. Es geht um Festoxid-Zellen und eine Kapazität von 200 Megawatt (MW) pro Jahr. Bosch strebe dabei eine Fertigungskapazität von rund 200 Megawatt Leistung pro Jahr an. Damit ließen sich rund 400 000 Menschen mit Strom in ihren Haushalten versorgen. Das Unternehmen werde ferner in die geplante Serienfertigung einen dreistelligen Millionenbetrag investieren. Die Produktion soll an den Standorten Bamberg, Wernau und Homburg stattfinden, die Entwicklung in Stuttgart-Feuerbach und Renningen.

CO2-frei fliegen mit Wasserstoff

Ein anderes Projekt erscheint vor dem Hintergrund der Klimakrise wesentlich bedeutender als die Raketen-Programme von Elon Musk: Das Fliegen mit Wasserstoff als Treibstoff. Nach erfolgreichen Testflügen wurde jetzt das erste viersitzige Passagierflugzeug, das allein mit einem Wasserstoffbrennstoffzellen-Batterie-System angetrieben wird, an seinem Heimatflughafen Stuttgart präsentiert.

Josef Kallo ist Leiter der Komponentenentwicklung im Projekt HY4 am DLR-Institut für Technische Thermodynamik (DLR-TT), Professor an der Universität Ulm und wissenschaftlicher Berater der H2 Fly. Vier Jahre hat sein Team an einer Neuentwicklung des Antriebssystems gearbeitet. „Jetzt können wir in größeren Systemen denken", so Kallo: Air-Taxis für vier Passagiere, kleine Flugzeuge für bis zu 19 Passagiere und Regionalverkehr mit Antrieben für bis zu 40 Passagiere und einer Reichweite von 2000 Kilometern seien in der nächsten Dekade realisierbar. In den kommenden sechs Monaten wird die HY4 an Ihrem Heimatflughafen in Stuttgart weiter getestet.

Lithium-Ionen-Batterie liefert zusätzlichen Strom

Der Antriebsstrang der HY4 besteht aus einem Wasserstoffspeicher, einer Niedertemperatur-Wasserstoffbrennstoffzelle sowie einer Hochleistungsbatterie. Die Brennstoffzelle wandelt die Energie des Treibstoffs Wasserstoff an Bord in elektrische Energie um. Die mitgeführte Lithium-Ionen-Batterie liefert zusätzlichen Strom während der Startphase und bei Steigflügen.

Der Elektromotor der HY4 hat eine Leistung von 120 Kilowatt und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 sowie eine Reisegeschwindigkeit von 165 Kilometern pro Stunde. Abhängig von Geschwindigkeit, Flughöhe und Zuladung ist eine Reichweite zwischen 750 und 1.500 Kilometern möglich. Auffällig ist die HY4 durch ihre zwei Rümpfe, die über den Flügel miteinander verbunden sind. In jedem der beiden Rümpfe haben zwei Passagiere Platz. Das Maximalgewicht der HY4 beträgt 1.500 Kilogramm.

Wasserstoff-Förderung durch die Politik

Wasserstoff verspricht nicht nur eine saubere Zukunft, sondern auch neue Jobs. Deshalb unterstützen Bund und Landesregierungen die Forschung auf diesem Gebiet. Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) unterstützt etwa die Wasserstoff-Forschung der Technische Universität Chemnitz und des Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU Chemnitz mit insgesamt acht Millionen Euro, um zur Nutzung von Wasserstoff für Mobilität, Industrie und Wärme sowie als Energiespeicher zu erforschen. Die Fördermittel stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre).

Neue Flüssigwasserstoff-Betankungstechnologie von Linde und Daimler

Das Geld ist da und der Wille - da ist es kein Wunder, dass Unternehmen und Forschung Schwierigkeiten und Barrieren zügig anpacken. Linde und die Daimler Truck AG haben zum Beispiel gerade eine Vereinbarung zur gemeinsamen Entwicklung der nächsten Generation von Flüssigwasserstoff-Betankungstechnologie für Brennstoffzellen-Lkw unterzeichnet. Mit ihrer Zusammenarbeit wollen die Partner das Tanken von Wasserstoff so einfach und praktikabel wie möglich machen.

Im Fokus der Kooperation steht ein neues Betankungsverfahren für flüssigen Wasserstoff („subcooled“ liquid hydrogen, „sLH2-Technologie“). Der innovative Ansatz ermöglicht eine höhere Speicherdichte, eine größere Reichweite, eine schnellere Betankung und eine höhere Energieeffizienz. Das neue Verfahren wird ein im Vergleich zum Umgebungsdruck höheres Druckniveau sowie eine spezielle Temperaturregelung nutzen, um den sogenannten Boil-off-Effekt und „Rückgas“ (Gas aus dem Fahrzeugtank, das zum Tank der Tankstelle zurückfließt) während der Betankung zu vermeiden. Zudem erfordert das Verfahren keine komplexe Datenkommunikation zwischen der Tankstelle und dem Lkw während der Betankung. Die Unternehmen planen die erste Betankung eines Prototyp-Lkw an einer Pilotstation in Deutschland für das Jahr 2023.

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