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Wirtschaftsforum in Davos – ein Kommentar

Der Weltwirtschaft droht der Klimanotstand

Nachdem im vergangene Jahr die Klimaaktivistin Greta Thunberg die Wirtschaftsbosse und Staatsvertreter auf den Klimawandel aufmerksam gemacht hat und die Klimabewegungen ein Jahr lang das Thema am Kochen gehalten haben, ist der Klimanotstand nun auch in der Blase des Weltwirtschaftsforums in Davos angekommen. Der Umweltschutz, die Klimaerwärmung und die daraus folgenden Wetterereignisse stehen ganz ober auf der Tagesordnung.

Klimaschutz ernst nehmen

So zumindest mutet es an, wenn man die Agenda grob überfliegt. Ob viel dabei herauskommt, bleibt offen. Doch immerhin nehmen jetzt Politik und Wirtschaft endlich das wahr, was seit Jahren offensichtlich ist: die Notwendigkeit, den Klimaschutz ernst zu nehmen und die Energieversorgung auf Erneuerbare umzustellen. „Die politische Landschaft ist polarisiert, der Meeresspiegel steigt und Teile der Welt kämpfen gegen Waldbrände von bisher unbekanntem Ausmaß“, bringt der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Borge Brende, die Realität auf den Punkt. „In diesem Jahr müssen die Staats- und Regierungschefs der Welt mit allen Bereichen der Gesellschaft zusammenarbeiten, um unsere Kooperationssysteme nicht nur zum kurzfristigen Nutzen, sondern auch zur Bewältigung unserer tief verwurzelten Risiken wieder herzustellen und zu stärken“, drückt er salomonisch die Tatsache aus, dass es Zeit wird zum Handeln, um gemeinsam den Klimawandel zu stoppen.

Schnelle Maßnahmen notwendig

Das wird auch nicht an den Unternehmen vorbeigehen, wie John Drzik, Vorstandsvorsitzender des grüner Umtriebe unverdächtigen Beratungsinstituts Marsh & McLennan Insights, weiß. „Unternehmen werden verstärkt von Anlegern, Aufsichtsbehörden, Kunden und Mitarbeitern unter Druck gesetzt, ihre Widerstandsfähigkeit gegen zunehmende Klimaschwankungen unter Beweis zu stellen“, ist er sich sicher. „Dank des wissenschaftlichen Fortschritts können Klimarisiken jetzt genauer modelliert und in das Risikomanagement und die Geschäftspläne einbezogen werden. Ereignisse von großem Ausmaß wie die jüngsten Waldbrände in Australien und Kalifornien setzen die Unternehmen unter Druck, Maßnahmen gegen das Klimarisiko zu ergreifen, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem sie auch größeren geopolitischen Herausforderungen und Cyberrisiken gegenüberstehen.“

Unsichere Kantonisten

Dass das jetzt auch noch in der Politik ankommt, die die entsprechenden Rahmenbedingungen setzt, ist noch keine ausgemachte Sache. Immerhin hat die deutsche Bundesregierung mit dem Kohleausstiegsplan die Verhandlungsergebnisse der eigenen Kohlekommission in den Wind geschossen. Auch in anderen europäischen Ländern tut sich die Energiewende schwer und die größten Verursacher des Klimawandels, namentlich China, die USA, Indien, Russland und Japan bleiben unsichere Kantonisten, was den Umstieg auf Erneuerbare angeht.

Trump will Bäume pflanzen

So hat der US-Präsident Donald Trump in seiner Rede keinen Hehl daraus gemacht, dass er nicht so viel Energie in die Leugnung des Klimawandels gesteckt hat, um jetzt einfach zurückzurudern. Für ihn ist es schon ein Riesending, wenn die USA dem Baumpflanzprogramm Trillion-Trees-Initiative des WWF beitritt. Doch das wird nichts nützen, wie ihm die Klimaaktivistin Greta Thunberg entgegenhält. „Es geht nicht darum, die Emissionen auszugleichen, indem Sie einfach jemanden dafür bezahlen, dass er an Orten wie Afrika Bäume pflanzt, während gleichzeitig Wälder wie der Amazonas mit einer unendlich höheren Rate abgeschlachtet werden“, entgegnet sie den Industriebossen und Spitzenpolitikern.

Wirtschaft spart Geld mit Ökostrom

Sie warnt vor einem weiteren Verschleppen der Energiewende. „Lassen Sie uns eines klarstellen: Wir brauchen keine ‚kohlenstoffarme Wirtschaft‘. Wir brauchen keine Senkung der Emissionen. Unsere Emissionen müssen ganz aufhören, wenn wir unter dem 1,5-Grad-Ziel bleiben wollen“, beschreibt sie die Dringlichkeit. Die haben selbst amerikanische Unternehmen – auch aus andren Gründen – verstanden.

Während Trump behauptet, jedem US-amerikanischen Haushalten pro Jahr 2.500 Dollar Energiekosten zu ersparen, setzen die großen Wirtschaftsunternehmen und die Internet- und Handelsgiganten in den Vereinigten Staaten längst auf Ökostrom, weil das die Energierechnung entlastet.

Klimawandel ist das größte Risiko

Auch andere Wirtschaftslenker haben längst begriffen, wie wichtig das Thema Klimaschutz ist. Die Erderwärmung wird im Global Risk Report, der vor dem Jahrestreffen in Davos veröffentlicht wird, als das derzeit größte Risiko bezeichnet. Er fußt auf der Befragung von Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik.

Die Autoren sehen im Scheitern von Klimaschutzmaßnahmen, im Verlust der Biodiversität und im gehäuften Auftreten von extremen Wetterereignissen derzeit die größten Risiken für die Wirtschaft und die Menschen. Dazu kommen noch Naturkatastrophen und die von Menschen verursachten Umweltzerstörungen, die gleich hinter dem Kampf um Wasser, dem Zusammenbruch des Internets und Cyberattacken auf den weiteren Plätzen im Risikoranking folgen.

Zwar ist das potenzielle Risiko durch Massenvernichtungswaffen ebenso groß. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass diese zum Einsatz kommen ist im Vergleich zum Eintreten der Klimaveränderungen extrem gering. weist die Staatschefs und wirtschaftlichen Interessenvertreter darauf hin, dass die Zeit zur Bewältigung des Klimanotstands knapp wird.

Die Jugend drängt zum Handeln.

Der Bericht hebt hervor, dass Personen, die nach 1980 geboren wurden, die kurz- und langfristigen Umweltrisiken höher einstufen als die älteren Generationen. Demnach sind fast 90 Prozent der Befragten im entsprechenden Alter sicher, dass sich extreme Hitzewellen, die Zerstörung von Ökosystemen und eine durch Umweltverschmutzung beeinträchtigte Gesundheit im Jahr 2020 verschärfen werden. Demgegenüber waren ältere Generationen nur zu 77, 76 und 67 Prozent dieser Ansicht. Jüngere Befragte glauben zudem, dass die Auswirkungen von Umweltrisiken bis 2030 drastischer und wahrscheinlicher sein werden. „Wir wollen nicht, dass diese Dinge bis 2050, 2030 oder sogar bis 2021 getan werden, wir wollen das dies jetzt geschieht“, bringt Greta Thunberg die Forderung der jungen Klimaschützer auf den Punkt und blickt dabei auf die Versprechungen der politischen und wirtschaftlichen Eliten, den Umbau der Energieversorgung anzugehen.